Adam Quiroga: Calchaqui-Altertümer.
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stück eines geprefsten Glasringes und Stücke geglätteten
Lehmbewurfs enthielten. Ferner konnte ein Blockhaus
rechteckiger Form (7,50 X 4,20 m) festgestellt werden,
dessen eingerammte Pfosten deutliche Spuren hinter
lassen haben; die Zwischenwände bestanden aus leicht
vergänglichem Flechtwerk mit Lehmbewui’f. Das Haupt
gebäude war aber ein steinernes Wohnhaus von 7,30
bis 8 m im Lichten. Die 0,65 bis 0,70 m starke Mauer
ist im Aufgehenden noch nahezu bis zu 1 m Höhe er
halten und zeigt ziemlich sorgfältige Schichten von
Kalkbruchsteinen in Lehmverband; von Mörtel fehlt jede
Spur. Der Eingang lag in der Mitte der Westseite. Der
Oberhau wird wohl aus Fachwerk bestanden haben, worauf
vielleicht auch zwei Vorgefundene eiserne Klammern hin-
weisen. Im Innern des Gebäudes kamen zum Vorschein
eine Mittel-La Tenefibel und verschiedene andere La
Tenesachen und zwar unter Umständen, welche die
Gleichzeitigkeit des Hauses aufser Zweifel setzen. Es
war wohl der Sitz des Stammeshäuptlings.
Hiermit sind wir aber bereits in die historische Pe
riode eingetreten, wo auch die Nachrichten der Schrift
steller und bildnerische Darstellungen wie die der Marc
Aurelsäule einsetzen 2 ). Wenn Strabo das belgische Haus
als tholosartig aus Brettern und Weidengeflecht erbaut und
mit Stroh und Schilf abgedeckt bezeichnet, so erkennen
2 ) Vgl. auch A. Biese, Das rhein. Germanien in d. antiken
Litteratur S. 433f.; Keller, Mitt. d. ant. Ges. Zürich, VII,
S. 190 f.; VIII, S. 56 f.; Henning, Zur Gesch. d. deutsch. Hauses,
S. 4 und Nachtrag; Meitzen, Gesch. d. deutsch. Hauses und
Siedelung und Agrarwesen öfters.
wir leicht in ihnen die besprochenen runden Hütten aus
Fachwerk und Lehmbewurf wieder, und die taciteische
Beschreibung der germanischen Hütten „. . . . materia
ad omnia utuntur informi (nämlich Lehmfachwerk) . . .
solent et subterraneos specus aperire eosque multo in-
super fimo onerant, suffugium hiemis et receptaculum
frugibus“ erinnert uns sofort an die Mardellen-
wohnungen.
Selbst in den römischen Grenzkastellen finden wir
diese Grubenwohnungen nicht selten, runde und vier
eckige, mitten unter stattlichen römischen Steinbauten
mit Mörtel - und Ziegelwerk. Die aus einheimischer
Bevölkerung rekrutierende Besatzung blieb eben ihren
alten Gewohnheiten treu, welche zudem manchen prak
tischen Vorteil hatten, wie unsere Bevölkerung auf den
Höhen des Odenwaldes und Schwarzwaldes nicht ohne
Grund so sehr an ihren Strohdächern hängt.
Ein Zusammenhang zwischen den Formen der vor
römischen Wohnungen und den ältesten deutschen
Haustypen kann bis jetzt nicht mit Sicherheit erkannt
werden, wie Henning mit Recht gegen Meitzen festge
stellt hat, da wir zu wenig über die Einrichtung jener
vierseitigen Holzhäuser wissen.
Zum Schlüsse gehe ich noch einmal dem Wunsche
Ausdruck, es möchte bei den Grabhügeluntersuchungen,
mehr als es bisher geschehen ist, auch den meist in der
Nähe befindlichen Hüttenresten nachgespürt werden. Bei
sorgfältiger Ausgrabung können sie uns manches er
zählen, was für die Kulturgeschichte nicht ohne Inter
esse ist.
Calchaqui-Altertümer,
Nach Adam Quiroga.
Der nördliche Teil der argentinischen Provinz Tucu-
man und die angrenzenden Bezirke der Provinzen Salta
und Catamarca bildeten in den Zeiten der spanischen
Herrschaft eine eigene Landschaft, welche nach dem
dort hausenden Indianerstamme „Calchaqui“ (sprich:
Ivaltschaki) genannt wurde. In der neuesten Zeit hat
man dort an verschiedenen Stellen Ausgrabungen vor
genommen und eine nicht unbedeutende Beute gemacht,
insbesondere war es Don Manuel B. Zavaleta, der mit
Umsicht und Sachkenntnis eine ansehnliche Sammlung
von Altertümern zusammenbrachte. Es ist sehr fraglich,
oh letztere sämtlich oder überhaupt auf die Calchaqui-
Indianer zurückzuführen ist, es spricht vielmehr manches
dafür, dafs vor den Calchaqui ein höher civilisierter
Stamm in jenem wilden Gebirgslande wohnte, der von
den barbarischen Eroberern vernichtet worden ist, und
zwar nicht nur der Stamm als solcher, sondern mit ihm
auch seine eigene Civilisation. Gleichwohl hält man an
der Benennung Calchaquialtertümer fest, weil eine „na
tionale“ Sichtung bei den geringen Kenntnissen, die wir
über jene präcolombischen und colombischen Zeiten be
sitzen, nur (zu unfruchtbai’en Hypothesen und Irrtümern
vorläufig führen würde, und weil Calchaqui nicht blofs ein
Stammes-, sondern auch ein geographischer, ein Land
schaftsname, ist.
Die gefundenen Objekte sind zumeist aus Thon her
gestellt und da erregen zunächst die Totenurnen unsere
Aufmerksamkeit. Sie haben einen kleinen Bauch und
einen langen und weiten Hals. Der Mund ist mit einer
Thonplatte verschlossen, welche dieselbe reiche Ornamen-
tierung aufzuweisen hat, wie die Aufsenwände des Ge-
fäfses. Im Innern dieser Urnen finden sich „Leichen ,
angeblich von Kindern, wie dies auch der Beschreiber
(Dr. Quiroga) aus dem Umstande schliefst, dafs keine der
Urnen höher ist als 3 / 4 „demnach nicht die Leiche
eines Erwachsenen bergen konnte“, doch ist gerade aus
diesem Satze herauszulesen, dafs diese Totenreste nicht
genau untersucht worden sind, denn nicht die Höhe der
Urnen, sondern die Skeletteile würden für die Frage von
Entscheidung sein, ob in diesen Krügen Erwachsene
oder Kinder (angeblich als Opfer der Regengottheit)
beigesetzt wurden. Diese Krüge findet man in der
Erde vergraben vor. Bei jeder Urne sind Beigaben vor
handen, als Idole, Wasserkrüge (die sogenannten Yuros,
welche meist die Form eines Tieres haben, dessen Rachen
den Mund des Kruges bildet), Hausgeräte und Schmuck,
unter letzterem Spangen, Ohrgehänge, Armbänder aus
Kupfer, Bronze oder Gold, und Halsbänder aus Malachit
kügelchen.
Die vorherrschende und Grundfarbe dieser Urnen
ist ein helles Braun, die Ornamente sind in Schwarz,
Rot und Fleischfarbe ausgeführt 1 ). Die Ornamente be
stehen meist aus Kurvenlinien, doch kommt auch die
geradlinige Ornamentierung häufig vor, unter 143 Urnen
der Sammlung Zavaleta giebt es 25 Stück, die nur gerad
linige Muster aufzuweisen haben, Netzmustex*, Zickzack
linien, gewöhnliche Kreuze, Malteserkreuze, Schachbrett
(die Felder alternierend tingiert), Ti’iangeln, Quadrate
mit einem Punkt in der Mitte, Schlangen in gebrochenen
Linien (mit einem Kopfe in Rautenform). Auf einigen
Urnen findet man auch Kreise mit einem Punkte oder
einem Sterne in dem Centrum. Auf 108 Urnen herrscht das
Kurvenmuster oder dieses kombiniei’t mit dem gerad
linigen vor.
0 Seltener kommt die gelbe Farbe vor.