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Full Text: Globus, 72.1897

Globus LXXII. Nr. 15. 
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GLOBUS. 
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- und VÖLKERKUNDE 
VEREINIGT MIT DER ZEITSCHRIFT „DAS AUSLAND“. 
HERAUSGEBER: Dr. RICHARD ANDREE. VERLAG von FRIEDR. VIEWEG & SOHN. 
Bd. LXXII. Nr. 15. BRAUNSCHWEIG. 16. Oktober 1897. 
Nachdruck nur nach Übereinkunft mit der Verlagshandlung gestattet. 
Beiträge zum Märchenschatz der Afrikaner. 
In Afrika gesammelt und ans afrikanischen Sprachen übersetzt 
von Gottlob Adolf Krause. 
Im folgenden gebe ich einige Proben der Mund- 
litteratur von vier afrikanischen Stämmen. Diese vier 
Stämme sind die Aschingini, die Haussawa, die Dag- 
bamba und die Sarma. Über die Sprachen dieser 
Stämme mögen zuerst einige Bemerkungen gestattet 
sein. 
Die Aschingini, welche Tschi-Schingini sprechen, 
wohnen östlich vom Niger, nördlich von Nupe, etwa 
zwischen 10 und 11° nördl. Br. Sie sprechen eine Bantu 
sprache, die bisher unbekannt gewesen ist, nur in Koelles 
Polyglotta Africana findet sich unter „Kambari“ ein 
Wörterverzeichnis, das dieser Sprache angehört. Wer sich 
über die Märchenlitteratur der Bantu näher unterrichten 
will, findet Aufklärung in dem 20. Bande der Collection 
de Contes et Chansons Populaires. Contes Populaires 
des Bassoutos (Afrique du Sud). Recueillis et traduits 
par E. Jacottet, Paris 1895 und in den Ergänzungen, 
die der verdienstvolle unermüdliche Erforscher westha- 
mitischer Sprachen und Dialekte und eifrige Folklorist, 
Herr Prof. René Basset in Algier, in der in Deutschland 
wohl wenig bekannten Revue des Traditions Populaires, 
Paris 1896, gegeben hat. 
Die Haussasprache, südlich von der Sahara im mitt 
leren Sudan, in „Nigeria“, gesprochen, ist durch die 
Arbeiten Heinrich Barths, und besonders durch die 
J. Fr. Schöns längst bekannt. Im vorigen Jahre hat 
Rev. Ch. H. Robinson faksimilierte Haussa - Texte mit 
Umschrift und Übersetzung veröffentlicht. So wertvoll 
die ersteren, so wertlos sind die letzteren, in denen 
mehr als tausend Fehler, zum Teil unglaublichster Art, 
enthalten sind. Die Haussasprache gehört zu den ver 
breitetsten in Afrika. In deutschen, englischen und 
französischen Schutzgebieten Westafrikas — an der 
Togoküste befindet sich in Lome eine Haussakolonie 
und an der Kamerunküste werden sich Haussa in nicht 
zu ferner Zeit ansiedeln — spielt die Haussasprache 
eine Rolle und eine noch gröfsere ist ihr für die Zu 
kunft daselbst beschieden. Aus diesem Grunde bildet 
sie seit diesem Jahre — zunächst nur auf dem Papier, 
denn es giebt noch keinen Deutschen, der Haussa ver 
steht und lehren könnte — einen Lehrgegenstand im 
Seminar für Orientalische Sprachen zu Berlin und 
ebenso an der Universität Cambridge, wo Rev. Ch. H. 
Robinson als Lehrer berufen ist. 
Die Dagbam-ba, welche Dagban-ne sprechen, wohnen 
im Hinterlande der Gold- und Togoküste. Dagban-ne 
gehört zu den bantoiden Sprachen und ist bisher ganz 
unbekannt. Nur Herr von Carnap-Quernheimb hat ein 
bisher nicht veröffentlichtes Wörterverzeichnis aufge- 
nommen. 
Die Sarma, von den Haussa Saberma genannt, 
wohnen östlich vom Niger, südlich von der Sahara. 
Ihre Sprache ist bisher ganz unbekannt. Sie ist sehr 
nahe mit der Sprache der Songhai und der der Dendi 
verwandt. 
I. Aschingini. 
Sechs Märchen der Aschingini. 
1. Das Märchen von Fadschimata und Beledu 1 )- 
Tetschi tete 2 )- Es war einmal eine Frau, die gebar 
ein Kind, das war ein Knabe, und sie gaben ihm den 
Namen Beledu. Dann gebar sie wieder ein Kind, das 
war ein Mädchen, und sie nannten es Fadschimata. 
Der Knabe sagte, dafs er keinen anderen Menschen 
liebe als seine Schwester, und das Mädchen sagte, 
dafs sie keinen anderen Menschen liebe, als ihren 
Bruder. 
Als sie grofs geworden waren, sagten sie, dafs sie 
einander heiraten wollten. Als aber der Vater und die 
Mutter sie daran hinderten, wurden sie böse, nahmen 
eine Kürbisflasche und eine Kürbisschüssel und gingen 
zum Teich, zum Wasserloche und zum grofsen Flusse 
und schöpften das Wasser aus. Dann gingen sie weiter 
überall hin, wo Wasser war, schöpften es vollständig aus 
und gossen es in die Kürbisflasche, bis nirgends mehr 
Wasser vorhanden war. 
Darauf gingen sie in einen Wald, wo sie einen 
Seidenbaumwollbaum antrafen. Alle beide stiegen hinauf 
und wohnten dort. 
Eines Tages ging der Hase aus, um Gras zu schneiden. 
Als er müde geworden war, legte er sich zum Ausruhen 
unter einen Baum. Es war derselbe, auf dem das Ge- 
b Der Anfang des Textes im Tschi-Schingini lautet so : 
Itee i Fadschimata n Beledu. 
Tetschi tete. Vuka da, vumatschi maku ma vali, eneni 
kula Beledu. Umatsai meire ma vuka, eneni kula Fadschi 
mata. 
Maku ma vali madanai wakutschiga vusa viyoku ba sai 
yudaku vini, maku ma vuka udanai wakutschiga vusa viyoku 
ha sai vudakuni. 
2 ) Bedeutung war meiner Quelle unbekannt, wird nur am 
Anfänge von Märchen gebraucht.
	        
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