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Hans G. Mukarovsky
Anthropos 61. 1966
die Beziehungen des Mande zum Songhai abzutun. J. Greenberg 9 hat neuer
dings versucht, Songhai einem anderen, großen Sprachstamm, dem „Nilo-
Saharanischen“, anzuschließen, während die Mandegruppe für ihn eine der
sechs Unterfamilien der größeren „Niger-Kongo-Familie“ ist, in deren Glie
derung der Ausdruck „westsudanisch“ nicht mehr vorkommt. Aber damit
wurde ein kontradiktorisches Endergebnis erreicht und eine, jedenfalls an dieser
Stelle, inexistente Grenzlinie gezogen, da man bei einem näheren Vergleich von
Songhai mit Mandesprachen der Auffassung von M. Delafosse wird Recht
geben müssen. Andererseits hat auch Westermann das Songhai mit Recht
nicht in die Mandegruppe einreihen wollen. Aber Westermann 10 wollte ja
überhaupt nur „altererbten Gemeinbesitz“ der Westsudansprachen nachweisen
und nicht, wie später daraus gefolgert wurde n , deren sich auf alle Sprachen
erstreckende genetische Einheit. Damit ist klar, daß die Stellung einer der
beiden vorgenannten Einheiten - der Mandegruppe oder aber des Songhai -
unrichtig bewertet worden ist, wenn beide enger Zusammenhängen. Aber da
das Songhai so lange als isolierte Spracheinheit gelten konnte, wird die Stellung
der Mandesprachen zu den anderen westafrikanischen Sprachgruppen zu über
prüfen sein.
1. Typologische Übereinstimmungen
Die Sprachen der Mandegruppe zeigen hinsichtlich ihrer Struktur nament
lich die folgenden typologischen Übereinstimmungen mit dem Songhai, deren
beide ersten bereits Westermann 12 vermerkt hat:
1. Das Nomen zeigt keinerlei Einteilung in Klassen, noch Spuren einer
solchen.
2. Das direkte Objekt geht dem Verbum voran.
3. Im Genetivverhältnis geht das abhängige Nomen voran.
4. Gebrauch von Postpositionen.
5. Der Wortbildung dienen zahlreiche Nominalsuffixe ohne Klassen
charakter.
6. Die Plurale von Nomina werden ausschließlich durch Suffixe gekenn
zeichnet.
7. Ein Pluralzeichen entfällt bei Gebrauch von Zahlwörtern oder Mengen-
begriffen.
8. Durch Affixe wird eine unbestimmte und eine bestimmte Form von
Nomina gekennzeichnet.
9. Das Nomen und ein ihm folgendes Attribut bilden eine engere Einheit,
die durch die nur einmalige Setzung eines Pluralzeichens oder eines Deter-
minativs charakterisiert ist.
9 The Languages of Africa. Den Haag 1963, p. 150.
10 s. Anm. 4, l. c., p. 6.
11 s. Anm. 9, l. c., p. 8.
12 s. Anm. 4, l. c., p. 146.