M . I . Meißner : Volksaberglaube und sympathetische Euren im Herzogthum Altenburg . 103
rosses , Seehundes und Nennthieres , und wohl auch mit Se - geltnch , welches von irgend einem Walfischfahrer eingetauscht worden ist . Diese Wohnstätten gewähren den mit Fellen warm bekleideten Tschnktschen hinlänglichen Schutz gegen Nässe und Kälte , obwohl der Winter an jener östlichen Küste sehr streng ist . Als Brennstoff dient Walfischthran , der in Lampen gebrannt wird . Holz und Koh - len sind nicht vorhanden .
Die Tschnktschen benutzen Walfischkuocheu auch zur Her - stellung von Kähnen ; um das Gleichgewicht zu erhalten und die Schwimmkraft zu verstärken , befestigen sie zu beiden Sei - ten eine mit Lust gefüllte Seehundshaut , welche vortreffliche Dienste verrichtet . — Die Männer sind stark und kräftig gebaut , nicht melancholisch , auch nicht habgieriger , als im
Tabackspfeifen der Tschuktschen .
Allgemeinen die Wilden zu sein pflegen ; dem Tabacksranchen sind sie leideufchaftlich ergeben , blasen aber den Nauch uicht aus dem Munde , sondern ziehen ihn ein , um sich solchergestalt zu berauschen .
Die Expedition erfuhr , daß 1864 die Ploverbai schon am 4 . Oetober völlig mit Eis be - deckt war ; schon am 26 . Octo - ber war sie leicht gefroren , und das Schiff ging deshalb nnver - weilt nach Kamtschatka unter Segel . Am 14 . October war es vor der Awatschabai und warf am folgenden Tage beim Peter - Panlshafen Anker . Von dort aus hatte man einen präch - tigen Blick auf die Vulcane Awatscha , Koseldskai und Koriatski ; aus dem letzter« stieg eine hohe Rauch - wolke empor .
Volksaberglaube und sympathetisch«
Bon I
Der im „ Globus " vor nicht langer Zeit veröffentlichte Aufsatz „ Sympathien und verwandte abergläubische Gewohn - heiten in Mecklenburg " von E . W . Stuhlmann ( gang 1869 , S . 242 ff . ) veranlaßte mich , auch im Alten - bnrgschen Nachforschungen über das Vorhandensein jener uralten Zeugnisse menschlicher Schwäche anzustellen . Man muß weit weggehen von dem Wege , den die gegenwärtige Zeit geht , um zu finden , was die nachfolgenden Zeilen er - zählen sollen . Zumeist sind alte Leute von rührendem Glau - ben die Hüter jenes recht eigentlichen Volkseigenthums , oder die zahlreiche Classe derer macht daraus Capital , welche von der Beschränktheit der Menschen leben .
Wie sich der Gebrauch der sympathetischen Heilmittel entwickelte , ist in dem oben erwähnten Aufsätze eingehend dargelegt worden ; es mag daher hier nur Einiges darüber gesagt werden , wie der Glaube an die Wirksamkeit derselben heutzutage hier zu Lande wie anderwärts noch bestehen und Anwendung bis herauf in die gebildeten Stände noch vor - kommen kann .
Die sympathetischen Euren verdanken , abgesehen von ihrer Wohlfeilheit , ihre Existenz zunächst dem Reize des Geheimnißvollen und Verborgenen , dem Glanben an noch nicht erforschte wunderbare Naturkräfte , an Dinge , die „ zwi - schen Himmel und Erde " liegen , und der noch ziemlich weit - verbreiteten , verderblichen Schen der Menschen , der gemäß sie ärztliche Hülfe nicht eher suchen , als nicht sümmtliche Hans - und sympathetische Mittel erschöpft sind .
Es kommt hinzu , daß diese letzteren Mittel an und für sich fast durchweg unschädlich sind , ja daß dieselben , insofern der Glaube an ihre Kraft die Phantasie der Kranken in be - rnhigender Weise beschäftigt , uud die Hoffnung auf die er - fehute Genesung , damit aber die Naturheilkraft wohlthuend anregt , zuweilen , z . B . bei der Rose , selbst von den Aerzten nicht nur gestattet , sondern sogar empfohlen werden .
Endlich aber greift selbst der Mensch , welchem der söge - nannte sympathetische Glaube fehlt , in seiner Roth und in
Euren im Herzogthum Altenburg .
Meißner .
seinem Schmerz , und verlassen von der medicinischen methode , zn seiner und seiner Angehörigen Beruhigung , zu - weilen nach Mitteln , von denen er weiß , daß sie ihm nichts schaden , und von denen er noch in seiner letzten Stunde hofft , daß sie ihm doch vielleicht einigen Nutzen gewähren können .
Auch im Altenbnrgschen hat gewöhnlich das fließende Wafser die Aufgabe , eine Krankheit , um deren Beseitigung es sich handelt , mit sich fortzunehmen , während in die Erde das Todte , Abgestorbene versenkt oder vergraben wird .
Manchmal wird auch wohl die Krankheit in einem von derErde frisch aufgenommenen Stein , der dann wieder an feinen Ort gelegt werden muß , verfestet , oder unter die Dachrinne , da wo diese von der Sonne nicht beschienen wird , vergraben , oder in eine Feueresse , welche zumRäu - chern dient , verbohrt , endlich in Thüren unbewohnter Seitengebäude vernagelt .
Dagegen habe ich nicht gefunden , daß hier zu Lande , wie es anderwärts vielfach vorkommt , bei den sympathetischen Euren lebende Thiere ( Kröten , Mäuse u . s . w . ) verwendet werden ; nur die Ameisen spielen bei uns hier uud da eine Rolle , sofern gewisse bei den Euren verwendete Gegenstände , z . B . Eier , in Ameisenhaufen versenkt werden .
Ebensowenig kommen im Herzogthume Euren vor , bei denen mit gewissen geheimnißvollen Worten ( Sator Arepo Tenet Opera Eotas , abracadabra n . bergt . ) beschriebene Zettel aufzulegen oder zu verschlucken sind .
Indem ich nunmehr das über jene Dinge Aufgefundene folgen lasse , bemerke ich noch , daß das Nachstehende Anspruch auf Vollständigkeit nicht machen kann und soll , weil die „ klugen Leute " nicht leicht zur Mittheilung jener Geheim - nisse , die übrigens nur von Männern den Frauen und um - gekehrt verratheu werden dürfen , zn bewegen sind .
Die Ursache hiervon ist ein leicht erklärliches Mißtrauen uud die Meinung , ihre sympathetische Kraft gehe durch Mit - theilung der Mittel verloren .