zu helfen. Sie setzt voraus, daß die Rechtsanwender das Recht
im Gesetze suchen und daß sie dies in einer der Natur des Ge
setzes entsprechenden Weise tun. Wird das Recht gar nicht
mehr im Gesetze gesucht, so braucht man gar keine Gesetze
zu machen, und faßt ein Rechtsanwender das Gesetz als Rechts
körper, ein anderer als bloßen Wecker von Gedanken über das
Recht auf, so kann man zu Regeln darüber, wie man Gesetze
machen soll, gar nicht vorschreiten.
Genau so wie der wesentliche Inhalt der Gesetzestechnik
(Mittel zur Rechtsverkörperung) aus deren Zweck (Rechts-
verkörperung) abzuleiten ist, genau so ist auch der wesentliche
Inhalt der juristischen Interpretation (Mittel (Verfahren) zur
Rechtsfindung) abhängig von einer Erwägung ihres Zweckes
(Rechtsfindung.) Die Rechtsdefinition ist berufen sowohl der
Gesetzestechnik als der juristischen Interpretation die Wege zu
weisen Das Gesetz selbst kann wohl auf den Gang der Inter
pretation Einfluß nehmen, es kann aber dies nicht mit mehr Kraft
als die Theorie ihm zubilligt. Die gesetzliche Interpretationsregel
muß auch interpretiert werden und sie kann dies nicht auf Grund
ihrer selbst, sondern nur auf Grund der juristischen Theorie. Diese
Anschauung ist heute wohl allgemein akzeptiert.1) Die Ab
hängigkeit der Interpretation von der Rechtsdefinition ergibt sich
ganz klar aus dem Begriffe der Interpretation selbst. Die juristische
Interpretation ist eine Tätigkeit, welche darauf ausgeht, Recht
zu finden. Sie erhält ihre Regeln durch das Wesen des Gegen
standes, den sie zu suchen hat. An dem nachfolgenden Schema
wird sich dies erweisen.
A. Das Recht kann intellektuell erfaßt werden.
1) Das Recht wird als hausiertes erfaßt. Eine Wertung
kommt hier für den Interpreten nicht in Betracht. Die
ß S a 11 e i 1 e s , Einführung, S. 88; F r a n z A d i c k e s, Zur Lehre von den
Rechtsquellen, Cassel 1872, S. 5, 6; Oskar Kraus, Rechtsphilosophie und Juris
prudenz in der Zeitschrift für die gesamten Strafrechtswissenschaften, Bd. 23,
1902, S. 779; Wurzel, Das juristische Denken, Wien 1904, S. 14; G e n y, Me
thode .... S. 95, 200; z. B. sprechen dies expressis verbis aus, während
weitaus die Mehrzahl jener Juristen, die sich mit der Auslegung befassen,
schon dadurch, daß sie dabei nicht von gesetzlichen Interpretationsregeln aus
gehen, implicite dasselbe sagen.