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Dominik E. Schieb
ses, eine Regierung der nationalen Einheit zu bil
den, konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen,
dass nach wie vor Fidschianer eine nominelle Al
leinherrschaft im Land besitzen.
Mitte des Jahres 2006 verstärkten sich die Span
nungen zwischen der Regierung Quarases und dem
Militär um Commodore Frank Voreqe Bainimara-
ma, der schon im Jahre 2005 die Korruption und
den Nepotismus des Staatsapparates angeprangert
hatte. Darüber hinaus warf er Quarase das Schüren
ethnischer Spannungen vor. Diese Anschuldigun
gen wurden nach der Wiederwahl der Regierung
erneut aufgeworfen. Am 5. 12. 2006 vollzog das
Militär einen unblutigen Staatsstreich der bis dato
anhält.
Im Folgenden soll aufgezeigt werden, dass sich
die Ursachen der Ereignisse der letzten knapp
zwanzig Jahre schon in kolonialer und vorkolo
nialer Zeit finden lassen. Durch die Maßnahmen
der britischen Kolonialverwaltung kam es zwischen
1874 und 1970 zu schwerwiegenden gesellschaft
lichen Wandlungsprozessen, die in ihrer Summe
nach der Unabhängigkeit zu weit reichenden Pro
blemen für die fidschianische Gesellschaft führten.
Darüber hinaus bilden die Entwicklungen in Fi
dschi die einmalige Gelegenheit, eine multiethni
sche und multikulturelle Gemengelage in einem
vergleichbar überschaubaren regionalen Rahmen
zu untersuchen. 2
2 Fidschi vor 1874
2.1 Die europäische Einflussnahme in Fidschi
Im Jahre 1643 kreuzte der Holländer Abel Jans-
zoon Tasman in fidschianischen Gewässer nordöst
lich von Vanua Levu. Zurück in Batavia berichte
te er von seinen Entdeckungen. Am 2. Juni 1774
warf die HMS Resolution Anker vor der Küste Va-
toas. Cooks Besatzung konnte zwar einige Perso
nen in Kanus ausmachen, eine Kontaktaufnahme
schlug jedoch fehl. Erst 17 Jahre später kam es zu
ersten bezeugten Kontakten zwischen Europäern
und Fidschianern. Die Folgen waren gravierend, da
eine Epidemie ausbrach. Die ersten Kontakte lie
fen keineswegs immer friedlich ab. Oftmals kam
es zu Auseinandersetzungen zwischen den Euro
päern, die von den Fidschianern als kai vavalagi
(Männer von unterhalb des Himmels) bezeichnet
wurden, und den furchtlosen, tapferen Kannibalen,
von denen den Europäern in Tonga berichtet wurde
(Brown 1973: 17ff.; Burns 1963: 43f.).
Den Entdeckungsreisenden folgten beachcom
ber und castaways. Es handelte sich um gestran-
dete Matrosen oder um entflohene Häftlinge ^
New South Wales. Diese traten als Innovatoren i
Rahmen des Kulturwandels auf (Bargatzky 19 '
1980), wenngleich schon hinzuzufügen ist, da
die Meinungen über den Umfang und die Art
Einflussnahme dieser einzelnen Fremden stark
vergieren. 3 Die ersten entflohenen Strafgeld»,
nen und Schiffbrüchigen, wie der Schwede K a
Svensson (Charles Savage of Bau), ließen
1804 in Bau und Rewa nieder. Sie lebten unter
sich
deU
ihre
Schutz der Häuptlinge, denen sie im Gegenzug
Unterstützung in den tribalen Konflikten zusag
Ihre Zahl blieb jedoch gering, da sie sich in p e ^;
nenten Streitereien untereinander und in Kon uff
mit Einheimischen dezimierten. 4
Diese einzelnen Fremden ebneten in der r° &
zeit den Weg für die Mission sowie für europa* 8
Händler und Siedler. Nachdem die Nachricht h,
die reichhaltigen Sandelholz Vorkommen in 1 t
South Wales, New England und Kalkutta
wurde, strömten eine Reihe von Strandräubern ^
Händlern nach Fidschi, die Abholzungsrechte.
Tausch gegen Äxte, Schmuck und später
erfeV"
fen erwarben. Gerade durch den Einsatz
nannter Waffen erhofften sich die in Dau
n Von
verstrickten fidschianischen Häuptlinge einen
teil gegenüber ihren Konkurrenten. Das Emg^.
fen der Europäer und die Verwendung europa lSC ^
Waffen veränderte die politische Konstellah 0 ^ 1
dschis nachhaltig. Den Sandelholzhändlern f° » ^
bêche-de-mer Züchter, die sich im Gegensa
den Händlern permanent in Fidschi niederh
um diese Meeresschnecken zu kultivieren.
dete den ersten Schritt zu einer veränderten
sehen Zusammensetzung Fidschis. 5 Reein 11
Die Mission begann ebenfalls ab dem j^ u p
des 19. Jahrhunderts auf die fidschianisch^ ^
tur Einfluss auszuüben. Die Missionare war ^jt
nächst wenig erfolgreich. Dies änderte si
dem Eintreffen von Rev. David Cargill un , erß its
William Cross. Von den Lau-Inseln, w °j con ve f '
ein Großteil der dort ansässigen Tongaer t6 s-
tiert war, breitete sich die methodistische y0 n
lehre nach Westen aus. Spätestens die ga ßf
Kaba, in der christliche Fidschianer und
gegen Verfechter der traditionellen fidschi 2Ll iii
Religion kämpften, verhalf dem Christentu
3 Bums (1963:54); Clunie (2003: 189); France
(1969 ;
• ¿¿U
Stanley (2004: 18).
4 Brown (1973: 78 ff.); Gravelle (1988: 39 ff); ^ ück
16). (
5 Derrick (1957: 21 f.); France (1969: 23 ff.); Müc* Ier
46 ff.).
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