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Sonnenkalb schreibt (Deutsche Zeitschrift für Staatsarzeneikunde, Neue Folge XIII
2. S. 1860, mitgetheilt durch Schmidts Jahrb. 1861 Abth. 2 Bd. 110 S. 97): Im Königreich
Sachsen ist bis auf die neueste Zeit zum Bemalen von Spielwaren noch häufig Arsen
grün verwandt worden. Bei amtlichen Revisionen fanden sich nicht nur kleine Häuser
vor, an welchen das Arsengrün ohne jeglichen schützenden Ueberzug als Wasser
farbe aufgetragen und daher mit nassem Finger abzuwischen war, sondern sogar kleine
Tassen und Teller von Holz, auf welchen sich je ein Tupf von als Wasserfarbe auf
getragenem Arsengrün befand. Kommen säuerliche Flüssigkeiten, Fruchtsaft oder Milch
kaffee mit diesen Holzspielwaren in Berührung, so muss die schlecht fixirte Farbe noth-
wendig wenigstens zum Theil losgelöst und von den Kindern verschluckt werden.
von Linprun meldet (Schmidts Jahrb. 1870 Abth. 1 Bd. 145 S. 146) folgenden
Fall: Ein 2'/2 Jahre alter, früher gesunder Knabe war unter Fieber, Durst, Leib
schmerzen und grosser Unruhe plötzlich erkrankt. Es erfolgte Würgen, Schleim
erbrechen und Diarrhöe. Das Kind hatte Tags zuvor mit einem grün gestrichenen
Ziehbrunnen gespielt und aus demselben Wasser getrunken. Die Farbe bestand
aus arsenigsaurem Kupfer.
Bergmann berichtet (Dragendorffs Jahresb. 1872 S. 553): Ein Kind von D/a Jahren
verschluckte ein Stück grüne Farbe aus einem in der Schweiz gekauften Tuschkasten
und ging daran in sechs Stunden zu Grunde.
Chevallier (Note sur des cas d’empoisonnement dus aux matieres colorantes
toxiques de jouets d’enfants, Ann. d’hygiene 1874 janv. S. 92, mitgetheilt durch Virchow-
Hirsch, Jahresb. 1874 Bd. 1 S. 615) illustrirt die sehr giftigen Wirkungen des Schwein
furter Grüns durch neue Belege. Die Kinder starben meist unter Erscheinungen
akuter Intoxikation, nachdem sie an mit Schweinfurter Grün bestrichenem Spiel
zeug geleckt oder Wasser daraus getrunken hatten. Die Schwere der giftigen Wirkung
hängt auch von der Art und Weise der Befestigung des Farbstoffes ab. Am sichersten
ist ein Gel- und Firnissüberstrich. Dem Spielzeug sind die Malkasten für Kinder
gleich zu achten.
Chevallier warnt (Dragendorffs Jahresb. 1874 S. 508) vor Benutzung giftiger
Farben, einschliesslich des Chromgelbs, zum Bemalen des Kinderspielzeugs.
Die Vergiftung eines dreijährigen Knaben, welcher an einem mit arsenhaltigem
Fuchsin gefärbten kleinen Kautschuckballon gekaut hatte, findet sich in Dragendorffs
Jahresb. 1875 S. 423 erwähnt.
Erläuterungen zu § 5.
Farben, welche zur Herstellung von Buch- und Steindruck auf Umhüllungen für
Nahrungs- und Genussmittel, auf kosmetischen Mitteln oder auf Spielwaren benutzt
werden, hätten streng genommen denselben Vorschriften zu unterliegen, wie die übrigen
bei der Anfertigung jener Gegenstände verwendeten Farben. Da jedoch nach der Art,
wie die Farben zu solchen Zwecken vorbereitet und verwendet werden (vergl. S. 242) eine
Gefahr für ihren Uebergang in den Organismus nicht besteht, so ist hier die Verwendung
aller Farben, mit Ausnahme derjenigen, welche Arsen enthalten (vergl. jedoch § 10), für
unbedenklich zu erachten. Der Ausschluss der arsenhaltigen Farben ist, nach dem Dafür
halten der gehörten Sachverständigen mit Rücksicht auf die intensiv giftige Wirkung
dieses Stoffes, zu empfehlen, namentlich ist es erwünscht, der Verbreitung des Schwein
furter Grüns auch in dieser Hinsicht möglichst entgegen zu wirken.
Besondere Erfahrungen über Gesundheitsschädigungen, welche durch giftige
Buch- und Steindruckfarben verursacht worden sind, waren aus der Litteratur nicht
zu ermitteln.