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Full Text: Tribus, 44.1995,N.F.

TRIBUS 43, 1994 
294 
Graham, Ian: 
Corpus of Maya Hieroglyphic Inscriptions. 
Volume 4, Part 2 (Uxmal) und Part 3 (Uxmal 
& Xcalumkin, dieser unter Mitarbeit von 
Eric von Euw). Cambridge, Mass.: Peabody 
Museum of Archaeology and Ethnology, 
1992. S. 73-197 (des durchpaginierten Ban 
des). SW-Fotos, Zeichnungen, Karten. 
Mit Band 4 des Corpus of Maya Hieroglyphic Inscriptions 
(CMH1), dessen erstes Heft 1977 erschienen war und des 
sen zweites und drittes hier zur Rezension anstehen, 
nimmt sich die Inschriften-Dokumentation des nördlichen 
Maya-Tieflandes an. Die hieroglyphischen Texte der Orte 
Itzimté, Pixoy, Tzum. Uxmal und Xcalumkin sind nun 
vollständig veröffentlicht. Das CMHI ist dadurch im 
Begriff, eines der dringendsten Desiderate der Maya-Epi 
graphik zu befriedigen, nämlich die systematische Veröf 
fentlichung von Texten aus dem Norden. Liegen zu eini 
gen anderen Großregionen, so zum Siidosten mit Copán 
als Zentrum, zum Petén, zum Usumacinta-Tal zu Tonina 
und zu Palenque aus anderer Feder nämlich leidlich 
brauchbare Dokumentationen vor, so gab es bisher keine 
einzige umfangreiche Zusammenstellung von Inschriften 
aus dem Norden. Freilich ist mit den genannten Orten erst 
ein Anfang gemacht. Vor allem Cobá, Resbalón, Chichón 
Itzá und Oxkintok, die zu den inschriftenreichen im Nor 
den gehören, harren noch der Dokumentation. 
Der Norden Yukatans zeichnet sich inschriftlich vor den 
im Corpus bisher hauptsächlich dokumentierten Petén- 
und Usumacinta-Regionen durch das Überwiegen von 
Bauskulptur als Inschriftenträger gegenüber den im 
Süden bevorzugten freistehenden Denkmälern (Stelen, 
Altäre, Zoomorphe) aus. Es mußten daher zwei neue 
Bezeichnungen in die bisher 19 Klassen umfassende 
Schriftträgernomenklatur eingeführt werden, nämlich 
Cst. (Englisch: Capstone) für >Gewölbedeckstein< und 
Cap. (Englisch: Capital) für >Kapitel<. Aber auch mit 
diesen Ergänzungen wird die Variationsbreite des 
inschriftlichen Bauschmuckes nicht voll erfaßt: Ni 
schen, Türrahmen, Gesimsbänder, Dachkämme und 
manch anderes Element bleiben unzulänglich in einer 
der Restklassen »Miscellaneous«, »Monument« oder 
»Panel« erfaßt. Unbeschadet dieser leicht zu beheben 
den Systemlücken muß ich meine frühere generelle 
Skepsis gegenüber Abkürzungen für Schriftträgerklas 
sen revidieren. Mit der Personal Computer-Nutzung seit 
den 80er Jahren hat sich gezeigt, daß die volle Bezeich 
nung eines Inschriftenortes und des Schriftdenkmales in 
der von Graham geschaffenen CMHI-Nomenklatur in 
den allermeisten Fällen genau in die unter dem Betriebs 
system DOS erlaubten acht Speicherplätze für Dateina 
men paßt. So kann man zum Beispiel eine Abhandlung 
über Stele 18 aus Yaxchilán gemäß CMHI als YAXST18 
abkürzen und so als Dateiname für die EDV-Speiche- 
rung gebrauchen. Daher empfehle ich jetzt jedem die 
Übernahme des Nomenklatursystems des CMHI. 
Die formalen Grundsätze der Bild-Dokumentation haben 
sich gegenüber früheren Lieferungen, die ich in Tribus 32 
(S. 211-212, 1983) besprochen habe, zwar nicht radikal 
verändert, doch werden einige beherzigenswerte Prinzi 
pien nicht mehr durchgängig verwirklicht. So ist der 
Abbildungsmaßstab von Inschriften gegenüber dem 
ursprünglich beabsichtigten und zunächst auch meist 
befolgtem 1:10 zu 1:20 geschrumpft. Sicher war das teil 
weise wegen der Größe einiger Bauinschriften nötig, in 
anderen Fällen aber überhaupt nicht. Auch das im glei 
chen Maßstab nebeneinander Abbilden eines Fotos und 
der Zeichnung, was zur Kontrolle der Zeichnung hilfreich 
ist, wird immer wieder ohne ersichtlichen Grund aufge 
geben. Doch beeinträchtigen diese redaktionellen Mängel 
den dokumentarischen Wert der Veröffentlichung nicht 
entscheidend. Archäologen werden erfreut zur Kenntnis 
nehmen, daß die kartographische Darstellung der im 
jeweiligen Band oder Heft präsentierten Orte erheblich 
an Gewicht gewonnen hat (wenn auch das Drucken einer 
Karte über den Falz auf zwei gegenüberliegenden Seiten 
ein bedauerlicher Mangel ist). Uxmal ist ein treffendes 
Beispiel für Gewicht und Potential kartographischer Dar 
stellungen im CMHI. Trotz fleißiger Erforschung seit 150 
Jahren gab es bisher keine Gesamtaufnahme und karto 
graphische Umsetzung der Ruinen dieser großen Stadt. 
Graham hat diesen Mangel auf einen Schlag beseitigt; 
und das erstaunt um so mehr, wenn man bedenkt, daß er 
das im Alleingang geschafft hat. Seine Karte zeigt nicht 
nur sehr schön die räumliche Verteilung, Größe und 
Struktur der Hofkomplexe, sondern sie gibt auch erstmals 
einen Überblick über die Mauer, die in spät- oder nach 
klassischer Zeit Uxmals Zentrum umschloß. Ganz offen 
sichtlich ist es ein Schutzwall, der bestehende Gebäude 
fundamente geschickt ausnutzt und so den Kern des Ortes 
ganz umschließt. Im Rahmen der gegenwärtigen Rééva 
luation der vorspanischen Maya als kriegführendes Volk 
ist das ein wichtiger Befund! 
Vor 25 Jahren hat lan Graham das Corpus-Projekt offizi 
ell initiiert, nachdem er schon 1965 und 1967 Proben sei 
nes Zeichentalentes und seiner Leidenschaft für die Doku 
mentation von Maya-Skulpturen veröffentlichte. Vor 20 
Jahren begann er mit der Veröffentlichung des ersten Hef 
tes. Nur zwei Mitarbeiter hat er in den langen Jahren 
gehabt: Eric von Euw (EE) in den 70ern und Peter 
Mathews (PM) in den 80ern. Insofern ist dieses großartige 
Unternehmen ganz seine persönliche Leistung. Der Stand 
der Veröffentlichung ist im Überblick jetzt folgender: 
Vol. 1 (Introduction, IG) 1975; 
Vol. 2 (Naranjo, Chunhuitz, Xunantunich, Ixkun, Uca- 
nal, Ixtutz, IG & EE), Part 1/1975, Part 2/1978, Part 
3/1980; 
Vol. 3 (Yaxchilan, IG), Part 1/1977, Part 2/1979, Part 
3/1982; 
Vol. 4 Part 41/1977 (Itzimte, Pixoy, Tzum, EE), Part 
2/1992 (Uxmal, IG); Part 3/1992 (Uxmal, Xcalumkin, IG, 
EE); 
Vol. 5 (Xultun, La Honradez, Uaxactun, IG, EE), Part 
1/1978, Part 2/1984, Part 3/1986; 
Vol. 6 (Tonina, PM), Part 1/1983. 
Wenn in den letzten Jahren die Veröffentlichung der Cor- 
pus-Bände aus verschiedenen Gründen stark zurückge 
gangen ist (im ersten Septenium wurden 8, im zweiten 4 
und im laufenden nur 2 Hefte veröffentlicht), sollte die 
kürzlich erfolgte Einstellung des jungen Maya-Epigra 
phikers und begabten Zeichners David Stuart die 
Veröffentlichungen wieder beschleunigen und vor allem 
auch die vor vielen Jahren begonnenen und nie ab 
geschlossene Dokumentation der Inschriften von 
Yaxchilan und Tonina zu einem Ende bringen! 
Berthold Riese
	        
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