TRIBUS 50. 2001
dable) Pflanze, da er mit yuca und ñame zusammen auf demselben Terrain angebaut
werden kann, so ist Sesam {ajonjolí, Sesamum orientale, Pedaliaceae) so ‘heiß’, dass
er allein kultiviert werden muss. Auch die ahuyama (Cucurbita maxima,
Cucurbitaceae) verträgt sich nicht mit anderen Pflanzen, die sie ‘verbrennt' (quema)
und ‘gelb macht' (pone amarillo), d.h. vertrocknen lässt, oder auch yuca „bitter
machte“: Bei Nichtbeachtung der Nichtverträglichkeiten (Inkompatibilitäten) der
verschiedenen Anbaupflanzen, unmittelbare Folge ihrer „Temperamente“, resul
tierte der cultivo caliente, das ‘heiße Feld'! Zitronenbäume {limón criollo, Citrus li
món, Rutaceae), deren medizinische (wie ‘antimagische’) Wirkung äußerst geschätzt
wird, enthalte in so hohem Grade Säure (ácido), dass sich ihre Kerne „in der Erde
selbst kochen“, d.h. es entstehen neue Zitronenbäumchen. Die als ‘heiß’ klassifizier
ten Pflanzen besitzen häufig so große Macht und Stärke (poder), dass sie (insbeson
dere geschwächte) Personen „verbrennen“ (caucterizar) können, so die chiva chiva,
eine Wildpflanze, die Impotente wieder „funktionieren“ lasse.
Charakterisieren sich die ‘heißen’ Pflanzen insgesamt dadurch, dass sie der Erde
ihre „Hitze“ (calor), wissenschaftlich ausgedrückt: ihre Nährstoffe (nutrientes) ent
ziehen, so führen ‘kühle’ Pflanzen wie Bohnen (fríjoles) oder das ‘Unkraut’ (maleza)
pica pica („sticht-sticht“, Mucuna pruriens, Leguminosae-Rosales), das bei Be
rührung mit der Haut äußerst schmerzhaft brennt und Ausschläge verursacht, der
Erde wichtige Nährstoffe zu. Daher wird die pica pica, Indikatorpflanze von für den
Feldbau ausgezeichnet geeigneten Böden, auch von den Menschen nicht ausge
merzt"! Die ‘unterirdischen’ Knollenpflanzen yuca und ñame wiederum erhalten
ihre „Kühle“ aus der Erde, wobei die yuca nach der Ernte ihre Temperatur ändern
kann, „ihr Gleichgewicht verliert“ (pierde su equilibrio) und ihre Stärke (harina) nun
gar Alkohol produziert, als fermentierte chicha berauschend wirkt. Auch andere
Pflanzen sind in der Lage, ihr Temperament zu wandeln: so die ‘heiße’ palma amar
ga, deren Palmstroh angenehm kühlt (und daher im Hausbau als Dach verwendet
wird) oder auch die Blätter der sonst „kühl“ eingestuften Kochbananenstauden, de
ren „Hitze“ harte níspero-Früchte (Achras zapota L., Sapotaceae) „weich macht“
(ablanda) und rasch „reifen lässt“ (madurar). Die Süßkartoffel (batata, Ipomoea ba
tatas, Convolvulaceae) gilt als ‘kalt’ (frío), da sie von Menschen, die an der als ‘kalt’
klassifizierten Grippe leiden, nicht konsumiert werden kann: diesen „schnürt“ sie
„die Nase zu“ (aprieta la nariz), d.h. lässt sie nicht mehr frei durchatmen.
Insbesondere Bäume, die als Nutzholz (madera) geschätzt werden, klassifiziert man
als ‘edel’ (fino) und ‘kühl’ (fresco), ferner Bäume und Wildpflanzen, sofern sie me
dizinale Bedeutung aufweisen: ‘kühl’ scheint häufig Synonym für ‘nützlich’, ‘brauch
bar’ (útil) zu sein!
Die „heiße“ und die „kühle“ Hand
Beim Anbau der „kühlen“ Knollenpflanzen ñame und zumal yuca muß der Mensch
ein Ensemble von Regeln beachten: so darf er zwei bis drei Tage vor dem
Kleinhacken der yi/ca-Stiele (bástago), sowie deren späterem Anbau nicht mit einer
Frau schlafen resp. sich nicht sexuell betätigen: er verfügte sonst nämlich über die
„heiße Hand“ (mano caliente). Der yuca behagt der menschliche Sexualakt nicht, sie
ist eine äußerst „eifersüchtige“ (celosa) Pflanze und würde dann nicht „gebären“
(parir) - die Anbaupflanzen insgesamt werden ja als weibliche Wesen (hembra) ge
dacht 12 . Für den Anbau muss der yuca-SúeX auf einem als kühl klassifizierten
Baumstamm, wie etwa dem papayot (Papaya-Baum), Mango- oder gerade auch ma-
tarratón-Stamm mit der Machete zurechtgehackt werden (picar el bástago de la
yuca), der selbst genügend Wasser beherbergt, auf keinen Fall aber „hart“ (duro)
sein darf wie beispielsweise der Guayacán: denn sonst würde die yuca „Holz“ oder
„Herz hervorbringen“ (echar palo, echar corazón), d.h. in harten, knorrigen und un
sterilen Wurzeln enden (se va en raíz). Die Stiele werden sodann bevorzugt auf ei
nem „kühlen“ matarratón gelagert und mit „kühlen“ Bananenblättern zugedeckt,
um ein vorzeitiges Austrocknen zu verhindern. Ferner kann die yuca nicht mit der
„heißen Hand“ geerntet werden, da sie sonst bereits am folgenden Tag „schwarz