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Full Text: Tribus, 44.1995,N.F.

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Firla/Forkl: Afrikaner und Africana am Württemberg!sehen Herzogshof 
Der letzte Nachweis für Reals Tätigkeit findet sich in der »Beschreibung der Ord 
nung und Procession« des Leichenzugs von Eberhard III. vom 21. VII. 1674 in Stutt 
gart. An Postion Nr. 11 nennt die Liste die dem Heerpauker (Nr. 10) folgenden 12 
Trompeter namentlich, und »Christian Roahl Mohr« erscheint an zweiter Stelle 50 . 
Leider bildet der als »N-Ansicht von Stuttgart mit Seegassen und Büchsentor. Lei- 
chen-Prozession Herzog Eberhard III.« (Schefold 11/1957; Nr. 7802) bezeichnete 
Kupferstich nicht wirklich diese Prozession ab (die Numerierung stimmt nicht mit 
der oben genannten in der »Beschreibung der Ordnung und Procession [...]« überein, 
es fehlt der Katafalk, die Trauerkleidung etc.), sondern den Einzug zu einem ande 
ren, freudigen Anlaß (etwa die Heimführung von Maria Dorothea, der zweiten Frau 
von Eberhard III.). Falls die Darstellung der tatsächlichen Leichenprozession noch 
aufgefunden wird, können wir unter der Position Nr. 11 Christian Real verifizieren. 
1674 war Real (geb. um 1643; s. o.) ca. 31 Jahre alt. Da er ab dieser Zeit nicht mehr 
am Hof nachzuweisen ist, darf man annehmen, daß ihn ein zur Beisetzung von Eber 
hard III. in Stuttgart weilender Potentat >vom Fleck weg< für seinen Hof verpflich 
tete. 
3. Die Stuttgarter Kunstkammer 
Afrika südlich der Sahara war im Stuttgart Eberhards III. nicht nur durch seine Men 
schen vertreten, sondern auch durch von afrikanischen Menschen geschaffene 
Kunstwerke, die damals ihren Platz in der herzoglichen Kunstkammer fanden und 
1901 bzw. 1922 (Fleischhauer 1976: 144) in die Sammlungen des Linden-Museums 
Stuttgart und des Württembergischen Landesmuseums aufgenommen wurden. Wie 
wir sehen werden, hatten Menschen und Objekte damals weite Strecken ihres langen 
und gewundenen Weges von Afrika nach Stuttgart gemeinsam, ja reisten z.T ver 
mutlich gar zur gleichen Zeit und auf Veranlassung der gleichen Personen. Doch 
auch die Motivation dafür, daß hochgestellte Persönlichkeiten der Renaissance und 
des Barock Afrikaner in ihre, vor allem höfische, Dienste nahmen und Kunstkam 
mern anlegten, in denen Schönes, Kurioses und Lehrreiches aus dem Reich der Natur 
ebenso wie dem der einheimischen und exotischen Kunst ausgestellt wurden, liegt im 
gleichen politisch-religiös-kosmologischen Weltbild begründet. 
Die herzoglich-württembergische Kunstkammer in Stuttgart wird zum ersten Mal 
1596 von dem Astronomen Johannes Kepler für die Zeit unter der Regierung des 
an Kunst und Archäologie interessierten Herzogs Friedrich (reg. 1593-1608) er 
wähnt (ibid.: 2). Unter der Regierung Eberhards III. (1633-74) 1634 weitgehend 
von kaiserlichen und bairischen Truppen ausgeplündert, erlebte die Kunstkammer 
1642 einen bescheidenen Neuanfang (ibid.: 44ff.). Eine einheitliche Auf- und Aus 
stellung fand sie mit einem herzoglichen Dekret vom 8.V. 1669 im Alten Lusthaus 
(ibid.: 77) an der Stelle des späteren Neuen Schlosses, doch seit dem Abriß dieses 
Lusthauses 1750 wurden die Bestände der Kunstkammer immer wieder unter ver 
schiedene Räumlichkeiten aufgeteilt und nie mehr zusammen aufgestellt (ibid.: 
121 ff.) 
3.1. Eine plüschierte Stickerei der Vili (Königreich Loango) 
Das erste Objekt, dessen Spuren wir verfolgen wollen, ist eine plüschierte Stickerei 
wohl aus Raffiafasern. Ich (H. F.) traf 1989 auf das Stück und erkannte seine Bedeu 
tung im Zuge der Bearbeitung von »Nachzüglern« aus der Rücklagerung der wegen 
Umbauarbeiten zum größten Teil aus dem Linden-Museum ausgelagerten Bestände. 
Es trägt die Inventarnummer 19.618 und stammt laut Inventarbuch aus der Sammlung 
des Königs von Württemberg (das Herzogtum wurde 1805 zum Königreich erhoben) 
mit der Eintragung aus dem Jahr 1901; 
»gemusterter Teppich, braun Süd-Amerika [dieses Wort ist durchgestrichen] Kongo- 
Plüsch Kongo«. 
In der gleichen Technik werden auch heute noch im Kongobecken plüschierte Sticke 
reien hergestellt. Am bekanntesten sind die der Kuba im Zaire. Als Rohstoff für die
	        
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