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Full Text: Globus, 17.1870

Karl Andree : Zur Kennzeichnung der 9 
einen angenehmen spanischen Dialekt ; in der Campaüa von Buenos Ayres erinnert noch Manches an die alten andaln - sischen Soldaten , welche vor dreihundert Jahren als Eroberer an den La Plata kamen . Die Anzahl der Neger ist verschwin - dend klein ; die Mischlinge , welche zwischen ihnen und In - dianern gezeugt worden sind , die Zambos , dann auch die Mulatten , wohnen in den Städten und bilden eine Art von Verbindungsstufe zwischen den tieserstehenden und den civili - sirten Menschen . „ Diese Mischlinge haben einen Zug nach Aeußerlichkeiteu der Civilisation , und dergleichen suchen sie sich gern anzueignen , auch fehlt es ihnen nicht an Talent . Aus den verschiedenen Bestandtheilen hat sich dann noch ein zahlreiches Mischlingsgeschlecht ergeben , das eine ziemlich gleichartige Masse bildet . Es taugt nicht viel , ist trag und ohne jegliche Betriebsamkeit , sobald nicht etwa einzelne Individuen durch äußern Drang aufgerüttelt werden . Die Einverleibung der Ureingeborenen hat den Ansiedelungen allerdings einigen Vorschub geleistet , im Uebrigeu aber jenes unglückliche Resultat herbeigeführt , an welchem das ganze ehemals spanische Amerika krankt : Die Race hat sich verschlechtert . Die Eingeborenen leben in Müßiggang , und selbst scharfer Zwang reicht nicht aus , sie zu andauernder Ar - beit zu vermögen . Deshalb führte man Neger ein , und auch diese Maßregel hat keinen Segen gebracht . Die Men - schen von spanischer Abstammung wurden gleichfalls trttg , als sie in den amerikanischen Einöden sich selber überlassen blieben " . 
Sarmiento , der heute Präsident der argentinischenRe - publik ist , und dessen Werk über die Laplataregion in Bezug auf völkerpsychologischen Inhalt geradezu als meisterhaft be - zeichnet werden kann , äußert : „ Es überkommt Einen tiefe Scham , wenn man in der argentinischen Republik sich die deutsche und die schottische Colonie betrachtet , welche im Süden der Stadt Buenos Ayres liegt . Dort ist ein hübscher Flecken entstanden ; namentlich im deutschen Theile der Ortschaft sind die Häuser angemalt und liegen in lieb - lichen Gärten ; sie sind einfach , aber ausreichend möblirt , Alles ist sauber ; Zinn - und Kupfergeschirr blitzt und blän - kert , das Bett hat Vorhänge , und die Bewohner sind ununter - krochen thätig . Sie melken ihre Kühe , liefern Butter und Käse , und viele Familien haben beträchtlichen Reichthum er - warben . Aber der Theil der Ortschaft , in welcher Argen - tiner wohnen , bildet einen diametralen Gegensatz . Hier laufen die Kinder schmutzig und in Lumpen umher , leben mit und unter einer Meute von Hunden ; die Männer liegen unthätig ans der Erde umher , und überall tritt uns ttnord - nnng und Armuth entgegen . Der ganze Hausrath besteht aus einem kleinen Tische und einem Lederkoffer ; die Woh - uuug ist eine armselige Hütte , — kurz , wohin der Blick auch falle , er sieht nur — Barbarei . " ( Vida de Facundo Quiroga i aspecto fisico , costumbres i häbitos de la republica argentina ; por el Autor de Arjiropolis . tiago de Chile 1851 . ) 
Es ist ein Glück für die argentinischen Lande , daß die weiße Bevölkerung stark anwächst und die Zahl der Farbigen in beträchtlichem Verhältnisse sich vermindert . Mulatten sind in den Küstengegenden nicht selten , aber im Innern findet man sie kaum . Dort treten dagegen Mestizen ver - schiedener Abstufungen in größerer Menge auf , und das er - klärt sich leicht . Lange Zeit hindurch sind nur wenige enro - päische Frauen ins Binnenland gekommen , und die weißen Männer nahmen deshalb indianische Fraueu . Nach der Ab - schützung von 1825 bildeten die „ Farbigen " , zu welchen auch die Indianer gerechnet wurden , noch etwa ein Viertel der Bevölkerung . Je mehr das weiße Element zunimmt , um so geregelter wird sich auch das Staatsleben gestalten . Was 
ischlinge aus verschiedenen Menschenracen . 107 
die argentinischen Gauchos betrifft , so möchte ich be - tonen , daß ein großer Theil der Spanier , welche im sich - zehnten Jahrhundert an den La Plata kamen , aus Anda - lnsiern bestand . Südspanien ist ein halbes Jahrtausend lang im Besitze der Mauren gewesen , und diese bildeten die Mehrzahl der Bevölkerung . In den Bewohnern Anda - lnsiens war viel arabisch - berberisches Blut , das durch die Auswanderer und Eroberer nach Amerika gekommen ist . Die Eigeuthümlichkeiten dieses Blutes treten bei einem gro - ßen Theile der Argentiner des platten Landes noch heute so scharf hervor , daß mehr als ein Reisender schon bei ober - sachlicher Beobachtung , und ohne aus eine ethnische Prüfung einzugehen , die Gauchos mit den Arabern verglichen hat ; ihr Hirten - und Reiterleben erinnert an asiatische Zustände , und der Hang zu nomadischem Umherschweifen ist durch Beimi - fchuug indianischen Blutes noch vermehrt worden . In der Argentina steht der Campaüero , der Mann des platten Lan - des , dem Bewohner der Städte wie ein Fremder gegen - über . 
Sobald wir die Cordillere übersteigen und nach Chile hinabgehen , finden wir sofort ganz andere Verhältnisse . Der lange , schmale Küstenstreifen an der Südsee wurde Vorzugs - weise von Nordspaniern bevölkert : Gallegos , Astn - riern , Basken , Cataloniern und auch Castilianern , also von Stämmen , welche in vieler Beziehung sich von den Valencianern und Andalusieru unterscheiden . Lage irni ) schaffenheit des Landes gestatten kein Nomadenleben und eben - sowenig eine Ackerwirthschast vermittelst großer Plantagen , welche in den tropischen Gegenden durch Negersklaven bear - beitet werden mußten , weil die Natur selber dem Indianer des Niederlandes den Trieb und auch die Fähigkeit zu an - haltender Arbeit versagt hat . So blieb Chile von der Negerplage verschont ; dort bildete sich eine zahlreiche Classe von Ackerbauern , die selber das Feld bestellten , und von Schiffern , Bergarbeitern und Grubenbesitzern . Dadurch hat das gauze Leben der Menschen einen andern Strich ge - Wonnen als in den argentinischen Regionen . Allerdings fand eine keineswegs unbeträchtliche Vermischung mit In - dianern statt , aber nicht in so überwiegendem Maße , daß sie in das Staatsleben hätte bestimmend eingreifen können . Das farbige Element wird , da es seit langer Zeit kaum noch einmi Zufluß indianischen Blutes erhält , mehr und mehr ansge - sogen , und Chile kann vor allen anderen südamerikanischen Staaten als „ weißes Land " betrachtet werden . Aus diesem Vorwalten des weißen Elementes und der Lente nordspani - scher Abstammung erklärt sich auch die Stetigkeit und Ord - nnng im Staatswesen . Chile hat seit Anbeginn seiner Un - abhängigkeit kaum eine Revolution gehabt , und nur fünf oder sechs Präsidenten in einem halben Jahrhundert . Es steht bisher als rühmliche Ausnahme unter allen spanisch - ameri - kanischen Republiken da . 
In den Censustabelleu Chiles werden die Mischlinge nicht als solche aufgeführt , und sie selber wollen begreiflicher - weife für weiß gelten . In dem Briefe eines Deutschen in Valdivia saud ich ( „ Ausland " 1859 , S . 453 ) eine Stelle , die ich hier einschalten will : „ Die reinen Indianer hier haben die Callana , d . h . einen schwarzen Hautsleck ober - halb der letzten Rückenwirbel ; bei den Mestizen tritt sie bei der Hellern Hautfarbe sehr hervor , während sie im dritten Gliede bereits schwächer wird und im fünften verschwindet . Das entspricht den Beobachtungen über Quateronen und Quinteronen in Centralamerika , nur mit dem Unterschiede , daß man dort den Mischungsgrad an der Luua der Finger - nägel erkennt . — Im Verkehr sind die reinen Indianer den Mestizen vorzuziehen , denn diese vereinigen die Laster beiderNationen . Hauptzüge des erbärmlichenCha - 
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