Buchbesprechungen Amerika
(Alfred Maudslay) auf.
Die Entstehung von Sammlungen vorspanischer Kultur
und ihre Rezeption in der Vergangenheit ist das Thema
dieses Symposiums. Die anderen traditionellen Aufgaben
von Museen, neben dem Sammeln auch das Bewahren,
Forschen und Bilden, werden in diesem Band lediglich
angedeutet; wobei zu hoffen ist, daß diesen Fragen
zukünftige Konferenzen gewidmet sein werden. Ein zen
trales Problem von Ausstellungen vorspanischer Kultu
ren ist z. B. das Vermitteln der Zusammenhänge, in denen
die nun vereinzelten Objekte einstmals standen. Dieser
Kontext wurde in den USA bis in die 30er Jahre hinein
durch Modelle und Abgüsse der monumentalen meso
amerikanischen Architektur geschaffen. Damit wäre in
den frühen Ausstellungen die Geschichte Amerikas die
»Geschichte dessen, was tatsächlich reproduziert werden
konnte« (D. Fane).
Dies ist in den meisten Ausstellungen amerikanischer
Kulturen bis heute noch der Fall. Programmatisch fordert
P. Messinger eine radikale Umorientierung in bezug auf
die musealen Aufgaben, wobei die Bildung absolute Pri
orität haben sollte. Nach dem Motto: wer die lokale Ver
gangenheit schätzt, geht bewußter auch mit fremder
Archäologie um. Die Zielgruppen sind hierbei vielfältig;
Politiker und Beamte, Verantwortliche in der Tourismus
branche, Sammler, Reisende, Lehrer, Grabräuber etc.
Nicht zuletzt sollte eine grundlegende Perspektive für die
Zukunft die engere Zusammenarbeit mit den Museen in
Lateinamerika sein.
Manuela Fischer
Fagan, Brian M.:
Das frühe Nordamerika. Archäologie eines
Kontinents (Original: Ancient North Ame
rica. The Archaeology of a Continent. Lon
don 1991). München: C. H. Beck. 1993. 496
Seiten, zahlreiche SW-Fotos, Zeichnungen,
Karten, Tabellen.
Ein sowohl vom Inhalt als auch von der graphischen
Gestaltung ansprechendes Buch, das umfassend über die
Ersten Amerikaner von den Anfängen ihrer Siedlungen
im polaren Nordwesten des Kontinents bis zu den verhee
renden Folgen der europäischen Invasion berichtet.
Anders als bei dem der vorliegenden Publikation voraus
gegangenen Fagan-Buch ähnlicher Thematik (»Die ersten
Indianer«) ist auch die Übersetzung gelungen, wobei
mancher fehlerhafte Fachbegriff nicht allzu schwer ins
Gewicht fällt, mancher wohl auch auf Fagan selbst
zurückgeht, zumal dem Autor auch in sachlicher Hinsicht
einige Unrichtigkeiten nachzuweisen wären. Der nicht
unbedarfte Leser kann sich denken, was gemeint ist, dem
anderen wird es nicht weiter auffallen. Er wird sich höch
stens über die wissenschaftlich-geschraubte Ausdrucks
weise ärgern, die auch in diesem Buch den Stil des Ver
fassers über etliche Passagen kennzeichnet und nicht auf
den Übersetzer zurückzuführen ist. Dem Lektorat stand
offensichtlich mehr Zeit als bei anderen Büchern Fagans
zur Verfügung: Es ist gut redigiert, selbst wenn die Kom
masetzung nach wie vor nicht fehlerfrei ist.
Das Buch ist in sieben Teile mit jeweils mehreren
Abschnitten gegliedert, die wiederum vielfach unterteilt
sind. So läßt sich bereits mit Hilfe des Inhaltsverzeich
nisses das eine oder andere Sachgebiet leicht ausfindig
machen. Der erste Teil beginnt mit den frühesten europäi
schen Kontakten zum autochthonen Amerika. Einblicke
in die amerikanische Forschungsgeschichte, insbeson
dere Archäologie und Ethnologie (im Deutschen nicht
Anthropologie) führen zur Beschreibung verschiedener
methodologischer Ansätze, Lehren und Schulen der
Urgeschichtsforschung.
Im zweiten Teil werden die paläoindianischen Perioden
mit ihren Fundstellen vorgestellt. Mit den frühen Bison-
jägem der Plains führt Fagan im dritten Teil zum Archai
kum des Westens über, um sich im vierten Teil dem
»hohen Norden« zuzuwenden. Der kundige Leser hätte
sich hier eher ein Anknüpfen an paläoindianische Zeiten
gewünscht, vor allem ein Eingehen auf das mögliche
»Zurückfluten« von Clovis-Traditionen aus dem Süden.
Die ausführlichen Beschreibungen von Dorset und Thule
zeigen beispielhaft, daß Fagans Textlängen mit der jewei
ligen Quellenlage korrespondieren. Er unterscheidet sich
hier nicht von anderen Sachbuch-Vielschreibern. Das
führt in manchen Bereichen zu einer Verschiebung der
Akzente, wie zum Beispiel der Überschätzung von Cur-
tis, dessen Fotos keineswegs »von unschätzbarem Infor
mationswert« sind (47). Curtis hat im Gegenteil durch
manche Schummelei das Bild des Indianers teilweise ver
zeichnet.
Ähnlich wie beim arktischen Teil eine Anbindung von
Clovis sinnvoll gewesen wäre, verhält es sich mit dem
fünften Teil »Der Westen«. Ausgehend von den histori
schen Nordwestküsten-Kulturen, versucht Fagan, einen
Bogen zum Archaikum zu schlagen, um dann schnell -
bereits wenige Seiten später und wiederum gezwungen
durch die Quellenlage - in die Frühgeschichte sowie prä-
und postkolumbische Flistorie der Region zurückzukeh
ren. So wird sattsam Bekanntes zum tausendsten Mal wie
derholt. Besser gelungen ist die Beschreibung des mittel-
und südwestlichen Archaikums, wobei auch hier auf die
gute quellenbedingte Ausgangslage hinzuweisen ist.
Im sechsten Teil wird das Östliche Waldland in großer
Breite und Ausführlichkeit behandelt, beginnend mit dem
frühen Archaikum dieses Raumes und endend mit den
historischen Gartenkulturen des Nordostens, insbeson
dere der Irokesen. Mit dem siebenten Teil »Nach Kolum
bus«, in dem Fagan Kulturwandel und Assimilation/Aus
rottung der Ersten Amerikaner während der Kontaktzeit
umreißt, beschließt er sein Buch, das vor allem durch
seine Informationsfülle beeindruckt. Der Anhang enthält
eine »Gliederung der altamerikanischen Sprachen«, ein
Literaturverzeichnis, ein Register sowie die üblichen
Nachweise und Danksagungen. Bezüglich der Literatur
angaben im fortlaufenden Text ist noch anzufügen - viel
leicht als Anregung für das Beck-Lektorat daß solche
Quellenhinweise ohne Seitenangaben unbrauchbar sind.
Verwirrend für Ungeschulte ist außerdem, daß Fagan bei
frühen Publikationen mit mehreren Auflagen das Jahr der
neuesten Auflage nennt und nicht das des Erstwerkes.
Nicht zuletzt mit dem gestrafften Register liegt hier ein
Nachschlagewerk vor, in dem der Leser immer wieder
gerne an interessanten Passagen, guten Fotos, übersicht
lichen Karten, verständlichen Tabellen und Grafiken
sowie aussagekräftigen Zeichnungen hängenbleiben
wird.
Axel Schulze-Thulin
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