Theodor Kirchhoff : Die (
hocken und liegen die bezopften schiefängigen Asiaten , in nn - verfälschter Landestracht , zwischen Haufen von alten Korb - geflechten , Bündeln , Kisten und Kasten , Bambusstäben , Blechgeschirr : c . und blicken mit ängstlichen , verwilderten Ge - sichtern nach rechts und nach links auf die ihnen fremde Umgebung . Andere , weniger Glückliche , sind gezwungen , zu Fuß durch die Stadt zu wandern , Jeder mit einem langen Bambusrohr auf der Schulter , woran zwei oder mehr sige Gepäckstücke hängen . Ehe sie die Hauptstraßen errei - chen , müssen sie oft förmlich Spießruthen durch die sie be - schnupfende und nicht fetten mit Koth und Steinen fende amerikanische und irische „ Hoodlnm " - Jugeud lansen . Fürwahr , ein netter Empfang im freien Lande !
Aber dies ist nichts in Vergleich mit dem Willkomm , welcher den chinesischen Frauenzimmern auf amerikanischem Boden zu Theil wird ! So wie dieselben das Schiff ver - lassen , suchen sich die Abgesandten der verschiedenen chinesi - sehen Compagnien der weiblichen Waare zu bemächtigen und sie sich gegenseitig zu entreißen , wobei es nicht selten zu Tätlichkeiten kommt . Doch die anwesenden Polizisten hauen mit ihren kurzen Knüppeln unbarmherzig auf die Köpfe der erhitzten Asiaten , treiben die allzuviel Lärm machenden in die Flucht , packen die Frauen , denen die Todesangst im Gesicht geschrieben steht , und heben sie aus die bereit stehen - den Wagen , und sobald einer voll ist , springt ein Polizei - knecht hinauf und im Galopp geht es in die Stadt , unter dem Wuthgeheul der zurückbleibenden oder getäuschten Asiaten .
Direct nach den Lasterhöhlen werden die Franen trans - portirt , wo sie unter den Chinesen versteigert werden , zu einem Preise , der ( für die hübschere Sorte ) von 200 Dol - lars per Kopf aufwärts geht . Ein Entkommen ist ihnen nicht möglich . Mitunter liest man in den Zeitungen , daß eine Chinesin polizeilichen Schutz anruft ; aber es nützt ihr nichts . Von einem Liebhaber zum andern , von einer Spelunke in die andere wird sie geschleppt , und ist sie nicht mehr brauchbar , wird alt oder krank , so wirft ihr letzter Herr sie in ein dunkles Loch und läßt sie dort elendiglich um - kommen . Niemand kümmert sich mehr um sie , und noch nie ist ein Chinese wegen solcher haarsträubenden Gränel gerichtlich belangt worden ! ! Jener Zug von Grausamkeit gegen Kranke , Hülsslose und Sterbende ist einer der schwär - zesten im chinesischen Charakter . Kranke werden von ihren nächsten Blutsverwandten buchstäblich auf die Straße oder in dunkle Löcher geworfen , und diese lassen sie dort lieber er - barmungslos umkommen , als sich ihrethalben Ungelegenhei - ten zu machen . Alle paar Wochen hört man hier von sol - chen Fällen , welche Einem das Blut erstarren machen , aber die Chinesen gar nicht rühren . Die Plätze , in welchen die chinesischen Dirnen ihr schamloses Gewerbe treiben , sind so scheußlich , daß es unmöglich ist , mit einer anständigen Feder eine Beschreibung davon zu geben . Die meisten dieser Frauen - zimmer scheinen aber mit ihrem Geschick zufrieden zu sein ; sie lachen und schnattern ihrKanderwälsch und leben in den Tag hinein , bis ihr entsetzliches Ende vor der Thür steht . Man glaube nicht , daß ich zu schwarz male ; jegliche Be - schreibung jener entsetzlichen Zustände bleibt weit hinter der Wirklichkeit zurück .
Durch fortwährende Berichte über barbarische chinesische Zustände , über die Gefahr der Kulieinwanderung , der Leprosy zc . wurde die weiße Bevölkerung San Franciscos während der letzten Zeit in anhaltende , stets sich steigernde Aufregung versetzt . Als nun vor Kurzem ein im Dienste der „ Sam - Aup - Compagnie " stehender Chinese mit Namen Ah ? ) uh bekannt machte , daß nach den Büchern der Compag - nien sich bereits 25 , 000 Chinesen in dieser Stadt und 121 , 000 im Staate Calisornien befänden ( beinahe die
Chinesen in San Francisco . 251
doppelte vom Vereinigten - Staaten - Census angegebene Zahl ) und 17 Millionen bereit seien , ihnen zu folgen , als er den Wortlaut von einem in Canton abgeschlossenen Dienst - vertrage eines Kulis mittheilte , der sich darin verpflichtet , einer der Compagnien für 6 Dollars per Monat zu dienen , und jener behauptete , daß die Compagnien solche Verträge erzwängen : c . , hieß dies gleichsam den Funken in ein Pul - verfaß werfen , zumal alle paar Tage ein neues Schiff mil Kulis hier anlangte . Die chinesischen Compagnien hatten die Frechheit , diesen Ausspruch des biedern Ah A ) uh dadurch gleichsam zu sauctioniren , daß sie an allen Straßenecken im Chinesenquartier gelbe 2 bis 3 Fuß große Placate anschla - gen ließen , worauf die Worte standen :
„ 500 Dollars für den , der Ah Auh todtschlägt ! "
Es ist wohl noch nie in einem civilisirten Lande vorge> kommen , daß auf solche Weise öffentlich eine Ausforderung zum Morde geschah . Wie weit die Macht jener großen Gesellschaften geht , erhellt fchon daraus , daß der von den hiesigen Gerichten angestellte Dolmetscher sich aus Furcht vor der chinesischen Vehme auf das Heftigste weigerte , den Inhalt des Placats zu übersetzen , und nur mit Gewalt dazu gezwungen werden konnte .
Daß der Kulieinwanderung sowie der Macht der gro - ßen chinesischen Compagnien , dieses Staates im Staate , energisch ein Riegel vorgeschoben werden muß , leuchtet wohl jedem Unbefangenen ein . Natürlich soll nicht der Gewalt das Wort geredet werden , wogegen sich auch die ganze bessere weiße Bevölkerung von San Francisco entschieden erklärt hat . Der Mord eines harmlosen Chinesen auf offener Straße , welcher hier vor einigen Tagen durch weiße Halun - ken verübt wurde , wird allgemein verdammt und gewiß auf das Strengste bestraft werden . Was aber auf dem Wege gesetzlich erlaubter Mittel geschehen kann , um den chinesischen Augiasstall zu säubern , sollte nicht unterbleiben , denn dem allgemeinen Jndignationsgefühl über diese Chinesenwirth - schaft , dem Verlangen der weißen Arbeiter um Schutz ge - gen die Kulieinwandernng muß Rechnung getragen werden , oder es stehen uns blutige Tage bevor .
Die Gesetze und Mittel , welche , zunächst als Sanitätsmaß - regel , zu einer indirecten Beschränkung der Kulieinwandernng angewandt worden sind , bestehen hauptsächlich in Folgendem , wobei die unverhohlene Absicht vorliegt , den Aufenthalt hier sür „ John Chinaman " so unleidlich wie möglich zu machen .
Zunächst ist die „ Kubikluft - Verordnnng " zu nen - nen , wonach jedem schlafenden Chinesen 500 Kubiksnß Raum gegeben werden muß . Die hiesige hochlöbliche Poli - zei , welche , in Folge der nicht mehr fernen städiischen len sich gern beliebt machen möchte und plötzlich eine bei ihr sonst ganz ungewohnte Energie in Allem , was die Chine - sen betrifft , an den Tag legt , hat bereits damit begonnen diesen Ukas kräftig auszuführen , und eine Anzahl der schlimmsten chinesischen Schlafquartiere gesäubert . Ein Bei - spiel wird genügen , um eine Idee von jenen Logirhäusern zu geben . In einem dunkeln Keller an der Jacksonstraße , der 18 Fuß breit , 4 5 Fuß laug und 8 Fuß hoch war , also 6480 Kubikfuß Raum , nach der Verordnung genug für 13 Schlafgäste , enthielt , fand man bloß sage 55 schlummernde Mongolen . Zu drei über einander zogen sich an den sench - ten Wänden die mit Lumpen bedeckten Lagerstätten hin , und der in dem engen gar nicht ventilirten Räume herrschende Dunst war so scheußlich , daß der hineindringenden Polizei - Mannschaft fast der Athem ausging . Nachdem der Kubik - iuhalt der Pesthöhle flüchtig mit Kreide an der Wand aus - gerechnet worden war und man die erschreckten Insassen aus den Betten gerissen und schnell gezählt hatte , trieb man die - selben ins Freie , band je 5 und 6 mit den Zöpfen zusam -