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Firla/Forkl: Afrikaner und Africana am Württemberg!sehen Herzogshof
Der letzte Nachweis für Reals Tätigkeit findet sich in der »Beschreibung der Ord
nung und Procession« des Leichenzugs von Eberhard III. vom 21. VII. 1674 in Stutt
gart. An Postion Nr. 11 nennt die Liste die dem Heerpauker (Nr. 10) folgenden 12
Trompeter namentlich, und »Christian Roahl Mohr« erscheint an zweiter Stelle 50 .
Leider bildet der als »N-Ansicht von Stuttgart mit Seegassen und Büchsentor. Lei-
chen-Prozession Herzog Eberhard III.« (Schefold 11/1957; Nr. 7802) bezeichnete
Kupferstich nicht wirklich diese Prozession ab (die Numerierung stimmt nicht mit
der oben genannten in der »Beschreibung der Ordnung und Procession [...]« überein,
es fehlt der Katafalk, die Trauerkleidung etc.), sondern den Einzug zu einem ande
ren, freudigen Anlaß (etwa die Heimführung von Maria Dorothea, der zweiten Frau
von Eberhard III.). Falls die Darstellung der tatsächlichen Leichenprozession noch
aufgefunden wird, können wir unter der Position Nr. 11 Christian Real verifizieren.
1674 war Real (geb. um 1643; s. o.) ca. 31 Jahre alt. Da er ab dieser Zeit nicht mehr
am Hof nachzuweisen ist, darf man annehmen, daß ihn ein zur Beisetzung von Eber
hard III. in Stuttgart weilender Potentat >vom Fleck weg< für seinen Hof verpflich
tete.
3. Die Stuttgarter Kunstkammer
Afrika südlich der Sahara war im Stuttgart Eberhards III. nicht nur durch seine Men
schen vertreten, sondern auch durch von afrikanischen Menschen geschaffene
Kunstwerke, die damals ihren Platz in der herzoglichen Kunstkammer fanden und
1901 bzw. 1922 (Fleischhauer 1976: 144) in die Sammlungen des Linden-Museums
Stuttgart und des Württembergischen Landesmuseums aufgenommen wurden. Wie
wir sehen werden, hatten Menschen und Objekte damals weite Strecken ihres langen
und gewundenen Weges von Afrika nach Stuttgart gemeinsam, ja reisten z.T ver
mutlich gar zur gleichen Zeit und auf Veranlassung der gleichen Personen. Doch
auch die Motivation dafür, daß hochgestellte Persönlichkeiten der Renaissance und
des Barock Afrikaner in ihre, vor allem höfische, Dienste nahmen und Kunstkam
mern anlegten, in denen Schönes, Kurioses und Lehrreiches aus dem Reich der Natur
ebenso wie dem der einheimischen und exotischen Kunst ausgestellt wurden, liegt im
gleichen politisch-religiös-kosmologischen Weltbild begründet.
Die herzoglich-württembergische Kunstkammer in Stuttgart wird zum ersten Mal
1596 von dem Astronomen Johannes Kepler für die Zeit unter der Regierung des
an Kunst und Archäologie interessierten Herzogs Friedrich (reg. 1593-1608) er
wähnt (ibid.: 2). Unter der Regierung Eberhards III. (1633-74) 1634 weitgehend
von kaiserlichen und bairischen Truppen ausgeplündert, erlebte die Kunstkammer
1642 einen bescheidenen Neuanfang (ibid.: 44ff.). Eine einheitliche Auf- und Aus
stellung fand sie mit einem herzoglichen Dekret vom 8.V. 1669 im Alten Lusthaus
(ibid.: 77) an der Stelle des späteren Neuen Schlosses, doch seit dem Abriß dieses
Lusthauses 1750 wurden die Bestände der Kunstkammer immer wieder unter ver
schiedene Räumlichkeiten aufgeteilt und nie mehr zusammen aufgestellt (ibid.:
121 ff.)
3.1. Eine plüschierte Stickerei der Vili (Königreich Loango)
Das erste Objekt, dessen Spuren wir verfolgen wollen, ist eine plüschierte Stickerei
wohl aus Raffiafasern. Ich (H. F.) traf 1989 auf das Stück und erkannte seine Bedeu
tung im Zuge der Bearbeitung von »Nachzüglern« aus der Rücklagerung der wegen
Umbauarbeiten zum größten Teil aus dem Linden-Museum ausgelagerten Bestände.
Es trägt die Inventarnummer 19.618 und stammt laut Inventarbuch aus der Sammlung
des Königs von Württemberg (das Herzogtum wurde 1805 zum Königreich erhoben)
mit der Eintragung aus dem Jahr 1901;
»gemusterter Teppich, braun Süd-Amerika [dieses Wort ist durchgestrichen] Kongo-
Plüsch Kongo«.
In der gleichen Technik werden auch heute noch im Kongobecken plüschierte Sticke
reien hergestellt. Am bekanntesten sind die der Kuba im Zaire. Als Rohstoff für die