2
Arnold Burgmann
Anthropos 61. 1966
verkündete - eine „Internationale Zeitschrift für Völker- und Sprachenkunde“
schaffen. Die besondere Eigenart dieser ethnologischen Fachschrift sollte darin
bestehen, daß als wichtigste Mitarbeiter die Missionare gedacht waren, nicht
in ihrer Eigenschaft als Glaubensboten, sondern als Männer, die von Berufs
wegen die besten Kenner jener Völker und Stämme sind, mit denen sich die
Völkerkunde vornehmlich beschäftigt. Jeder Ethnologe weiß, was seine Wissen
schaft den Berichten und Aufzeichnungen der Missionare zu verdanken hat 3 .
Ihre Sonderstellung hat auf dem Deutschen Kolonialkongreß im Jahre 1905
der Diakonus Ad. Schulze betont, als er „ein Zusammenarbeiten der wissen
schaftlichen Forscher mit den Missionaren“ empfahl, „da die Missionare viele
Bedingungen erfüllen, die für ein fruchtbares ethnographisches Studium uner
läßlich sind und die von Reisenden gar nicht, von Beamten nur selten aus
reichend, von wissenschaftlichen Forschern nur in besonders günstigen Fällen
ganz erfüllt werden können. ..." 4
Es war der gleiche Kongreß, auf dem das Erscheinen des Anthropos von
dem damaligen Provinzial der Weißen Väter, P. Dr. Jos. Froberger, am
Schluß seines Vortrages über „Die Mission als Mitarbeiterin an der vergleichen
den Religionswissenschaft“ angekündigt wurde (p. 494).
Die neue Zeitschrift sollte aber nicht nur von den Missionaren her kom
men, sondern sich auch an die Missionare selber richten, sie für die Ethnologie
interessieren, mit ihren Fragestellungen vertraut machen und zu weiteren
Forschungen anregen. Dazu brauchte W. Schmidt die Mitarbeit der F ach weit,
an der ihm sehr gelegen war. Ohne diese, so äußerte er sich selbst in späteren
Jahren, „wäre der Anthropos eine Missionszeitschrift gewesen und hätte als
solche in der wissenschaftlichen Welt kein selbständiges Ansehen gehabt. Er
wäre weiter nichts gewesen als eine bequeme Materialzufuhr für die andern“ 5 .
Daß diese Zielsetzung des Anthropos, eine Zusammenarbeit der Missio
nare und der ethnologischen Fachwelt, sogleich erkannt und als nutzbringend
begrüßt wurde, zeigen nicht nur die ersten Kritiken der neuen Zeitschrift,
3 Wie umfangreich und vielfältig das allein von katholischen Missionaren zu
sammengetragene völkerkundliche Material ist, lehrt ein Blick in die „Bibliotheca Mis
sionum“, deren 23 Bände das gesamte Schrifttum verzeichnen, das aus der Missionsarbeit
erwachsen ist; Streit-Dindinger, Bibliotheca Missionum, Vol. 1-23. Freiburg 1916-1963.
4 Verhandlungen des Deutschen Kolonialkongresses 1905. Berlin 1906. Die Äuße
rung A. Schurzes (p. 26) ist ein Teil des Diskussionsbeitrages zu einem Vortrag von
K. Weule („Der Stand der ethnographischen Forschung in unsern Kolonien“), in dem
kein Missionar erwähnt ist, wohl aber W. Schmidt: „Einen leisen Vorgeschmack dessen,
was dort [in der Südsee] noch zu erforschen, aber auch zu erreichen ist, geben die Arbeits
resultate von Prof. Schmidt in Mödling über die Rasseneinheit von Malaien und Hinter
indiern und die scharfe Abgrenzung einer papuanischen Sonderrasse inmitten des großen
dunklen Gemenges im Grenzgebiet des Indischen und des Stillen Ozeans" (p. 20).
5 W. Schmidt, Erinnerungen. — Diese „Erinnerungen“ sind im Schriftenverzeichnis
(Anthropos 49. 1954) nicht aufgeführt. Es handelt sich um acht Vorträge, die W. Schmidt
im Winter 1940/41 den jüngeren Mitgliedern des Anthropos-Instituts zu Froideville-
Posieux gehalten hat, um sie mit den Anfängen des Anthropos bekannt zu machen. Die
nach Stenogramm angefertigte Niederschrift ist jeweils noch am Tage des Vortrags von
W. Schmidt selbst durchgesehen worden. Sie umfaßt 79 maschinengeschriebene Seiten.