Grashoff's Reise von Buenos Ayres durch die argentinischen Pampas und über die Cordillere nach Copiapo in Chile . 11
Eingangöffnung . Im Thurme selbst hatten sich noch einige indianische Töpferwaaren , Stücke von Krügen , Henkel und allerlei Scherben erhalten , die sehr hübsch mit schwarzen Linien und Rauten bemalt waren .
Mit dem Eintritt der spanischen Herrschaft verfielen diese alten Jndianerbnrgen ; sie sind ein Zengniß verhältnißmäßiger ( Zivilisation . Die Indianer sind verschollen und über die Gräber und Ruinen schreitet der einsame Gebirgswanderer hin . So großartig diese alten Bauwerke aber auch sind , gegenüber der Majestät der sie umgebenden Andes verschwin - den sie in Nichts .
Im gewundenen Schlangenlauf durcheilt das Flüßchen Cabrado die Gebirge westlich von den alten Ruinen und mußte von Grashoff hundert und drei und neunzig Mal überschritten werden . Die Felsen , über welche das klare Wasser des Flüßchens hinstürzt , bestehen anfangs aus gelbein Sandstein und nehmen dann goldgelbe , orangefarbene bis dnnkelkarinoisinrothe Farben an . Sandsteine , Schiefer und Granit mit viel Glimmer wechseln miteinander ab . Es folgen auf Meilenweite öde , runde Bergkuppen . Verbuchen - artige Jumielbanm zeigt sich , Moskiten peinigen den Rei - feuden und die Sanmthiere , Raubvögel kreisen in den Lüften und von den Felsabhängen schrillt der pfeifende Ton des Gnanaco . Besonders in der Sierra de la Tamberia traf Grashoff dieses Llamathier häufiger ; nach Art der Gemsen hatten die Gnanacos Vorposten ausgestellt .
Au den zackigen Felsspitzen Los tres quebradas führte der Weg vorbei über das milchweiße Wasser des Rio blaneo . Am Wege waren viele Grabdenkmale . Eines bestand aus einen : Haufen roh zusammengewürfelter Steine , auf denen ein hölzernes Krenz stand . Es deckte die Leiche eines Gaucho - jünglings , dessen Maulthier sich verlaufen hatte . Er mußte zu Fuße weiter wandern ; die bedrückende , verdünnte Berg - luft , vereint mit dem beschwerlichen Bergsteigen , erzeugte in ihm die gefährliche Punakrankheit , welcher er erlag . Der Sattel des Maulthieres lag uicht weit vom Grabe entfernt . Nach der allgemeinen Landessitte legte auch Grashoff einen Stein auf den Leichenhügel .
Bei El Portezuelo de la Estauzuela war die mäch - tige Höhenkette der Anden erstiegen . In dieser rauhen Gegend kam kein Strauch mehr fort ; auch Thiere fehlen ; nur einige fiukeuartige Vögel saßen auf den Steinen und die Bergbiscacha eilte schnellfüßig über das Geröll dahin . Als einsame Erscheinung tritt eine schöngeformte gelbe Sternblume , Rosa , de monte , auf .
Weiterhin zeigen die Berge eine schwarze Färbung , wes - halb sie deu Namen Puertas uegras führen . Dann folgt eilte Hochebene , auf der die Vegetation immer mehr abnimmt . Todte Maulthiere , Gerippe von Ochsen xtnb Pferden deckten massenhaft den Weg . Die Thiere erlagen hier den Anstrengungen des Bergsteigens oder verirrten sich während des Nachtlagers und kamen aus Mangel an Futter um . Ein kleiner Salzsee , umgeben von dunklen Granitmassen , auf denen hie und da kümmerliche Mimosen standen , ver - schaffte der Gegend einige Abwechselung und ward von Grashoff abgezeichnet . ( Siehe die Abbildung . ) Bis in diese Gegend verirrt sich das Vicuna , obgleich es nur dürftige Gräser und einige Pilze als Nahrung findet .
Wenn die Reisenden am Ermatten waren , dann rief ihnen der Maulthiertreiber fein Vamos ! ( Vorwärts ! ) zu und sang eine näselnde , einförmige Weise nach Art der Gauchos . Der Bergabhang , welcher die argentinischen Staaten von Chile trennt , ward überklettert , ein schöner Bergkessel breitete sich aus , die Vegetation ward frischer , grüner und ein schäumender Felsbach toste über große Blöcke dahin . „ Dieses Wasser führt nach Eopiapo " , sagte der Führer . Der chilenische Boden war erreicht .
Durch lange Schluchten und über Ebenen hinweg führte der Weg immer weiter westwärts . Endlich lag ein fchönes Thal vor den Reifenden , und in demselben der ausgedehnte Ort Pueblo de Indio ; von dort ab zieht sich etwa eine Vier - tel Legna lang eine ununterbrochene Linie von Häusern bis zur Vorstadt von Eopiapo .
Die Reise über die Anden von Santa Rosa bis Eopiapo hatte 6V - Tag gedauert ; die Entfernung von Fnerte del Andalgala bis Eopiapo beträgt ungefähr 200 Leguas .
Eopiapo liegt beinahe ganz von Bergen eingeschlossen , und die Gebirgsketten ragen rings hinter den Häusern nud Kirchen hervor . Die Plaza ist eiu großer , schön gelegener , freier Platz . Zwischen den meist gut gebauten und wohl - erhaltenen Gebäuden stehen gewöhnlich Alamo - Pauso - Bäume , die unseren deutschen Pappeln gleichen und der Stadt ein freundliches Ansehen verleihen . Das Rathhaus , Cabildo , ist einstöckig und gleicht den meisten Stadthäusern der süd - amerikanischen Städte . Ju der Mitte der Plaza erhebt sich auf einem schweren Sockel ein Piedestal , in dessen acht Ecken Löwenköpfe Wasser speien und als Brunnen dienen . Das Ganze wird von der Bronzestatne eines copiaponer Berg - manns in Nationaltracht gekrönt , lieber der Schulter hängt die Gerga , ein kleiner Mantel , in der Rechten schwingt er den „ Schlägel " , während die Linke das „ Eisen " hält . Der Schöpfer dieses hübschen Denkmals ist ein Engländer ; es ward zur Erinnerung an die Auffindung der reichen Silber - minen von Eharneeillo im Jahre 1851 errichtet . Für die Stadt sind diese ganz zufällig entdeckten Minen ein ringe - meiner Segen , sie hebt sich dadurch zusehends und die Be - völkernng nimmt zn .
In den Straßen herrscht Ordnung und Reinlichkeit ; wo sie noch nicht gepflastert sind , fährt mehrmals täglich ein Sprengwagen . Das Militär ist ordentlich nach Art des französischen nniformirt und sticht gewaltig gegen die zerlumpten Marssöhne in Catamarca ab . Die Kaufläden sind elegant eingerichtet und mit allerlei Luxusartikeln ver - sehen . In dem Theater , das stark besucht wird , werden gnte Stücke , meist Uebersetznngen aus dem Französischen , aufgeführt . — Aber selten vergeht ein Monat , daß in Co - piapo nicht ein Erdbeben stattfindet ; die Bewohner sind daran gewöhnt , eilen vor ihre Häuser hinaus und bauen , was von den hölzernen Gebäuden itub Kirchen stürzt , wieder auf .
Von Eopiapo fuhr Grashoff mit der Eisenbahn nach Caldera , von wo er weiter nach Valparaiso ging . Wir wer - den unsern Landsmann auf seinen ferneren Reisen be - gleiten .