Illustrierte Zeitschrift für Astronomie und verwandte Gebiete.
Herausgegeben von
1. Jahrgang-19. Heft. F. S. Archenhold, Direktor der Treptow-Sternwarte. 1901 Juli 1.
Verlag von C. A. Schwetschke und Sohn, Berlin.
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INHALT.
1. Otto Jesse. Von Direktor F. S. Archenhold . . . .157
2. Die Lichtschwankungen des Planetoiden Eros. Von
Prof. F. K. Oinzel.............................................................................................................160
3. Kleine Mitteilungen: Die Entdeckung des erstenkleinen Planeten. — Zur Dreihundertjahresfeier des
Todestages (24. Okt. 1601) Tycho de Brahes. — Die
Höhe der Wolken. — Eine Hiobspost. — Die Begrün
einer Sternwarte in Shanghai....................................................163
©tto üesse.
Von F. S. Archenhold.
Auf einem kleinen Vorwerk „Breetz“ bei Lenzen ist Otto Jesse am 25. März 1838
als ältester Sohn des Besitzers Ludwig Jesse geboren. Schon in frühester
fugend sah hier der Knabe das elementare Wirken der Naturkräfte. Im Fiühjahr wai
das Vorwerk, welches
mehrWeiden- als Acker
land hatte, wochenlang
von der Aussenwelt
durch die Gewässer der
Elbe abgeschlossen In
den Winterszeiten gab
es die gefürchteten Eis
gänge, welche das Lied
vom braven Mann in
Erinnerung rufen. In
solchen Zeiten galt es
nicht ohne Gefahr mit
Schlittschuhen den Ver
kehr mit der Aussen
welt aufrecht zu er
halten, eine Aufgabe,
die der älteste Sohn
durch Abholung der P o st
erfüllen musste. Unter
solchen Verhältnissen
konnte von einem regel
mässigen Schulbesuchkeine Rede sein; es
wurde daher ein Privat
unterricht im Hause
eingerichtet, den Otto
bis zum 12. Jahre ge
noss. Einer dieser
Privatlehrer, namens
Ratzlow, hat bei dem
Knaben den Grund zu
mathematischen Nei
gungen gelegt. Als Otto
mit dem 12. Jahre die
städtische Schule in
Lenzen besuchte, nahm
er bei dem Lehrer Ratz
low undConrector Br e st
dortselbstnoch weiteren
Unterricht. Mit 14 Jahren
wurde er zu einem be
freundeten Müller in
die Lehre gegeben, von
wo er jedoch bald mit
einem erkrankten Fuss
Otto Jesse
(geb. 1838 März 25. in Breetz bei Lenzen a. Elbe, gest. 1901 April 1. in Steglitz bei Berlin).
wieder in das väterliche Haus zurückkehrte, woselbst er bis zum 18. Lebensjahre
landwirthschaftlichen Beschäftigungen oblag. Dann besuchte er das Lehrerseminar
in Coepenick und verüess dasselbe mit einem guten Zeugnis im 21. Lebensjahre,