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Full Text: Tribus, 50.2001,N.F.

189 
Buchbesprechungen Afrika 
Tod ein. Nach allgemeinen Erläuterungen zum Gesamt 
komplex von Tod und Bestattung werden die Toten 
gedenkfeiern, die in der Regel vier Tage dauern, in ihrer 
chronologischen Abfolge geschildert. Hierbei werden die 
gesungenen Lieder und übrigen Klangereignisse als 
strukturierende Elemente betrachtet, was sich im Laufe 
der Analysen als durchaus angemessen erweist, man ver 
liert so nie die Orientierung in den doch recht komplexen 
Abläufen dieser Gedenkfeiern. Aufschlussreich sind in 
diesem Teil der Arbeit Exkurse wie „Musik und Raum“ 
oder „Kriegstänze“. Die Liedtexte sind übersichtlich dar 
geboten, als Originale mit gegenübergestellter Überset 
zung. 
Die Autorin macht deutlich, dass bei den Bulsa die Toten 
gedenkfeiern, die Ausdruck ihres zentralen Lebens 
bereichs - der Auseinandersetzung mit dem Tod - sind, 
entscheidend von musikalischen Darbietungen struktu 
riert sind, sie sind konstituierender Bestandteil und die 
nen nicht der akustischen „Untermalung“ ritueller Hand 
lungen. Eine Totengedenkfeier ohne sie ist nicht 
durchführbar. Sie sind „ebenso wie die Durchführung von 
Ritualen, das Kochen für die Teilnehmer oder die Be 
ratungen der Ältesten eine Arbeit (...), die getan werden 
muß.“ [S.236] 
Wünschenswert wäre in der Gesamtbetrachtung aller 
dings ein Exkurs über den Einfluss des Christentums auf 
die religiösen Vorstellungen in der untersuchten Region. 
Dieser ist allem Anschein nach nicht unerheblich, zumal 
die Autorin während ihres zweiten Aufenthalts von einer 
christlichen Familie aufgenommen wurde. Der Hausherr 
war Angestellter der katholischen Mission der Weißen 
Väter, die im Norden Ghanas sehr aktiv ist. 
Dies schmälert aber den positiven Eindruck der vorlie 
genden Publikation in keiner Weise. 
LARS-CHRISTIAN KOCH 
BRUNK, KARSTEN / GREINERT-BYER, 
URSULA (HRSG.): 
Mensch und Natur in Westafrika. Eine inter 
disziplinäre Festschrift für Günter Nagel 
(Berichte des Sonderforschungsbereichs 268. 
Kulturentwicklung und Sprachgeschichte im 
Naturraum Westafrikanische Savanne. Bd. 5). 
Frankfurt a.M.: Johann Wolfgang Goethe- 
Universität, 1995. 292 Seiten, SW-Fotos, SW- 
Zeichnungen und Karten. 
ISBN 3-9803604-4-x, ISSN 0944-3274 
Der vorliegende Band, als Festschrift für Günter Nagel 
konzipiert, ist in drei Teile gegliedert: erstens „Prähis 
torische Besiedlung“, zweitens „Ressourcen und ihre 
Nutzung“ und drittens „Sprache und Geschichte“. 
Während der erste Teil von Vor- und Frühgeschichte und 
Archäologie bestritten wird (nur Nordost-Nigeria), ist der 
zweite Teil insbesondere durch Verbindungen zwischen 
Ethnologie und physischer Geographie (zum Beispiel 
Mischung und Müller-Haude) beziehungsweise Ethno 
logie und Botanik (s. Kere und Ritz-Müller) geprägt und 
der letzte durch eigenständige Artikel aus den Fächern 
Afrikanische Sprachwissenschaften und Ethnologie. 
Schließlich gliedert sich der Band in die zwei Gebiete 
Nordost-Nigeria und Burkina Faso, da allerdings ohne 
eine ausgewiesene Schwerpunktregion. 
Entsprechend dem Anliegen des Sonderforschungsbe 
reiches setzten sich die Autorinnen und Autoren zum 
Ziel, in ihren Beiträgen die praktizierte Interdiszi- 
plinarität zu veranschaulichen. Dies geschieht entweder 
in Form co-editierter Artikel oder indem ein Autor/eine 
Autorin auf der Grundlage seines/ihres Faches (z.B. 
Ethnologie) in besonderer Weise Ansätze einer Nachbar 
disziplin (z.B. physische Geographie) mitzureflektieren 
trachtet, wie in den Beiträgen von Andrea Reikat oder 
Ulrich Braukämper. 
In einer Verbindung zwischen Botanik und Ethnologie 
gehen Ulrike Kere und Ute Ritz-Müller den Namen von 
selten oder nicht genutzten Wildpflanzen bei den Mosi 
nach und zeigen, dass ihre Taxonomie „sich wesentlich 
auf Ordnungssysteme des Alltags“ stützt (Kere und Ritz- 
Müller 189). Bezüge zu anderen Pflanzen, zu Tieren und 
Geistern, werden von den Autorinnen erläutert, jene mit 
Bezügen zu Menschen werden in einem eigenen Ab 
schnitt abgehandelt. 
Andrea Reikat untersucht im Gebiet von Tenkodogo so 
wohl die Raumaufteilung in Zusammenhang mit dem 
Siedlungsgebiet wie auch die Zuordnung von Boden für 
die landwirtschaftliche Nutzung, sei es zwischen Ge 
höften oder zwischen den Mitgliedern eines Gehöfts. Da 
bei weist sie in allen drei Fällen die determinierenden 
machtpolitischen Faktoren nach. Das agro-pastorale Sys 
tem der Shuwa-Araber im nigerianischen Tschadbecken 
ist Gegenstand von Ulrich Braukämpers Darstellung. Der 
Autor stellt überzeugend verschiedene Aspekte des Sys 
tems dar, die zum Beispiel mit knappen Futterressourcen 
in der Nähe von Dörfern verbunden sind oder mit den 
Gefahren der Tsetse-Fliege für den Herdenbestand. Von 
großem Interesse scheint ebenso die von der Lokalbe 
völkerung vorgenommene Differenzierung der Weiden in 
sechs Hauptkategorien (Braukämper 155), denen sich die 
Shuwa in ihrer Nutzung jeweils besonders anzupassen ha 
ben. 
Von besonderem Interesse erscheint der Artikel von 
Michael Schlottner zur Frage der Konstruktion gesell 
schaftlich getrennter Einheiten durch Ethnologie und 
Geographie in Zusammenhang mit Raum- und Zeitan 
gaben von gesellschaftlichen Gruppen im zentralen Vol 
tagebiet. Der Autor intendiert, einen Beitrag gegen das 
althergebrachte Bild von „sogenannten autochthonen 
Bevölkerungsschichten und später angekommenen Zu 
wanderern“ (Schlottner 251) zu leisten. Als Anstoß für 
seine Überlegungen nennt er rezente Ethnizitätsdebatten 
von Carola Lentz (o.J.) und Jean-Loup Amseile (1985). 
Frühere, auf Westafrika bezogene Kritiken sind bereits 
während der Kolonialzeit von Rattray (1932) und Fortes 
(1945) geäußert worden, wie der Autor anführt 
(Schlottner 253). Freilich, Schlottner schreibt aus einer 
deutlich ethnologischen Position, ohne akribisch die 
Verbindung zu anderen Fächern im Sonderforschungs 
bereich zu suchen. 
Mit einem für den Leser ironischen Augenzwinkern geht 
Hermann Jungraithmayr an das Thema der Interdiszi- 
plinarität: „Nicht nur Böden erodieren, sondern auch
	        
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