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Erforschung des Chonos- und Guaitecas-Archipels."
er Panee zu, „verstecke dich mit deinen Leuten im
Marae. Wenn Hurimaavehi kommt, so schlage ihn“,
befahl er seinem Vater. Der Arii von Vaiari liefs nicht
lange auf sich warten, die Entfernungen waren nicht
grofs und die Krieger eines Distrikts konnten schnell
versammelt werden. Oros Schlachtplan gelang; Huri
maavehi wurde geschlagen und mufste fliehen. Oro
folgte ihm, unterwarf Mataeia und Vaiari und zwang
diese Distrikte, ihm Heeresfolge zu leisten. So wurde
Papara das Haupt der Teva.
Hurimaavehi war nach Hitiaa geflohen; auch dahin
folgte ihm Oro nach, wurde aber von Teriitua, dem
Arii von Hitiaa, aufgehalten. Bei der Grenzregulierung
beanspruchte Oro ein Stück Land, von dem Teriitua
behauptete, dafs es ihm gehöre. Sie kamen überein, die
Entscheidung den Göttern zu überlassen. Oro war
ebenso vorsichtig als tapfer; er verbarg seinen Freund
Aia in einem hohlen Baum nahe der von ihm gefor
derten Grenzlinie, während Teriitua es versäumte, sein
Orakel mit einer Stimme zu versehen. Als er daher
seinen Gott anrief, blieb alles stumm; sobald aber Oro
fragte: „Ist die Grenze hier?“ tönte dumpf, wie aus der
Tiefe der Erde kommend, die Antwort: „Hier!“ Die
Götter hatten geurteilt und die Grenze wurde nach Oros
Wünschen festgelegt. ■
Taurua.
Um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts war
Tuiterai Arii der Teva, ein Häuptling, der Wein,
Weib und Gesang über alles liebte und von keiner
schönen Frau sprechen hören konnte, ohne nicht so
gleich für sie zu entbrennen. Zu gleicher Zeit lebte in
Tautira Tavi, ein ebenso edler wie mächtiger Häupt
ling; sein Weib Taurua galt für die schönste Frau
ihrer Zeit. Tuiterai hätte viel um ihren Besitz gegeben,
doch stand sie als Tavis Frau zu hoch, um sich ihr
ohne weiteres nahen zu können. Er wählte daher die
unter Pläuptlingen gebräuchliche höfliche Form und
sandte einen Boten an Tavi mit dem Ersuchen, ihm
seine Frau für sieben Tage zu überlassen, nach welcher
Zeit er sie ihm zurückzusenden versprach. Ein solches
Verlangen kam unter den Arii zwar selten vor, einmal
gestellt, war es aber nicht möglich, die Bitte abzu
schlagen, wollte man Streit und Krieg vermeiden. Tavis
Wünschen entsprach es durchaus nicht, sein Weib aus
zuleihen, aber aus politischen Rücksichten liefs er
Taurua nach Papara ziehen. Diese scheint keinen Ein
wand erhoben zu haben; die Entscheidung lag bei dem
Manne; war dieser zufrieden, so war es die Frau ge
wöhnlich auch.
Tuiterai empfing Taurua auf das glänzendste, ver
liebte sich sterblich in sie, nahm, um ihr zu schmeicheln,
den Kamen Arorua (aro = Brust, rua == zwei) an,
verweigerte aber am siebenten Tage ihre Zurücksendung.
Dies war eine Beleidigung der schwersten Art. Tavi
sammelte sofort seine Krieger und schickte sie nach
Papara mit dem Befehl, Tuiterai zu töten, das Land zu
verwüsten und Taurua zurückzubringen. Die Aufgabe
wurde gelöst bis auf einen Punkt. Tuiterai war ver
wundet gefangen genommen und gebunden worden; als
er getötet werden sollte, widersetzte er sich mit dem
Einwurfe, dafs ein so hochstehender Häuptling wie er
nur von einem Manne gleichen Ranges, niemals von
einem niederen den Tod empfangen könne. Der Arii
von Papara war, ebenso wie Tavi, einer der drei Häupt
linge Tahitis, die infolge ihres Ranges schon bei Leb
zeiten heilig waren, die Krieger wagten deshalb trotz
des direkten Befehls ihres Herrn nicht, Hand an ihn zu
legen, da sie den Einwurf als stichhaltig anerkennen |
mufsten. Gebunden brachten sie ihn nach Tautira.
Tavi war sehr ungehalten. Zwar hatte er das Recht,
Tuiterai zu töten, aber es widersprach tahitischer Sitte,
jemand in seinem eigenen Hause mit seinen eigenen
Händen umzubringen; er sah sich daher gezwungen,
das Leben seines Nebenbuhlers zu schonen. Noch mehr;
da er nur zwischen zwei Dingen wählen konnte, ent
weder gründlich Rache zu nehmen oder gänzlich zu
verzeihen, so mufste er, wenn er sich zu letzterem ent-
schlofs, Tuiterai als Gast und als seinesgleichen be
handeln. Der Häuptling war kein Mann, der etwas
nur halb that: er schenkte Tuiterai das Leben, die
Freiheit und aufserdem noch Taurua.
Die Worte, mit denen Tavi sich von dieser trennte,
sind in einem Gesänge aufbewahrt, den man heute noch
auf Tahiti hören kann:
A mau ra i te vahine ia Taurua.
Tou hoa ite ee e matatarai maua e.
Taurua horo poipoi oe iau nei.
To aiai na pohe mai nei au ite ono.
Nau hoi oe i teie nei ra.
A mau ra ia Taurua tou hoa ite ee.
Matatarai mauai maua e.
„Nimm sie denn hin, Dein Weib Taurua, mein
Freund! wir sind getrennt, sie und ich! o Taurua, Stern
des Morgens für mich! Für ihre Schönheit möchte ich
mein Leben geben. Du warst mein, aber nun — nimm
denn Taurua, mein Freund! wir sind getrennt, sie
und ich!“
Erforschung des Chonos- und Guaitecas-Archipels.
Dieser zerrissene, der Südwestküste Chiles zwischen 47 und
46° südl. Er. vorgelagerte Archipel ist von dem schwedischen
Naturforscher Düsen in der ersten Hälfte des laufenden
Jahres erforscht worden. Die Chiloten, welche Melinca, den
einzigen dauernd bewohnten Ort auf den vielen Inseln be
suchen, teilen das ganze aus mehreren 1000 Eilanden bestehende
Heer von Inseln in zwei ziemlich gleiche Teile, von denen
sie den nördlichen die Gruppe der Guaitecasinseln, den süd
lichen die der Clionosinseln nennen. Die bisherige Geographie
wandte den Namen Guaitecas nur auf die verhältnismäfsig
geringeren Eilande in der Nähe und hauptsächlich westlich
von Melinca an, fafste dagegen alle die vielen grofsen und
kleinen Inseln zwischen dem Kanäle Tuamapu und der Halb
insel Taitao als Chonosarchipel zusammen. Alle diese vielen
südwärts von Chiloe aufragenden Eilande und Klippen sind
sehr gebirgig, aber auf der Guaitecasgruppe erreicht kein
Gipfel die Höhe von 400 Metern. Sie sind nicht vulkanisch,
wie die Anden, bilden auch selten deutliche Kegel, sondern
meistens langgeschwungene Rücken. Sie bestehen alle wesent
lich aus Glimmerschiefer, ebenso wie das Küstengebirge von
Chiloe, Llanquihue und Yaldivia. In diesen Schiefern finden
sich viele Einlagerungen von Quarzit.
An einzelnen Stellen finden sich tertiäre, also bedeutend
neuere Bildungen von Sandsteinen und Konglomeraten. Ver
steinerungen wurden nicht gefunden. An vielen Abhängen
und Stufenbildungen hat sich Torf gebildet, an der Südseite
von Puerto Lou ein gröfseres Torfmoor.
Sehr deutlich waren die Spuren einer früheren Eiszeit.
Wahrscheinlich waren die Inseln, der jetzige Golf und das
Gebirgslabyrinth im Osten bis zu dem Kamme der dort sich
ausdehnenden Andencordillere, einst von einer ungeheuren
Eisdecke überlagert. Dieses Eisdach, welches in eine Anzahl
Gletscher zerfiel, schob allsommerlich, wenn das Schmeiz-
wasser sich unter ihm sammelte, seine gewaltigen Eismassen
gegen die Guaitecasinseln und zwischen ihnen hindurch nach
dem wahrscheinlich schon in entlegener Vorzeit vorhandenen
pacifischen Oceane. Diese Annahme wird bestätigt durch
die an vielen Stellen, besonders nahe am Strande, vorhan
denen Ritzspuren und ausgeschliffenen Eelsahhänge. Die
Ostseite der Felsen, welche, jener Erklärung entsprechend,
den Anstofs und Hauptdruck der Eismassen auszuhalten
hatte, zeigte besonders deutlich diese Spuren des Druckes
und der Reibung; sie bildete eben die Stofsseite jenes Inland
eises, während die Westseite von diesem Anstürme der Eis
massen viel weniger, stellenweise gar nichts, zu leiden hatte,