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Full Text: Tribus, 44.1995,N.F.

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MONIKA FIRLA/HERMANN FORKE 
Afrikaner und Africana am württembergischen Herzogshof 
im 17. Jahrhundert 
Dieser Aufsatz ist Michael Praetorius (1571-1621) und Sonny Boy Williamson (um 
1901-1965) gewidmet 
1. Einleitung 
Afrikaner und Africana finden sich in Stuttgart nicht erst in neuerer Zeit. Jahrhun 
derte bevor 1884 das Linden-Museum eröffnet wurde und nach dem II. Weltkrieg 
afro-amerikanische Soldaten nach Stuttgart kamen, existierten Afrikaner und Afri 
cana bereits im 17. Jahrhundert in der württembergischen Hauptstadt am Herzogshof 
als Mitglieder des Hofstaates bzw. Bestandteile der Kunstkammer. 
Welche Assoziationen des Reichtums und der Pracht der Afrikanische Kontinent in 
vergangenen Zeiten an europäischen Höfen hervorrief, zeigt ein anonymes Kostüm 
bildchen aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts, das den Markgrafen Ludwig 
Wilhelm von Baden-Baden als Afrikaner darstellt (Abb. 1). Das Kostüm schwelgt in 
Edelsteinen, Goldbrokat, Tüllrüschen und Straußenfedern und vermittelt den Ein 
druck märchenhafter Fülle. 
Nicht nur die Kunstkammer bzw. die herzoglichen Sammlungen dienten zum 
»Splendor« (zit. nach Fleischhauer 1976: 86) des Herzogshofes, sondern auch die 
Afrikaner, die man in jener Zeit noch »Mohren« nannte. Dies wiederum verdeutlicht 
auf einzigartige Weise eine Miniatur aus dem Jahr 1724 von Lorenz von Sandrart 
(Abb. 2). Auf der linken Seite befindet sich die Herzogin mit Sohn, Schwiegertoch 
ter (dem württembergischen Herzogspaar in spe 1 ) und Enkelin. Auf der rechten Seite 
sieht der Betrachter einen acht- bis zehnjährigen Afrikaner vor einem Arrangement 
aus weißem Korallenstock, überdimensional blühender Pflanze und Ananas, typi 
schen Bestandteilen fürstlicher Sammlungen und Gewächshäuser 2 . Dem Ensemble 
der herzoglichen Familie steht das Ensemble der wunderbaren und seltenen Kunst 
werke Gottes, wie die Mirabilien der Natur auch verstanden wurden (Holländer 
1994: 139), zur Seite, und Landprinzessin Henriette Maria weist würdevoll mit der 
Linken auf Korallen, Blütenpracht, Ananas und kleinen tiefschwarzen »Mohren« mit 
Stupsnäschen und Kulleraugen. Dieser seinerseits lädt den Blick mit der Linken zum 
Verweilen ein, um dann mit der Rechten zurück zur herzoglichen Familie zu weisen. 
Präziser ist das Wechselspiel von Präsentation und Re-Präsentation nicht zu illu 
strieren, und die Miniatur verdeutlicht eindrucksvoll die Rolle, die Afrikaner und 
Kunstwerke, zu denen auch die Africana gehörten, für das fürstliche Prestige spiel 
ten. 
Waren die Motive, Vertreter beider Gruppen an den Hof zu holen, auch exotistisch, 
so wurden diese gleichwohl integriert und galten im Anschluß als gleichberechtigte 
Vertreter des Makrokosmos’ im Stuttgarter Mikrokosmos von Hof und Gesellschaft. 
- Dies soll für das 17. Jahrhundert der folgende Aufsatz zeigen. 
2. Der Pauker Eberhard Christoph und der Trompeter Christian Real 
Die beiden ersten namentlich identifizierbaren Afrikaner am württembergischen Hof 
sind der Pauker Eberhard Christoph, nachzuweisen vor 1665 (Pfeilsticker 1/1957: 
§ 290 Eintr. »Christoph Eberhard«) bis zu seinem Tod 1684 (ibid.: § 881 Eintr. 
»Mohr Eberhard«) und der Trompeter Christian Real, nachzuweisen von 1657 3 bis 
1674 (Pfeilsticker 1/1957: § 873 Eintr. »Real Chrn.«), dem Todesjahr Herzog Eber 
hards III., in dem er offensichtlich den Hof verließ.
	        
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