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TRIBUS 44, 1995
flecken in der Mitte des Stückes auf, die, dicht nebeneinander gelegen, zusammen
eine Art liegender Ellipse bilden.
Noch 1989 wurde unsere Plüschstickerei von unserer Textilrestauratorin, Frau Anne
Seeboth-Stratz, gereinigt, unterlegt und in Nadelarbeit restauriert. Seit 1991 ist das
Textil in der Afrika-Dauerausstellung, Raum »Kongobecken«, dem Publikum zu
gänglich.
Wenden wir uns nun der Datierung und afrikanischen Herkunft unseres Stückes zu.
ln dem Inventar der herzoglichen Kunstkammer aus der Feder des mit ihr betrauten
Antiquars Adam Ulrich Schmidlin der Zeit zwischen 1670 und 1692 lesen wir unter
der Überschrift »Indianische Kleider und ornat«:
»Ein Indianischer Teppich von graß künstlich gemacht.« (WLM Schmidlin
1670-92: 395)
Wer an dieser unserer Identifizierung zweifelt, sei auf die entsprechenden Erwer
bungsakten der Kunstkammer verwiesen:
»Actum den 10 9bris 1669.
Bei werender dieser neuen action Praesentirte auch Ihrer Fürstl. Durchl. Oberraths-
Saecretarius Ruff zu unterthänigsten ehren in die Fürstl. Kunst-Kammer. Einen
Indianischen Teppich von Seiden fäden gemacht, welcher aber in der Mitten ein
Schwartzer Mackel hatte neben einem Körblein mit vermelden, daß solche Stuck sei
nem Tochtermann zu Linda, Daniel Remen zuständig, wovor er wann es sein könnte,
einen gnaden Pfenig verlangt, worauf Sne. Fürstl. Durchl. der Kunst Karner durch
besagten dero Cammerdiener zustellen lassen, übrigens aber auch nach gedenken
nahmen.« 52
Schließlich einigte man sich auf den Preis:
»Actum den 10. Aprilis. 1670 [...].
Welches Ihrer fürstl. H. dem Ehrgerecht [...] wegen seiner Zur neuen Kunstkammer
praesentirten Indianischen Teppichs und geflochtenen Körbleins Ihr fürstl. brustbild
in gold begehrter maßen für seinen Tochtermann H. Daniel Remen zu Lindau nicht
zukommen laßen sondern ließen demselben bey der Cammer Schreiberey hierfür,
laut ergangenes Fürstl. Decret 22. R[eichstaler] in Gelt bezahlen.« 53
Daß das Gewebe als von Seidenfäden bezeichnet wird, soll uns nicht irritieren, wei
sen doch auch die Fasern der Raffiablätter einen seidigen Glanz auf (Meurant 1988:
136). Das gleiche gilt für die Kategorisierung »indianisch«, die damals für amerika
nische Indianer, Inder und Afrikaner gleichermaßen angewandt wurde. So finden wir
z. B. im Inventar der in der herzoglichen aufgegangenen Kunstkammer des Ludwig
Guth von Sulz:
»Ein Indianisch Schäfelein [gemeint: Schäfflern] oder Pfeyl, Im der mitte mit einem
grossen Knopff, halt vff der einen seyten ein zimbliches langes Spießeysen, vff der
anderen seyten ein eysin Spiz, welchen die Innwohner des Königreichs Loango für
Ihre wehrn gebrauchen [...]« (HStAS A 20a Bü 4 Inventar 1624: 261).
Die Verhandlungen über eine Vergütung zeugen von einer beiderseitigen Wertschät
zung afrikanischer Kunst. Denn immerhin handelt es sich bei dem von Daniel
Re(h)m verlangten Gnadenpfennig um eine vom Herzog für besondere Verdienste
verliehene ovale Goldmedaille mit seinem Brustbild darauf. Doch auch die schließ
lich gebotenen 22 Reichstaler entsprechen dem damaligen Monatsverdienst einer
hochgestellten Persönlichkeit. 54
Daniel Re(h)m (geb. 1633), seit 1663 der Schwiegersohn des Stuttgarter Oberratsse
kretärs Melchior Schweickard Ru(o)ff (StAL Lit 79/1: 492), war der Sohn der
Schwester Susanna von Valentin Heiden Susanna (gest. 1635) hatte 1625 Abraham
Rehm (gest. 1633) geheiratet (StAL Hie 26-3: 193), dessen Familie aus Augsburg
stammte (Reinwald/Rieber 1909: 120). Da Daniel Rehm seit 1635 Vollwaise war,
könnte er im Haushalt seines Onkels Valentin Heider gelebt haben. Heider war nicht
nur mit Joß Kramer bekannt, der Christian Real 1657 bei der Rückkehr von seinem
Afrika-Aufenthalt im Dienste der Schwedischen Afrikanischen Kompanie mit
brachte, sondern auch einer der Taufpaten Reals, der von Kramer Real schließlich
»verehrt« bekam und ihn dann an Eberhard III. weiterverschenkte (s.o. 2.3.).
Eventuell mit Kramer zusammen, wie wir vermuten, könnte auch der ebenfalls in