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Full Text: Globus, 72.1897

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Adam Quiroga: Calchaqui-Altertümer. 
Was den figuralen Schmuck dieser Urnen anbelangt, 
so stellt dieser „Idole“ in menschlicher wie tierischer 
Gestalt, insbesondere Schlangen dar. Diese Figuren 
sind teils nur roh gemalt, teils auch in erhabenem Relief 
angebracht. Die Idole haben meist lange Arme, welche, 
den Bauch der Urne umschliefsend, sich hier die Hände 
reichen. Menschliche Figuren, welche Erwachsene 
immer darstellen, pflegen auf kleinen Täfelchen (Medail 
lons) sich vorzufinden. Auf zwei Urnen sind zwei reich 
gekleidete Weiber gemalt, auf der einen der beiden 
Urnen hat das eine Frauenzimmer statt eines mensch 
lichen Hauptes den Kopf eines Nandu (südamerikanischen 
Straufses). Die Kleidung aller menschlichen Figuren 
erinnert an die Grottenbilder von Cara-huasi, die in 
dieser Zeitschrift abgebildet worden sind. Das Profil 
der Köpfe zeichnet sich durch die grofse hakenförmig 
gekrümmte Nase aus. 
Auf einem Dutzend dieser Urnen tritt als Haupt 
ornament die Schlange auf. Meist ringelt sie sich um 
die Mitte des Kreuzes und weist einen oder zwei Köpfe 
von unverhältnismäfsiger Gröfse auf. Bei einzelnen 
Urnen schlängelt sich dies Ungeheuer so, dafs die Augen 
der Schlange gerade über jenen des in der Urne bestat 
teten Toten zu liegen kommen, so, als ob der Tote 
durch die Augen der Schlangen gleichsam zu schauen 
hätte. 
Häufig ist auf dem Bauche des Kruges der Straufs 
abgebildet, und zwar wie er mit ausgespreizten Flügeln 
vor dem Winde läuft. Manche Straufse haben auf dem 
Körper ein einfaches oder Malteserkreuz eingezeichnet. 
Auf einer Urne tragen die Straufse eine zweiköpfige 
Schlange im Schnabel. 
Die gewöhnlichste Figur ist jene des „Gottes mit 
den dicken Augenbrauen“, aus dessen verzerrten grofsen 
Augen Thränen herabrollen. Der Hals der Urne bildet 
den Hals und Kopf des Idoles, der Bauch der Urne den 
Rumpf des Götzenbildes, dessen Arme bei dem in Relief 
erhabenen Nabel endigen. Das Götzenbild, das auf 
diese Weise eine Gesichtsurne bildet, besitzt keine Beine 
und Füfse, ebenso wenig Ohren. Das Gesicht ist mit 
Ornamenten (Nachahmung von Tättowierung?) in Linien-, 
Kurven-, Schlangen- und anderen Mustern bedeckt. 
Mancher dieser Gesichtsurnen fehlen die Thränen, mancher 
der Mund, anderen die Arme, der Gesamttypus bleibt 
aber immer derselbe, er findet sich an 75 Gefäfsen vor. 
Eine der Urnen sieht wie ein Blumentopf aus, der 
Boden dieses Gefäfses besteht aus Blei(?). 
Die Pucos oder Urnendeckel bilden in ihren Orna 
menten eine Ergänzung des zugehörigen Kruges. In 
dem Museum Zavaleta finden sich viele Pucos vor, zu 
denen die entsprechenden Urnen fehlen. Im allgemeinen 
kann man sagen, dafs die Pucos aus feinerem Material 
und mit gröfserer künstlerischer Vollendung gearbeitet 
sind, als die Urnen selbst. 
Unter den Idolen, welche bei den Urnen eingegraben 
sind, ist eines bemerkenswert, es stellt eine weibliche 
Figur dar, deren Geschlechtsteile durch die bekannte 
Rautenzeichnung (mit einer Diagonale), tout comme 
chez nous, markiert sind. Einzelne Idole besitzen einen 
Kopf, der den gewöhnlichen Indianertypus aufweist, 
Köpfe anderer Idole besitzen einen geöffneten Riesen 
rachen, in welchem die starken, spitz auslaufenden Zähne 
sichtbar sind. 
Ein mit einem Phallus versehenes Idol ist hohl, 
scheint demnach auch als Trinkgefäfs benutzt worden 
zu sein. Ein anderes phallisches Idol steht statt auf seinen 
Beinen auf seinen Hoden. Ein kleines Beigefäfs aus 
schwarzem Thone stellt den gesamten männlichen Zeu 
gungsapparat dar. 
Unter den kleinen aus Stein verfertigten Idolen er 
innert eines lebhaft an die Aimarämumie in Corolens 
„Amerika“. Die vollkommensten Idole, welche meist 
Tierköpfe aufweisen, stammen von Salta her; sie sind 
nicht alle aus Stein hergestellt, sondern es giebt auch 
solche aus Thon, ja einige sind aus Bein. 
Die kleinen Beigefäfse, welche sich in der Nähe der 
oben erwähnten Urnen in der Erde vorfinden, zeichnen 
sich durch aufserordentliche Sorgfalt aus, mit der sie 
gearbeitet sind. Die Muster und Zeichnungen sind mit 
grofser Genauigkeit ausgeführt und die Farben sind 
leuchtend und gut kombiniert. 
Unter den Steinbeilen finden sich mehrere vor, die 
offenbar keinem praktischen Zwecke dienen konnten, 
was die Ansicht Brintons zu bestätigen scheint, dafs die 
Axt bei den Indianern das Zeichen der Autorität war, 
wie bei uns Scepter und Schwert. Steinmörser giebt 
es auch, sie sind mit Reliefbildern geschmückt. 
Nicht minderes Interesse flöfsen die Objekte aus 
Kupfer ein, deren giebt es verschiedenerlei Art: Glocken, 
Idole, Schmuckgegenstände, grofse und kleine Platten. 
Nicht immer ist reines Kupfer angewandt worden, auch 
Bronze war den Indianern von Calchaqui bekannt. An 
allen Gegenständen, die die Stelle unserer Glocken oder 
der chinesischen Gongs vertreten, erblickt man immer 
eine und dieselbe Figur (vier kreisförmig gestellte 
Menschenköpfe in stilisierter Form) vor, sie scheint die 
Gottheit des Schalles darzustellen. Kleine Scheiben, 
welche beim Anschlägen einen Glockenton von sich 
geben, sind ebenfalls mit Zeichnungen versehen, über 
dies durchbohrt, denn sie werden von den Eingeborenen 
auf der Brust getragen. Die Glocken sind alle sehr 
flach, geben aber einen guten Klang. Die Zeichnungen 
auf allen diesen Metallgegenständen sind in erhabener 
Arbeit (Relief) angebracht. Die Kupferäxte haben die 
Form eines grofsen lateinischen T. 
Unter den Schmuckgegenständen aus Kupfer sind 
auch Ringe zu zählen. Die aus Bein oder Holz ver 
fertigten Zierate zeichnen sich weder durch Sorgfalt in 
der Ausführung noch durch besonderen künstlerischen 
Wert aus, mit einer einzigen Ausnahme: einer Schale 
aus schwarzem Holz, die mit einem Gruppenbilde von 
Idolen verziert ist, welche an mexikanische Altertümer 
erinnern. 
Die Waffen, Beile und Pfeile sind teils aus Bronze 
und Kupfer, teils aus Stein verfertigt. Die Pfeilspitzen 
sind meist aus Quarz geschlagen und erinnern sehr an 
die Feuersteinpfeilspitzen der Alten Welt. 
Unter den Vorgefundenen Schädeln giebt es einige, 
welche die Aymara - Deformation aufweisen. Ten Kate 
wird sie einer eingehenden Untersuchung unterziehen. 
(Nach Boletin del Instituto Geografico, Argentino Tomo 17, 
1896.)
	        
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