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Full Text: Tribus, 26.1977 N.F.

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Buchbesprechungen 
über die Asurini von diesem Ereignis zu geben 
pflegt, dem der Rezensent einmal beiwohnte. 
Es ist ein großes Verdienst der Akademischen 
Druck- u. Verlagsanstalt in Graz, diesen Be 
richt in so vorzüglicher Ausstattung mit 64 
ausgezeichneten Fotos, darunter 25 in Farbe, 
sowie 15 Zeichnungen, dazu noch in englischer 
Sprache, die eine größere Verbreitung sichert, 
herausgebracht zu haben; hierfür ist ihr der 
aufrichtige Dank aller an Südamerika inter 
essierten Ethnologen und Laien sicher. Der 
Inhalt verdient eine solche äußere Hervor 
hebung durchaus ebenfalls: Nicht nur die an 
sich schon revolutionierende Tatsache, daß es 
auch heutzutage immer noch möglich ist, bisher 
so gut wie unbekannte Indianergruppen im 
tropischen Urwald Südamerikas aufzuspüren, 
sondern auch die relativ erstaunliche Fülle 
ethnologischer Daten, die Lukesch in so kurzer 
Zeit sammeln konnte. Von ihnen möchte ich 
nur einige wenige, mir besonders bemerkens 
wert erscheinende Fakten herausgreifen. So be 
sitzen die Asurini die für einen südamerika 
nischen Urwaldstamm ungewöhnliche Körper 
höhe von durchschnittlich 175 cm im männ 
lichen und 170 cm im weiblichen Geschlecht. 
Die Bärtigkeit der Männer erinnert an die 
einiger altertümlicher Indianergruppen, wie 
z. B. der Siriono, eines wildbeuterisch orien 
tierten Tupi-Stammes im Tiefland Ostboliviens. 
Die kulturellen Merkmale weisen die Asurini 
jedoch als einen typischen Bodenbauerstamm 
des amazonischcn Urwalds aus. So bildet der 
Anbau des bitteren und des süßen Maniok 
und seine Verarbeitung die Grundlage des 
Wirtschaftslebens, wenn auch der Preßschlauch 
(Tipiti) zum Entgiften des ersteren unbekannt 
ist. Die Keramik ist z. T. ornamental bemalt, 
aus Baumwollschnüren teils gewebte, teils ge 
knüpfte Hängematten und hölzerne Schemel 
gehören zum wesentlichen Hausrat. Als Woh 
nung für mehrere Familien dienen Tonnen 
gewölbehütten, deren exakte Bauweise — Dach 
und Wände gehen ineinander über — die 
Bewunderung des Autors erregte. Die Asurini 
erhielten Ihren Namen von den benachbarten 
Yuruna (Tupi), er bedeutet „Rot-Leute“, was 
sich auf die bevorzugte Körperbemalung dieser 
Indianer mit Uruku (Bixa orellana) bezieht. 
Auch Haare und Bärte werden mit dieser Farbe 
getränkt. Interessanterweise bemalen sich nur 
die Frauen Körper und Gesicht mit Uruku, 
teils streifig, teils in Mäandermustern (Waden), 
die Männer hingegen tätowieren den Körper in 
langen Streifen mit blauschwarzem Genipa(pe)- 
Saft, wie es früher bei den Munduruku (Tupi) 
des Tapajoz üblich war. An rituellen Anlässen 
konnte Lukesch Tänze mit Bambusklarinetten 
beobachten, die von den Männern geblasen 
wurden — offensichtlich als Teil eines größeren 
Festes, dessen Gesamtablauf und Sinngehalt 
dem Autor leider nicht deutlich wurde. 
Es wäre zu wünschen, daß der Autor oder 
auch ein anderer Forscher möglichst bald noch 
mals Gelegenheit zu einem längeren Studien 
aufenthalt unter den Asurini des Ipiajaba 
findet, um die geistige Kultur möglichst weit 
gehend zu erfassen, denn „periculum in mora“! 
Zwar verläuft die berüchtigte Transamazonica 
150 km nördlich des Habitats dieses Stammes, 
aber sein Bekanntwerden zieht allzuleicht nicht 
nur die Akkulturation, sondern auch die De- 
kulturation nach sich, und dann kann man nur 
hoffen, daß die Asurini wenigstens als Men 
schen überleben. Möge Anton Lukesch die 
Einsicht von Gurt Nimuendaju erspart blei 
ben, der wenige Jahre, nachdem er die „wil 
den“ Parintintin unter eigener Lebensgefahr 
befriedet hatte, beim Wiedersehen mit dem im 
Elend versunkenen Rest des einst so stolzen 
Stammes den Schwur ablegte, nie wieder seine 
Hand zur Pazifizierung eines freien, unabhän 
gigen Indianerstammes zu leihen. Seitdem ist 
allerdings ein halbes Jahrhundert und mehr 
vergangen und es bleibt nur zu hoffen, daß 
alle verantwortlichen Instanzen inzwischen 
einiges dazugelernt haben, wie eine solche 
Situation zum möglichst geringen Schaden für 
die Betroffenen bewältigt werden kann. 
Otto Zerries 
Waltraud Grohs: 
Los indios del Alto Amazonas del siglo 
XVI al XVIII. Poblaciones y migraciones 
en la antigua provincia de Maynas. Bonner 
Amerikanistische Studien 2. Bonn: Seminar 
für Völkerkunde der Universität Bonn. 
1974. 133 S., 6 Karten. 
Bei dem vorliegenden Heft der „Bonner 
Amerikanistischen Studien“ handelt es sich um 
die Veröffentlichung einer ethnohistorischen 
Arbeit zur Erlangung des Magister Artium. 
Geographischer und zeitlicher Schwerpunkt ist 
die jesuitische Ordensprovinz Maynas (dazu 
Karte auf S. 120), benannt nach einem der 
damaligen Indianerstämme im Zentrum des 
Amazonasgebietes nördlich des Rio Maranön 
(= oberer Amazonas), in den 130 Jahren zwi 
schen 1638 und 1768, die Beginn und Ende des 
Wirkens der Jesuiten-Mission markieren. Auf 
grund eingehenden Studiums nur des gedruck 
ten Quellcnmatcrials — die Autorin bedauert 
diese Einschränkung — bemüht sich Grohs um
	        
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