Buchbesprechungen Amerika
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sich durchaus, ob das hier der Fall ist. Die Reihenfolge
der Artikel erscheint willkürlich und in keinem logischen
Zusammenhang zu stehen. Sie sind nicht in Überkapitel
gruppiert und so steht nach der Abhandlung über die
Bestattungssitten und Grabbeigaben ein Beitrag über eth
nische Enklaven, dann wieder einer über die lithische
Industrie, danach ein zu kurzer Artikel über das zentrale
Thema der Wandmalereien, einer über die »Great God
dess«, um dann wieder einen Beitrag über die Spiegel,
auf die bereits in der Abhandlung über die lithische Indu
strie eingegangen wurde, anzuschließen. Den Menschen
opfern und dem Krieg folgen dann die Glyphen und es
endet mit der wirtschaftlichen Organisation der Priester
schaft. Dieser Beitrag schließt zudem mit »reconsiderati
ons«, die noch ernsthaft auf die Behauptung von Elman
Service eingehen, daß Häuptlingstümer »redistributive
Gesellschaften« seien. Eine Theorie aus den siebziger
Jahren, die längst überholt und in zahlreichen Publikatio
nen widerlegt ist (siehe auch Rambo und Gillogly 1991).
Das Schlußkapitel gehörte zum Teil an den Anfang, da es
eine ausführliche Einführung in die Forschungsge
schichte Teotihuacans gibt. Man vermißt den roten
Faden, einzelne Beiträge verlieren sich zu sehr in Details
(wie Techniken der Steinbearbeitung u. a.), andere sind
zu kurz (Castro, Kap. 13). Insgesamt ein eher enttäu
schender Beitrag der »Dumbarton Oaks Conferences«,
der vor allem aufgrund der redaktionellen Durchführung
in krassem Gegensatz zu anderen Publikationen dieser
ansonsten sehr qualitätvollen Reihe steht.
Literatur:
Rambo, A. Terry and Kathleen Gillogly (Eds.): Profiles in
Cultural Evolution: Papers from a Conference in
Honor of Elman R. Service. Anthropological Papers,
Museum of Anthropology, University of Michigan,
No. 85. Ann Arbor, MI. 1991
Doris Kurella
Der große Bertelsmann Bildatlas:
Indianer - Die Ureinwohner Nordamerikas.
Geschichte, Kulturen, Völker und Stämme.
(Original: The Native Americans. London
1991) Gütersloh/München: Bertelsmann
Lexikon Verlag. 1992. 256 Seiten, zahlreiche
Färb- und SW-Abb., Zeichnungen, Karten.
Das erste Durchblättem dieses prachtvollen Bildbandes
über »die Indianer« läßt auch den kundigen Betrachter
ehrfurchtsvoll erschauern. Manche Farb-Abbildung,
manche kolorierte Zeichnung (einige haben allerdings die
Grenze zum Kitsch überschritten), manches historische
Schwarzweiß-Foto wird die professionellen Verfasser
von Museumsführern und Ausstellungskatalogen über
Nordamerika vor Neid erblassen lassen, sofern sie zu die
sem Buch greifen. Das sollten sie tun, denn neben den
erwähnten seltenen Fotos ist auch die im Buch wiederge
gebene völkerkundliche Materialfülle beeindruckend.
Tatsächlich ist dieses Werk ein »Bildatlas«, wenn darun
ter eine Publikation mit übergroßer Betonung des Bildes
verstanden werden soll.
Wenn auch die Museen, in denen das abgebildete Kultur
gut verwahrt wird, nicht extra aufgeführt werden, so kann
doch davon ausgegangen werden, daß die Autoren dieses
Buches, wissenschaftliche Mitarbeiter bekannter ethnolo
gischer Institutionen, mit seltenen Stücken zum Gelingen
des Werkes beigetragen haben. Diese Verfasser sind meist
namhafte Amerikanisten. Neben den bereits erwähnten
graphischen Vorzügen der Publikation ist auch auf die
übersichtlichen Karten hinzuweisen, die jedes Kapitel
eröffnen und auf denen die verschiedenen Ethnien der
nordamerikanischen Kulturgebiete eingetragen sind.
Abgesehen von der Einleitung, ist das Buch nach diesen
Kulturgebieten gegliedert. Es reiht sich damit in die gän
gigen Indianersachbücher ein, wenn auch die Abfolge der
Kapitel ungewöhnlich ist. Beginnend mit dem Südosten,
wird der Leser zunächst in den Südwesten geführt. Daran
schließen sich die Plains und der Westen mit drei Kapi
teln an. Dann geht es über die Subarktis in die Arktis und
zum Schluß in den Nordosten. Ein rein amerikanisches
Literaturverzeichnis und ein nicht zu ergiebiges Register
beenden das Werk.
Schön wäre es, wenn die Rezension hier abschließen
könnte. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten, und so
gibt es an dem farbenprächtigen Werk auch einiges zu
bemängeln. Es ist klar, daß Klappentexte nicht überbe
wertet werden dürfen, doch wenn dem Verlag als Auf
hänger für den Zweck des Buches nichts anderes einfällt
als die seit Kolumbus verstrichenen 500 Jahre und er
überdies noch fragt »was ist aus denen (Indianern)
geworden?«, dann darf der Leser doch w'ohl erwarten,
daß auch das Heute der nordamerikanischen Indianer im
Buch behandelt wird. Dies ist jedoch, abgesehen von sehr
wenigen Ausnahmen, nicht der Fall. Es handelt sich bei
dem Bildatlas um eine Publikation, in der historisches
indianisches Kulturgut vorgestellt und vergangene india
nische Daseinsformen sowie Geschehnisse bis Ende des
19. Jahrhunderts behandelt werden.
Da die deutsche Übersetzung weitgehend (einige Aus
nahmen, wie beispielsweise »band«: nicht »Bande«, son
dern zum Beispiel »Lokalgruppe«; nicht »Büffel«, son
dern »Bison«) gelungen erscheint, kann die vor Fehlern
und Unverständnis über prähistorische Zusammenhänge
strotzende Einleitung (ausgerechnet!) nicht auf den Über
setzer zurückgehen. Es ist wirklich unverständlich, wie
das passieren konnte. Die Erklärung kann, wenn auch
wenig überzeugend, in der räumlichen Nähe der Verfas
serin zum Verlag liegen - beide haben ihren Sitz in Lon
don. Wie erfrischend fundiert sind dagegen etwa die
Texte über den Südosten (Sturtevant), den Südwesten
(Parezo), die Plains (C. Taylor) oder die Arktis (Rowley).
Neben den teilweise seltenen Schwarzweiß-Fotos liegt
der Wert dieser Publikation in der Zusammenfassung des
derzeitigen Wissens über die Indianer Nordamerikas, das
von zahllosen Amerikanisten in gut zwei Jahrhunderten
zusammengetragen wurde.
Axel Schulze-Thulin
Boone, Elisabeth Hill (Hg.);
Collecting the pre-Columbian past: a sympo
sium at Dumbarton Oaks, 6. und 7. Oktober
1990. Washington: Dumbarton Oaks, 1993.
359 Seiten mit Fotos
Die Konferenzen in Dumbarton Oaks versammeln seit