Die sprachliche Arbeit kann die Gesetzestechnik nur unter
Berücksichtigung der sprachlichen, insbesondere der sprach-
psychologischen Gesetze leisten. So wichtig diese auch sind,1)
ihre Anwendung unterscheidet die Gesetzestechnik in nichts von
der Rhetorik und anderen sprachlichen Ausdruckskünsten. Ihr
Wesen, ihre Eigentümlichkeit erhält die Gesetzestechnik von
ihrer gedanklichen Arbeit, von dem Inhalte, den sie auszu
drücken hat.
Die Aufgabe dieser Abhandlung war es nun, das von der
Gesetzestechnik Auszudrückende als durchaus Eigenartiges dar
zutun, woraus sich ja erst die Bildung des Begriffes als berechtigt
erweist, dann aber aus der Eigenart des Zweckes auf die Eigen
schaften der Mittel zu schließen, wobei sich der Wert des ge
bildeten Begriffes für seinen Gegenstand zeigt.2)
Der größere Teil der Abhandlung befaßte sich mit der Dartuung
der Eigenart des Rechtes und der Selbständigkeit desselben. Es
mag scheinen, als ob die bezüglichen Ausführungen mit dem
Wesen der Gesetzestechnik nichts zu tun haben. Dem ist aber
nicht so. Würde nämlich das Recht in irgend welchem not
wendigen Konnexe mit Moral, Sitte, Religion, Wirtschaft, Kultur,
oder ändern sozialen Phänomenen stehen, so könnte es aus diesen
Phänomenen heraus rekonstruiert werden, oder es könnte doch
wenigstens von diesen aus eine Stütze empfangen, so daß die
Rechtsoffenbarungen an Wichtigkeit verlören. Das Recht ist
aber durchaus eigenartig und selbständig, so daß es ganz aus
schließlich in den Rechtsverkörperungen zu suchen ist. Die
Eigenart des Rechtes, welche für die Gesetzestechnik maßgebend
ist, besteht 1) darin, daß das Recht als Wertung keine Grad
unterschiede kennt,3) 2) darin, daß es sich an alle Rechtsuntertanen
wendet, und seinem unbedingten Geitungswillen entsprechend
möglichst von allen verstanden werden will,4) 3) in seiner, der
Geltungsmöglichkeit entspringenden Veränderlichkeit,5) 4) darin,
x) Sie werden im nächsten Teile der Arbeit berücksichtigt werden —
man vergl. 'nzwischen meinen Aufsatz über Gesetzestechnik in der Schweizerischen
Zeitschrift für Strafrecht 1907, S. 358 ft'.
2) S. 1.
3) S. 59 u. 99.
4) S. 9 ff. u. 59 f.
5) S. 60 ff.