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Buchbesprechungen Amerika
Nyakyusa drei Kultzentren gewidmet. Ein wertvoller
Aspekt von Webers Untersuchung ist hier die Betonung
der unterschiedlichen Kultzentren für die Herausbildung
von politischen Identitäten; Identitäten, die sich z.T. rein
‘regional’ und nicht ‘ethnisch-kulturell’ definierten.
Kapitel acht widmet sich den ‘Eigentümern des Landes’,
die im vorkolonialen Unyakyusa einen zentralen Platz in
lokalen politischen Diskursen einnahmen, da sie rituelle
Kontrolle über das Land ausübten. In den unterschiedli
chen Regionen entwickelte sich die Institution der
‘Eigentümer des Landes’ in verschiedene Richtungen, die
z.B. in Ugondo zu mehr Zentralisierung bis hin zur
Etablierung von sakralen Königtümern führte, wohinge
gen die ‘eigentlichen’ Nyakyusa dezentralisiert blieben.
Weber beschreibt hier dynamische Wechselwirkungen
von Machtausübung, Machtverlust und Machterwei
terung in den jeweiligen ‘Provinzen’. Wiederum stehen
sakrale Orte, insbesondere die Kultzentren von Kabale
und Lubaga, im Mittelpunkt.
Mit politischen Umwälzungen und ökologischen Krisen
im 19. Jahrhundert setzt sich das vorletzte Kapitel von
Webers Untersuchung auseinander. Bereits in den 1840er
Jahren drangen die militärisch straff organisierten
Wangoni vom südlichen ins östliche Afrika ein. In
Unyakyusa gelang es ihnen allerdings schwer, Fuß zu fas
sen (S.196). Mächtige Nyakyusa-’Häuptlinge’ konnten
sich anscheinend gegen ihr Eindringen durchsetzen. Im
Gegensatz zu „allen bisherigen Publikationen“, die den
Würdenträgern der Nyakyusa zu dieser Zeit wenig bis
überhaupt keine Macht zubilligten, erfuhr Weber von sei
nen Informanten vor Ort, „wie autoritär sich die
Häuptlinge im 19. Jahrhundert verhielten und wie will
kürlich sie ihre Entscheidungen durchsetzen konnten“
(S.197). Der Autor ging den ideologischen Rechtfer
tigungen dafür nach und stellte fest, dass u.a. die „lokalen
Wurzeln“ (vgl. Kultzentren) ihre Macht legitimierten (S.
198). In den 1880er und 1890er Jahren wurde Unyakyusa
von einer Reihe von Katastrophen, wie Dürren, Über
schwemmungen, Sandflohepidemien und der verheeren
den Rinderpest heimgesucht. Prophetische Bewegungen
und ein neuer Kult entstanden am Nordende des Nyasa-
Sees. Nicht zuletzt trafen auch die ersten Missionare in
diesem Gebiet ein, und die deutsche Kolonialmacht such
te sich zu etablieren. Das zunehmend autoritäre
Verhalten der Nyakyusa-’Häuptlinge’ interpretiert Weber
als eine Folge dieser mannigfachen Krisensituationen. Im
Dezember 1897 kam es zu einem für die Nyakyusa ver
heerenden Aufstand gegen die deutsche Kolonialherr
schaft (S.235).
Zusammenfassend stellt der Autor im Schlusskapitel fest,
dass präkolonialen Identitäten der Nyakyusa einem kon
tinuierlichen Wandel unterlegen waren. Er betont dabei
die politische Komponente der unterschiedlichen lokalen
Identitäten und weist noch einmal auf die Wichtigkeit der
Kultzentren und die dort durchgeführten Rituale hin.
„Die diesem Gebiet eigentümliche historische Dynamik
rührte nicht zuletzt von der Existenz zweier Kultzentren
mit überregionaler Bedeutung her“ (S. 225).
Trotz mancher Schwächen dürfte Peter Webers interes
sante und lesenswerte Studie für alle Kolleginnen und
Kollegen, die sich mit ‘Oral Tradition’ und vorkolonialer
Geschichte in Tanzania und in Afrika im Allgemeinen be
fassen, von Interesse sein.
VIKTORIA STÖGER-EISING
AUGUSTIN, SIEGFRIED:
Die Welt der Indianer in Augenzeugen
berichten. „Malt ihm das Gesicht an mit rötli
cher Farbe“. München: nymphenburger, 1997.
341 Seiten, 50 SW-Abbildungen.
ISBN 3-485-00774-9
Siegfried Augustin hat sich der sehr verdienstvollen
Aufgabe unterzogen, indianisches Leben im Nord
amerika des 18. und 19. Jahrhunderts mit Hilfe von
Berichten verschiedener Zeitzeugen dem Leser plastisch
vor Augen zu führen. Dabei folgt er den Spuren von
Forschern, Missionaren, Militärangehörigen und interes
sierten Weltreisenden von Ost nach West. Aufgrund der
geschichtlichen Gegebenheiten der USA ist somit ein ge
wisser chronologischer Aufbau des Buches entstanden.
Ausgelassen wurden der nordamerikanische Süden ein
schließlich Floridas, der pazifische Küstenstreifen sowie
der Nordwesten und Norden des Kontinents, wohl mit
Absicht, denn an entsprechender Originalliteratur fehlt
es auch über die letztgenannten Regionen nicht. Ge
schickt hat der Verfasser die Schwierigkeiten im Hinblick
auf die notwendigerweise Bruchstückhaftigkeit von Be
richtsteilen sowie auf die an sich gegebene Notwendigkeit
eines Kommentars älterer Texte umgangen, indem er mit
einem dem Buch vorangestellten Auszug aus den
„Abentheuerlichen Ereignissen...“! (denen auch die
Schilderungen des James Smith entnommen sind) darauf
verweist, „die Abenteuer selbst oder ihre Zeitgenossen ...
in ihrer eigenen, ungeschmückten Schreibart reden zu las
sen ...“, um nicht „ihr Zeugnis um vieles verdorben und
geschwächt“ wiederzugeben. Die Orthografie ist im
Großen und Ganzen in unsere heutige geändert worden,
wobei jedoch der Stil der Originalabhandlungen weitge
hend beibehalten wurde.
Neben einer Einleitung des Autors „Weiße Augenzeugen
und ihre Wahrnehmung der Fremde“ ist das Werk in ins
gesamt zehn Abschnitte, gegliedert nach Kulturprovinzen
und -arealen sowie Zeitabschnitten, und dreiundzwanzig
Unterabschnitte eingeteilt. Von letzteren beziehen sich
sechs auf das nordöstliche Waldland (James Smith, Georg
Heinrich Loskiel [dessen Informanten David Zeisberger
und August Gottlieb Spangenberg waren] und Johann
Gottlieb Ernst Heckewelder); sieben betreffen das
Große-Seen-Gebiet (John Tanner, Edwin James [Bericht
erstatter von John Tanner] und Johann Georg Kohl); acht
Unterabschnitte die Prärien und Plains (Richard Irving
Dodge, Balduin Möllhausen, Friedrich Kurz und
Friedrich J. Pajeken); und zwei Teilberichte sind dem
Westen und Südwesten zuzuordnen (Friedrich Armand
Strubberg, Olive Oatman und R. B. Stratton). Immer wie
der erfrischend ist es, die lebendigen und humorvollen
Schilderungen vor allem von Möllhausen zu lesen. Zum
Schluss der Publikation sind die benutzten Quellen aufge
führt. Jedem Abschnitt ist eine kurze Biografie des jewei
ligen Berichterstatters vorangestellt. Im laufenden-Text