Ambom: Von der Stadt zur sakralen Landschaft
hielt, mit den Burji in Kontakt. 1980 besuchte er die Burji in Marsabit/Kenia und
konnte die Zusammenarbeit vertiefen. Seit dieser Zeit ist die Verbindung nicht abge
brochen. Sie konnte vielmehr durch regelmäßige Korrespondenz und mehrere Auf
enthalte in Südäthiopien und Nordkenia vertieft werden.
Die Bearbeitung der umfangreichen Aufzeichnungen, für die Helmut Straube meh
rere Freisemester veranschlagt hatte, war ihm nicht mehr vergönnt. Er starb am
22. März 1984.
Im folgenden sind die Originalstellen aus H. Straubes unveröffentlichten Aufzeich
nungen durch Anführungszeichen gekennzeichnet, hinter denen keine Quellenan
gabe steht. 3 Kommentare finden sich in den Fußnoten.
Wenn in Straubes Text von »heute« oder »heutzutage« die Rede ist, bezieht sich dies
- falls nicht anders angemerkt - immer auf die Zeit seines Aufenthaltes 1973/74. Es
wird dann auch das Präsens beibehalten.
Topographie
Eine der schönsten Beschreibungen der Kulturlandschaft von Burji findet sich bei
Donaldson Smith, der 1895 Burji noch erlebte, bevor es tiefgreifende Veränderungen
durch die amharische Annektion erfuhr. Am 25. April 1895 begleitete ihn ein Burji-
Würdenträger nach Süd-Burji.
»Er zeigte mir die Berge von Jan Jams (Guji) im Nordosten nahe dem Abaya-See. Im
Nordwesten erblickten wir Berggipfel, so weit das Auge reichte, das Gebiet der
Konso, während im Norden das Land der Jeratu (Dirasa) lag. Ich war nun drei
Marschstunden vom Lager [im Barka-Tal] entfernt, und der Marsch führte über eine
gewellte Hochfläche durch Kornfelder, von denen eines auf das andere folgte. In den
Feldern arbeiteten hunderte von Eingeborenen mit ihren dreizinkigen Feldhacken. ...
Nach einer weiteren Stunde sah ich das Dorf auf einer felsigen Bergspitze liegen; es
war noch eine gute halbe Stunde entfernt. ... Der größte Teil des breiten Gebirgspla-
teaus ist terrassiert und bebaut mit Mais, Sorghum, Bohnen, Kürbissen, Kaffee, einer
Art von Kohl, Baumwolle, Tabak und Bananen-Bäumen. Viele Häuser stehen einzeln
verstreut in der Landschaft. Verschiedene Bergkuppen erheben sich über das Plateau,
und auf der malerischsten dieser Kuppen liegt das Dorf der Burji. Die strohgedeck
ten Häuser liegen eines über dem anderen und werden durch große Zedernbäume
beschattet und durch schöne Gärten voneinander getrennt, in denen viele tropische
Pflanzen gedeihen, während sich über die natürlichen Felsterrassen viele blühende
Pflanzenranken hinziehen. Das Malerische des Ortes hat mich tief beeindruckt, von
seiner Lage knapp unter den Wolken, wo die kalte und reine Luft einem Kraft gab
und die wunderbare Aussicht das Leben zum Vergnügen machte.« (Donaldson Smith
1897: 215 f., Übersetzung: Exzerpt Straube)
Aus dieser Schilderung ist die bemerkenswerte Lage von Burji-Stadt erkennbar.
»Eine ausgeprägte Bruchstufe gliedert das Bergland von Burji in die höher gelegene
Nord- und die tiefere Südzone. Der topographischen Gliederung entspricht etwa die
Unterteilung in Nord- bzw. Süd-Burji. Die Erosion hat die offensichtlich einst paral
lel zum südlichen Steilabfall des Amarro-Gebirges verlaufende Stufe tief eingefres
sen und die Stufenfront weitgehend aufgelöst. Der kegelförmige Stadthügel von
Burji ist durch zwei Bäche (Malka und Garado) aus der Stufe herausgeschnitten wor
den und liegt heute als markanter isolierter Zeugenberg vor der Stufenstirn.«
»Der ganze Bergkegel ist bis zur Spitze mit Häusern besetzt und wie das umliegende
Feldland terrassiert. Burji-Stadt besteht aus mehreren Stadtquartieren, die sich alle
um den Bergkegel gruppieren und wie ineinanderübergehende einzelne Dörfer
anmuten. Aus Baumstämmen gezimmerte Tore führen nach Burji hinein. Von einer
Umfriedung oder einer Stadtmauer (wie wir sie etwa von den Konso-Städten her ken
nen) ist heute nichts zu sehen. Die Wege innerhalb des Ortes sind von Hecken oder
den Staketenzäunen der Häuser eingefaßt.«
»Der höchste Punkt des Stadthügels liegt etwa 1850 m hoch. Während der Osthang
stellenweise ausgesprochen steil ist, fällt der Hügel nach Süden weithin kontinuier
lich ab, geht dann in leicht welliges Hügelland über, das sich schließlich zum Barka-