Grashoff's Reise von Buenos Ayres durch die argentinisl
nal , „ El Ambato " genannt . Man kann von dieser Zeitung buchstäblich sagen , daß sie ihre Farbe ändere , denn je nach - dem gerade ein Papiervorrath vorhanden ist , erscheint sie bald weiß , bald blau , roth , grün oder gelb .
Am 19 . Januar 1854 brach Grashoff weiter nach Norden hin ans . Die Manlthiere und Pferde wurden gesattelt und das herrliche Thal de las Chacras betreten . Zu beiden Seiten erheben sich hohe Gebirgsketten , zwischen denen kleine Leben spendende Flüsse hinziehen , die sogar hier uud da Mühlen treiben . Die Baumwolle gedeiht prächtig und das ganze Thal gleicht einem Garten , in dem sich die häuser der Catamarquenos hinziehen . Die schönsten Apfel - sinen , Orangen , Feigen und Trauben standen überall an : Wege . Passionsblumen , purpurrothblühende Granadas , hoben sich aus dem dunklen Grün leuchtend ab ; Mais - uud Tabaks - selder wurden sichtbar . Die Leute sahen zufrieden und rein - lich aus uud lebten im Wohlstande gemüthlich beisammen . In dies er Gegend zeigt sich das Gürtelthier , Quirquincho bola ( Dasypns oder Armadill ) , häufig . Es kommt iu ver - schiedenen Arten vor und wird als Leckerbissen verzehrt . Aus der cyliudersörmigen Panzerhaut verfertigt man Wasser - gefäße .
Weiter nordwärts bei Puerta wird der Weg beschwer - licher ; große Felsblöcke treten hindernd auf und der Gebirgs - flnß muß wohl zwanzigmal überschritten werden . Hier ist ein wahres Paradies für die Cacteen , die in allen möglichen phantastischen Formen vorkommen . Bald gleichen sie riesigen Kandelabern , bald stacheligen Schlangen , bald Melonen , bald Scheiben , Schüsseln oder Glieder« . Ihre herrlichen weißen , blaß - oder orangerothen , gelben und purpurfarbenen Blüthen verbreiten , zumal in der Nacht , einen köstlichen Geruch und dienen bunten Käfern und schillernden Schmetterlingen , raariposas , zum Aufenthalt .
Bergkuppen und Hügel wechseln in der Landschaft ab , das Thal verengt und erweitert sich . Bergkessel , Höhlen mit Wasserfällen , schroffe Felsen uud gut mit Getreide , Kar - tosseln und Futterkräutern bestellter Boden folgen auf ein - ander . Doch ist die Gegend wenig bewohnt ; zur Viehzucht ist das Land trefflich geeignet , aber die Condore thun vielen Schaden unter dem Jungvieh . Das Uebersteigen der Cordillere von Fnerte war ungemein beschwerlich und für die Reisenden besonders peinlich , da kein frisches , sondern nur salziges Wasser , wie in den Salmas zu erlangen war .
Bei Fnerte de Pucaro war Grashoff am Knotenpunkt dreier Gebirgszüge augelangt . Hier stoßen nämlich die das Thal von Chacras im weiten Bogen umziehenden Gebirge vou Ambato un Westen uud die Sierra de Aucaste im Osten mit der Kette von AcoNquija zusammen , deren höchste Gipfel der etwa 16 , 000 Fuß hohe , schneebedeckte Acouquijaberg ist . Es ist ein erhabener Anblick , aber fast noch mehr fesseln den Reisenden die ungeheuren Ruinen von alten Indianer - Festungen , welche die Höhen umsäumen . Die sehr stark gebauten Mauern werden von Resten von Thürmen überragt , die aber kaum noch zu erkennen sind , während die Mauern auf die Ausdehnung von wenigstens 2 Stunden gut erhalten sind . Diese Befestigungen rühren von den tapfern und intelligenten Calchaqnis - Jndianern her , welche sich hier lauge Zeit zuerst gegeu die Einfälle der peruanischen Jncas , dann gegen die Spanier vertheidigten . Im üppigen Graswuchs des Thal es vou Pucara weideten Strauße und Gua - nacos friedlich neben einander .
Fnerte de Andalgara , das nächste Ziel , ist ein kleines Provinzialstädtchen von nur 300 Einwohnern . Niedrige Häuser und kleine Hütten zwischen Gärten ziehen sich an einem Sandwege hin . Aus der großen Plaza stehen einige bessere Wohnhäuser , eine alte Kapelle und eine im Neubau
! N Pampas und über die Cordillere nach Copiapo in Chile . 7
begriffene Kirche . Ein Glockenthurm fehlt ganz ; einstweilen waren die Glocken iu einem hölzerneu Gerüste untergebracht .
Grashoff fand in Fnerte ein eigenthümlichesInstrument , eine Art Doppelzither , Salterio oder Pfalterio genannt . Es war mit 106 Metallseiten bezogen , von denen abwechselnd 4 uud 3 Saiten nur einen Ton gaben . Es diente bei der Aufführung eines besonders in Chile sehr beliebten National - tanzes , der Sambacueca . In der Stille milder Nächte ertönt diese Tanzweise beinahe in jeder Hütte ; doch wird sie meist mit der Guitarre begleitet . Der Tänzer und seine Dona schwingen in graziösen Armwinduugeu ihre Taschen - tücher , beugen den Körper auf und nieder , drehen sich auf den Fußfpitzeu herum oder klopfen die Absätze der Schuhe zusammen . Dabei fliegen die langen Zöpfe der Dame um - her uud aus deu Mienen des Mannes spricht eine Leiden - schastlichkeit , welche jedoch durch die Grandezza gemildert wird , die von den alten Spaniern auf ihre südamerikanischen Nachkommen vererbt worden ist .
Die Umgegend von Fnerte ist gut angebaut ; Wem wird wenig gezogen , dagegen kommen vorzügliche Wassermelonen , Scandias , in Menge vor ; ebenso eine kleine Art Pfirsiche , Duvasnos . Den Hauptreichthum der Umgebung bilden die Kupferminen , die Gold - und Silberbergwerke . Mit Gras - hoff zugleich laugte dort der deutsche Bergmann Host aus Andernach an , welcher im Auftrage einer englisch - amerikani - schen Gesellschaft jene Bergwerke ausbeuten sollte .
Grashoff wandte seine Schritte weiter westlich nach Belen , Ilm von da aus die Hauptkette der Anden zu über - steigen uud nach Chile zn gelangen . Zunächst dehnte sich vor ihm eine weite Ebene aus , die mit duftigen Kräutern und armem Graswuchs bestanden war . Die Bäume und Sträucher auf dieser stillen Hochebene haben ein fast todtes Ansehen , vor allem der Baum R et amo , der wie ausgedörrt erscheint . Sein Ansehen ist wie abgestorben , bleifarben , die kleinen Blätter sind kaum als solche zu bezeichnen , es sind cylin - drische schmutzig graugrüne Ansätze , die aus den dürren Aesten hervorbrechen . Schattengewährend sind die schön belaubten Zweige des Talabaumes uud des Tarillastrauches . Alles in dieser Gegend ist öde , weder Säugethier noch Vogel ist zu sehen . Der Boden besteht aus Triebsand , den die Wasserströme unregelmäßig zusammengeschwemmt haben und in dem hier und da nnr die Spur eines Fuchses zu bemerken ist , welchen die Ranblust in diese abgeschiedene Gegend trieb . Kein Käfer , keine Ameise läßt sich blicken , höchstens flattert in der Glnth der Sonne ein düstergefärbter Schmetterling matt umher . Im Sommer fehlt hier das Wasser gänzlich , da der sandige Boden es rasch aufsaugt .
Nachdem Grashoff in dieser Ebene 9Legnas zurückgelegt hatte , deutete ihm Froschgeqnak Wasser an ; er nahm unter freiem Himmel sein Nachtquartier und erreichte am andern Tage den kleinen Ort Velen , welcher idyllisch am Fnße einer blauen Bergkette liegt und etwa 2000 Einwohner zählt . Die Kirche des Ortes ist hübsch uild mit Kuppeln versehen , doch in keinem reinen Style gebaut . Der Markt - platz war geräumig , reinlich und frei von wucherndem Gras und Unkraut .
Am 27 . Januar langte unser Reisender , ohne besondere Erlebnisse , in Cachieneo oder Santa Rosa an . Der Ort liegt schon am Fnße der Anden , besteht ans vielen einzelnen zerstreuten Häusern und Hütten und gehört zum Departe - meut Tmogasta der Provinz Catamarca .
Cachieneo ist besonders als Ausfuhrplatz für Rindvieh nach Chile hin von einiger Bedeutung . Aus dem Inneren der argentinischen Staaten , besonders von Tncuman , kommen die Ochsen in langen Zügen hierher , um für die gefahrvolle Reise über die Cordillereu eigens abgerichtet zu werden . Man