Anthropos 89.1994: 3-13
Missionar und Ethnologe
Zum 90. Geburtstag von P. Johann Frick S VD
Anton Quack
P. Johann Frick, dessen Lebenswerk aus Anlaß sei
nes 90. Geburtstages in diesem Beitrag gewürdigt
werden soll, hat es in bewundernswerter Weise
verstanden, zwei unterschiedliche Lebensentwür
fe zu gestalten: den des Missionars und den des
Ethnologen. Es ist ihm gelungen, beide zu einer
fruchtbaren Synthese zu führen. Die folgenden
Ausführungen versuchen aufzuzeigen, wie dies
möglich wurde.
I
Ambivalent und spannungsreich, ja antagonistisch
war das Verhältnis von Mission und Ethnolo
gie, von Missionaren und Ethnologen eigentlich
immer. Und obwohl man sich in der Diskussion
der vergangenen Jahre ernsthaft um eine Über
windung der wechselseitigen Aversion bemühte,
zeigen neuere Publikationen, daß die alten Vorur
teile unbekümmert weitertradiert werden können:
Ethnozentrismus, Kolonialismus, Kulturzerstörung
auf seiten der Mission; Ethnozentrismus, Kolo
nialismus, Relativismus auf seiten der Ethnolo
gie. Unzulässige Verallgemeinerungen, mangelnde
Differenzierungen erlauben es immer noch, auch
sonst seriösen Autoren, angestaubte Klagen frü
herer Zeiten zu repetieren: Der Missionar mache
die Welt ärmer an Sinngehalt, indem er den an
deren auf seine Seite bringen wolle. Es sei Zeit,
wo immer möglich die Mission einzustellen, wie
die “Barbados-Erklärung” (1971; vgl. Dostal 1972:
378) es verlangt habe. So werden offenbar die Vor
gänge der letzten Jahrzehnte im Bereich der katho
lischen Mission von manchen Ethnologen einfach
nicht zur Kenntnis genommen, etwa die Entwick
lung der Missionskirche zur Weltkirche, in der
lokale kirchliche Traditionen ihren selbständigen
Platz finden; oder die jahrelang anhaltende ernste
Diskussion um die Probleme der Inkulturation und
die Entfaltung lokaler Theologien. Andererseits
lassen sich natürlich weniger denn je sämtliche
Ethnologen, die sich zum Thema äußeren, in einen
Topf werfen; und Abbinks heftige Kritik (1990)
repräsentiert nicht den Durchschnitt. 1
Es kann nicht Sinn und Zweck der Diskussion
zwischen Ethnologen und Missionaren sein, ein
ander die Fehler der Vergangenheit aufzurechnen
oder gar die Daseinsberechtigung abzusprechen.
Das gelänge ohnehin nur mit den unglückseligen 1
1 Zum Stand der Diskussion vgl. Quack 1986, Van der Geest
1990, Bonsen et al. 1990, Abbink 1990 und Burridge 1991.
Obwohl Abbinks scharfzüngige und intelligente Ausführun
gen sich immer wieder formal abzusichem suchen (147,
Fußnote 17 z. B.), bleiben sie insgesamt doch einer unin-
formierten, der Ideologie verdächtigten Pauschalisierung
verhaftet.