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Objekt: Deutsches Jahrbuch für Volkskunde, 9.1963

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JlRÍ HORÁK 
Als Ausgangspunkt diente ihm der Gott Triglav. Erben versuchte nachzuweisen, 
daß der Kult dieser Gottheit nicht nur bei den Elbslawen heimisch gewesen sei; 
der slowenische Name des Berges Triglav sei ein Zeugnis dafür, daß dieser Gott 
auch bei den Südslawen bekannt war. Den Triglav betrachtete er als den „Belboh“, 
den lichten Gott der Ostseeslawen, dem der dunkle Beherrscher des Winters, Tro 
jan, d. i. der „Cernoboh“, gegenüber stehe. An diese Grundthesen knüpfte er seine 
Auslegung der Sagen über Krok, Libuscha und Premysl, wobei er sich bemühte, 
die mythische Grundlage der Sage festzustellen, auch über den polnischen Krak, 
die Wanda und so weiter, wobei er den Standpunkt Grimms beibehielt, der Dualis 
mus Belbog—Üernobog [Grimm schreibt: Bjelbog und Tschernibog] sei bei den 
Slawen „weder durchdringend noch ursprünglich“. 62 Man muß zugeben, daß Erben 
mit dieser Monographie einen ungangbaren Weg beschritt. Er stand — wie so viele 
andere Nachfolger des Autors der Deutschen Mythologie — im Schatten des gewal 
tigen Gebäudes Jacob Grimms, aber auch ihm fehlte die tiefe linguistische und histo 
rische Bildung des Meisters sowie sein genial breiter Überblick über die europäischen 
Literaturen aller Zeiten. Es scheint, daß diese Abhandlung Erben nicht befriedigt 
hat; er war sich dessen bewußt, daß es die wichtigste Aufgabe eines vergleichenden 
Mythologen ist, sich reiches und verläßliches Material zu beschaffen. Er setzte seine 
Sammeltätigkeit fort, und offensichtlich in den fünfziger Jahren entstand die Studie 
Vidy ci Sudice (Wissende Wesen oder Schicksalsgöttinnen), 63 die Edvard Jelinek im 
Jahre 1883 64 aus dem Nachlaß Erbens herausgab. Es handelt sich um eine Analyse 
des slawischen Schicksalsglaubens, aber die Abhandlung beschäftigt sich auch mit 
den Vorstellungen vom Ursprung der Welt und deutet den Inhalt von Erbens letzter 
mythologischer Studie an, die den Titel trägt: Báje slovanské o stvofení soéta (Sla 
wische Mythen über die Erschaffung der Welt). Grimm war der Meinung, bei den 
Slawen hätten sich keine kosmogonischen Vorstellungen erhalten, 65 und diese An 
sicht wurde auch sonst geäußert. Erben scheint hier — mit einer der nationalen Er 
weckung dienenden defensorischen Tendenz — den Versuch unternommen zu haben, 
auf dem slawischen Territorium Spuren einer uralten Überlieferung über die Er 
schaffung der Welt und des Menschen nachzuweisen. Die unmittelbare Anregung 
für Erben war, wie ich vermute, ein Artikel in der Zeitschrift für deutsche Mythologie, 
Jahrgang IV, wo eine aus der Bukowina stammende ukrainische Überlieferung 
abgedruckt war, wie Gott und der Teufel die Welt erschufen. Erben kannte einige 
russische und ukrainische Lieder sowie Prosaüberlieferungen, ferner serbische Tra 
62 Vgl. Grimm, Deutsche Mythologie, S. 936. 
63 Zahlreiche Zitate beweisen, daß die Studie an vielen Orten aus Grimms „Deutscher 
Mythologie“ schöpft. 
64 Slovansky sbornik, Bd. II. 
65 Grimm: Deutsche Mythologie, S. 547. Grimm führt ein serbisches Lied über die Ent 
stehung des Plattensees (Balatino jezero) an und bemerkt: „Einziges Beispiel einer Flutsage 
bei Slaven, unter denen sich überhaupt gar keine cosmogonischen Vorstellungen fort 
gepflanzt zu haben scheinen.“ — Konrad Schwenck, der Autor des.polemisch zugespitzten 
und im Grunde verworrenen Werkes (trotz einiger Anläufe zu einer nüchternen Auslegung) 
„Die Mythologie der Slawen“, bemerkt in der Einleitung, daß es keine Nachrichten darüber 
gebe, wie sich die Slawen die Entstehung der Welt vorstellten.
	        
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