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Full Text: Anthropos, 102.2007

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Dominik E. Schieb 
klaven baute er seinen Machtbereich konstant aus. 
1869 war Ma’afus Einfluss so groß, dass er halb 
Fidschi regierte und ein emstzunehmendes Gegen 
gewicht zu Cakobau darstellte. 13 Die Macht des pa- 
ramount chiefs von Bau hatte hingegen 1855 seinen 
Zenit erreicht. Ab 1856 begann sein Einfluss außer 
halb von Bau zu schwinden. Neben der Bedrohung 
durch Tonga gab es ernsthafte Auseinandersetzun 
gen mit einigen amerikanischen Geschäftsleuten, 
die seine Macht schon während des Krieges mit Re- 
wa ernsthaft ins Schwanken gebracht hatten. Beein 
flusst durch die Missionare der Wesleyan Methodist 
Society und dem britischen Konsul W. T. Pritchard 
suchte er den Dialog mit der Krone. 14 
Im Jahre 1858 lehnten die Briten die Annexi 
on der Fidschi-Inseln jedoch ab, da der damalige 
Außenminister William Gladstone nicht wie spä 
ter sein Nachfolger Benjamin Disraeli den Auf 
bau eines britischen Empires forcierte. Bis zur An 
nexion 1874 gab es fidschianische Bestrebungen, 
mit ausländischer Hilfe überregionale Regierungen 
und Verwaltungen aufzubauen. Diese Gebilde wa 
ren jedoch kurzlebig und wenig erfolgreich, da sie 
zumeist an den traditionellen Rivalitäten und dem 
Widerstand europäischer Siedler scheiterten und 
die zunehmenden Probleme in Bezug auf Landfra 
gen und Arbeiterrekrutierungen nicht aus eigener 
Kraft lösen konnten (Mückler 1998: 70ff.). 1873 
wurde eine britische Kommission eingesetzt, um 
die Möglichkeiten einer Annexion erneut auszu 
loten. Diesmal kam der Ausschuss zu einem an 
deren Ergebnis und stimmte einer Eingliedemng 
Fidschis in das Empire zu. Am 10. Oktober 1874 
kam es zur Unterzeichnung der “Deed of Cession” 
in Levuka durch Sir Hercules Robinson (Gouver 
neur von New South Wales) und einigen hochran 
gigen Häuptlingen, darunter Ma’afu und Cakobau. 
Ein Jahr später wurde Sir Arthur Hamilton Gor- 
don als erster Gouverneur Fidschis vereidigt (Bums 
1963: 97ff.). 
3 Fidschi während der Kolonialzeit 
Während der Kolonialzeit kam es sukzessive zu 
Veränderungen innerhalb der fidschianischen Ge 
sellschaft, die von außen an diese herangetragen 
wurden. Um diese nachvollziehen zu können, muss 
zunächst kurz auf die traditionelle soziopolitische 
Organisationsform eingegangen werden. 
13 Reid (1983: 183); Routledge (1985: 75); Scarr (1970: 106). 
14 Bums (1963: 75ff.); Derrick (1974: 138ff.); Gravelle (1988: 
95ff.); Routledge (1978; 1985: 96ff.). 
3.1 Das traditionelle soziopolitische System 
In der fidschianischen Gesellschaftsordnung 
sich ein Element, das eine Beschreibung sowo* 1 
des Landverständnisses als auch der Stellung ^ eS 
Individuums im soziopolitischen System errnög 
licht. Der Begriff Land (vanua) beschreibt rti c11 
nur die physische Dimension, d. h. die FestlegU 1 » 
von Grund und Boden, mit der darauf befindlich 611 
Flora und Fauna. In diesem Begriff vereinen 8lC 
vielmehr physische, soziale und kulturelle Din 1611 
sionen, wie der fidschianische Ethnologe Ases e 
T-» 1 1 4t •_ 0* 
Ravuvu beschreibt 
is a source 
vanua 
security and confidence. It provides a sense of 
tity and belonging. ... It is the place where he 
his forebears were born and brought up, and wh e ^ 
he prefers to die. In its spiritual dimension, it lS 
source of mana or power to effect things. . • • 1 
vanua contains the actuality of one’s past and 
potentially of one’s future. It is the extension ot 
concept of the self” (1983: 70). Im Rahmen des s 
ziopolitischen Systems beschreibt vanua die g r ° ^ 
Gruppe von Personen, die sich aufgrund verwart ^ 
schaftlicher Beziehungen als zusammengehörig 
hen. Es ist die größte Einheit räumlicher und kü 
reller Identifikation des Individuums, die eine 
tergliedemng erfährt (Nayacakalou 1985). 15 ^ 
Eine vanua besteht aus mehreren yavusa, • ^ 
Gruppen von Personen, die ihren Ursprung vc41 gl1 
nem gemeinsamen bekannten männlichen A* 1 ^ 
herleiten und im Regelfall patrilinear orgam 5 ^ 
sind. Diese untergliedern sich wiederum in 111 St 
rere mataqali, d. h. patrilineare exogame 
die idealtypisch in einem koro (Gemeinde, V n 
siedeln und ihrerseits wiederum in tokatoka ( gg 
familien) aufgespaltet sind. Der Zusammensc ^ 
mehrerer vanua führte in der vorkolonialcrt ^ 
zur Bildung der bereits weiter oben angesp rC1 yU 
nen matanitu (Nayacakalou 1978, 1985; ^ 
1983: 76ff.). die 
Bevor nun dazu übergegangen werden kan 
Veränderungen des soziopolitischen System 8 c jj 
rend der Kolonialzeit zu beschreiben, rniisse JJj e rai'' 
einige Bemerkungen zu den traditionellen 
jdßä 1 ' 
15 Die hier gemachten Ausführungen entsprechen ***&& 
typischen Konstrukt, das zum Zwecke der Erkläre 
tergliedemng der Gesellschaft in hierarchisch 
soziale Einheiten notwendigerweise vereinfacht ^ 
werden musste. Das Schema vanua - yavusa uj S . 
tokatoka findet sich nur in einigen Teilen Ost ^^gsiu 
Jahre 1911 kam die so genannte Native Land grg e ^ 
nach sechs Monaten intensiver Feldarbeit zu 
nis, dass es auf ganz Fidschi anwendbar sei. ^ u 
stellt es aber eine Vereinfachung und Uniform! 
die Landpolitik schnellstmöglich in den Griff 
(France 1969: 165ff.; Lawson 1991: 72ff.)- 
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Anthrop 08
	        
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