Firla/Forkl: Afrikaner und Africana am württembergischen Herzogshof
Stuttgarter Plüschs bieten können. Entsprechende Textilien mit dem Dekor vieler,
waag- und senkrecht aufgereihter, kleiner eingerahmter Rechtecke, in denen sich
jeweils eine geometrische Figur befindet, sind bekannt aus dem Ulmer Museum
(Abb. 10-11, man beachte den auch hier moussierten Plüsch), dem Museo Nazionale
Preistorico e Etnologico »Luigi Pigorini« in Rom 58 , der Sammlung des Mailänder
Edelmannes Manfredo Settala 59 , dem Kopenhagener Nationalmuseet 60 und dem
Londoner British Museum (Schaedler 1987: 376). Ferner finden wir in Kopenhagen
noch als etwas abgewandelten Dekor eine diagonale Versetzung der Rechteckreihen
bzw. eine teilweise Auflösung der Rechtecke, wobei als geometrische Figuren dann
jeweils Mäander vorherrschen. 61
Einheitlich wirken ebenso die Jahresangaben ihrer erstmaligen Erwähnung in den
Inventaren der jeweiligen Kunstkammern bzw. ihrer Erwerbung. Für den Plüsch im
Römer Museo Nazionale (5.468) können wir das Eingangsdatum immerhin ab 1650
ansetzen, da er sich früher im jesuitischen Museo Kircheriano befand (Bassani
1975a: 78, 80 Anm.30), welche Anstalt 1650 gegründet wurde (Jones 1994: 28).
Ansonsten finden wir als Datum der Ersterwähnung jeweils für:
Ulm: 1659 (Stritzl 1971: 38; Jones 1994: 28)
Mailand: 1666 (Bassani 1975a: 80 Anm. 31)
London: 1666 aus der Kunstkammer des Herzogs von Gottorp (Van-
sina 1978; 360 Anm. 31)
Kopenhagen EDc: 117; 1666, aus der Kunstkammer des Herzogs von Gottorp
(Lundbaek 1980: 53; vgl. Meurant 1988: 145)
EDc 105: 1674, aus der königlich-dänischen Kunstkammer (Lundbaek
1980: 52)
EDc 107: 1674 (Meurant 1988; 113), wohl dto.
EDc 108: 1674 (ibid.: 145), wohl dto.
EDc HO: 1674 (ibid.: 161), wohl dto.
EDc 111: 1674 (ibid.: 185), wohl dto.
EDc 109: 1737, dto. (Lundbaek 1980; 52);
als Eingangsdatum ferner:
Stuttgart 19.168: 1669 (s. S. 166).
Wenn der Ulmer Plüsch von Haintzel - oder zusammen mit ihm - mitgebracht
wurde, dann auf seiner Rückreise von Cape Coast. Aus navigatorischen Gründen
mußte man damals zur Rückkehr von dort zunächst nach Süden mindestens bis zum
Kap Lopez im heutigen Gabun vorstoßen, wobei man üblicherweise in den Orten ent
lang der Küste Handel trieb. Haintzel müßte die aus dem unteren Kongogebiet stam
menden Stücke der Sammlung Weickmann dann spätestens im März/April 1658
erworben haben, eher aber schon um die Jahreswende 1656/57 (Jones 1994: 41).
Eine Erwerbung wesentlich früher, also noch vor den 1640er Jahren, käme auch um
so weniger in Betracht, als durch die Wirren des 30jährigen Krieges ein Transport der
Sammlung quer durch Deutschland bis nach Ulm mehr als schwierig gewesen wäre
(ibid.: 42). Ähnlich ermöglichte erst der Westfälische Friede (1648) dem Herzog
Friedrich von Gottorp (Schleswig-Holstein) die Einrichtung seiner Kunstkammer
(Dam-Mikkelsen 1980: XX), und auch die königlich-dänische Kunstkammer wurde
erst um 1650 gegründet (ibid.: XVIII).
Wenn wir die Datierung einer technisch wie stilistisch ziemlich einheitlichen Gruppe
plüschierter Stickereien somit nicht vor 1650 ansetzen sollten, so wirkt dieser Ansatz
insofern noch überzeugender, als ihre einzelnen Stücke durch die Unternehmungen
zweier gänzlich verschiedener europäischer Sklavenhandels-Nationen von Afrika
nach Europa gelangt sind. Während für die Sammler in Mailand und auf Gottorp
(heute in den Museen von Kopenhagen und London) ihre Verbindungen zu nieder
ländischen Geschäftspartnern von Bedeutung waren (Jones 1994: 93 Anm. 51), pro
fitierten die in Ulm und Stuttgart von Dienstleistungen für die Schwedische Afrika
nische Kompanie.
Jones (1994:42) zieht als Orte, in denen Haintzel 1656/57 oder 1658 den Ulmer Plüsch
und einige andere Objekte der Sammlung Weickmann südlich des Kap Lopez erwor
ben haben könnte, die Inseln Säo Tomé oder Principe, Loango, die Kongomündung