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Full Text: Globus, 72.1897

Gottlob Adolf Krause: Beiträge zum Märchenschatz der Afrikaner. 
231 
Am nächsten Morgen nahm sein Freund Stroh, legte 
es auf einen freien Platz und machte Schöbe daraus. 
Dabei fing er an, den Gesang der Hexen zu singen: 
„Kana dsclii taniba 
Kana dsclii musoro.“ 
Da kamen die Hexen hervor, vom Himmel („von oben“) 
sind sie auf die Erde gefallen. Alle Hexen haben sich 
versammelt. 
Die Männer machten sich nun fertig, ergriffen die 
Köcher und Messer, schossen sehr viel und töteten alle. 
Nur eine schwangere Frau hat sich gerettet, und sie hat 
eine Hexe geboren. 
Anm. Es gieht männliche und weibliche Hexen. 
Sie leben von den Seelen der Menschen. Je mehr sie 
von einer Seele essen, desto kraftloser oder kranker wird 
ihr Besitzer. Haben sie die Seele ganz aufgegessen, so 
stirbt der Mensch. 
Die Worte und ihr Inhalt des Hexenliedes waren 
meiner Quelle nicht bekannt. Sie können der Haussa- 
sprache angehören. Oh ihre Schreibung richtig ist, 
kann nicht versichert werden. Im Haussa heifst dschi 
hören oder fühlen, tschi essen, musoro ist die Wild 
katze. 
* * 
* 
4. Das Märchen vom Hunger. 
Tetschi tete. Es war einmal ein Hunger, der fiel 
auf das Land herab. 
Als der Hase ausgegangen war, um spazieren zu 
gehen , fand er ein Perlhuhn. Er zog ihm die Federn 
heraus und legte sie in seine Ledertasche, dann briet er 
das” Perlhuhn und afs das Fleisch, und als er durstig 
wurde, ging er fort, um zum Flusse zu gehen. Hier 
traf er einen Baum, welcher Mehlbrei (Polenta) trug. 
Er versuchte hinauf zu steigen, aber er fand keinen 
richtigen Ort. Dann stellte er sich aufrecht hin, hob 
die Erdhacke auf und warf sie nach dem Baume. Die 
Erdhacke fiel ins Wasser, die Nixen („Wassermenschen“) 
kamen und nahmen sie an sich. 
Jetzt warf er mit dem Bogen, auch er fiel ins Wasser, 
dann mit dem Ledersack, der gleichfalls ins Wasser fiel 
und von den Wassermenschen an sich genommen wurde. 
Zuletzt warf er mit dem Köcher, der auch ins Wasser 
fiel und in die Hände der Nixen geriet. 
Als der Hase nichts mehr zum Werfen hatte, sprang 
er in die Höhe, um den Mehlbrei zu erfassen, fiel aber 
ins Wasser und wurde von den Wassermenschen gefangen 
genommen. 
Als er bei ihnen war, sagte er, sie sollten ihn los 
lassen, er pflege Krokodilseier sehr schön zu verzieren. 
Darauf liefsen sie ihn los und bauten ihm eine Hütte, 
in der sie eine ganz kleine Öffnung frei liefsen. Sie 
gaben ihm seine Sachen zurück und er ging in die Hütte 
hinein. 
Wenn sie ihm Eier durch die Öffnung reichten , so 
nahm er sie weg und kochte sie, wenn sie ihm Mehl 
brei gaben, afs er ihn. 
So ging es viele Tage, immer gaben sie ihm Eier 
und er kochte sie. Zuletzt fragten sie ihn, ob die Eier 
schön geworden wären, er solle sie ihnen doch zeigen. 
Der Hase nahm eine Perlhuhnfeder und zeigte sie 
ihnen. Sie sagten: die Verzierung der Eier ist schön. 
Dann nahm er die Feder zurück und sagte zu ihnen, 
er wolle die Verzierung vollenden und inzwischen sollten 
sie für ihn jemand aussuchen, der ihn heimwärts be 
gleite. Gleichzeitig setzte er einen Tag für seine Ab 
reise fest. 
Als einige Tage vergangen waren, sagte er zu ihnen, 
dafs er morgen nach Hause gehen werde und fügte hinzu, 
sie sollten, wenn er abgereist, nicht am Morgen in 
der Hütte nachsehen, sondern warten, bis die Sonne die 
Mitte des Himmels erreicht habe. Das versprachen sie. 
Sie suchten nun den Grätenfisch 5 ) als Begleiter für 
ihn aus, er aber weigerte sich, ihn anzunehmen und 
sagte, dieser könne ihn nicht tragen. Dann wählten 
sie den Schleimfisch 6 ) aus, dafs er ihn begleiten sollte, 
aber er lehnte auch diesen ab und sagte, dieser würde 
ihm mit seinem Schleime lästig fallen. Nun bestellten 
sie als seinen Begleiter den Fisch, der Mango 7 ) heifst, 
und der Hase war damit zufrieden. 
Als der Hahn krähte, ging der Hase aus der Hütte 
heraus, um nach Hause zu gehen. Als die Sonne ein 
wenig hervorgekommen war, sahen sie in der Hütte 
nach und fanden, dafs der Hase alle Eier gekocht (und 
gegessen) hatte. 
Mango, riefen sie, Mango, kehre zurück mit diesem 
Menschen. 
Als der Hase das hörte, sagte er zum Mango, dafs 
seine Leute gesagt hätten, er solle schnell laufen; denn 
Gott stehe im Begriffe, mit Regen anzukommen (es wolle 
regnen). 
Nun fing der Mango an mit ihm zu laufen. Als sie 
weit entfernt waren, sagte der Hase zum Mango, er solle 
ihn niedersetzen, denn er wolle ausruhen. 
Als der Mango den Hasen niedergesetzt hatte, suchte 
dieser einen Stock und schlug den Mango damit tot. 
Dann suchte er Feuer, bxdet den Fisch und ging zu den 
Termiten und setzte sich dort hin. 
Während er afs, führten die Kinder der Termiten 
um ihn herum einen Bau auf, und als er mit dem 
Fleischessen fertig war und aufstehen wollte, konnte er 
nicht. 
Jetzt „schlug er den Mund“ 8 ). Als die Hasen das 
hörten, machten sie sich auf, um zu Hülfe zu eilen. Sie 
trafen den Hasen an und sagten ihm, dafs sie Hülfe- 
geschrei gehört hätten, dieser aber erwiderte, dafs er 
nichts wisse, und so gingen sie weiter. 
Nach einer Weile erhob er von neuem Hülfegeschrei. 
Als aber die Antilopen herbeikamen und ihn fragten, 
wer um Hülfe gerufen habe, antwortete er, dafs er es 
nicht wisse und dafs er sich eben fertig machen wolle, 
um selber nachzusehen, wer Hülfe bedürfe. Darauf 
entfernten sie sich wieder. 
Auf erneutes Hülferufen kamen die Wildschweine 
zum Hasen, dieser aber sagte ihnen dasselbe, was er den 
Antilopen gesagt hatte, worauf sie wieder weggingen. 
Etwas später rief der Hase noch lauter um Hülfe, 
als zuvor. Als der Büffel 9 ) das hörte, ging er hin und 
traf den Hasen an und sagte ihm, dafs er habe um Hülfe 
rufen hören. 
„Ich bin es selbst, der um Hülfe gerufen hat“, sagte 
der Hase. 
6 ) Dieser Kisch heifst mo-waa (jeder Vokal ist mit Nasa 
lisation wie im Französischen zu sprechen), Plural n - waa. 
Er ist handgrofs, hat viele Gräten und auf dem Kücken 
Knochen (eine Säge), womit er die verwundet, die ihn an 
greifen wollen. 
6 ) Er heifst me-jene, Plural n-jene, sein Kücken ist schwarz, 
er wird metergrofs und ist sehr schleimig. 
') Der mango heifst im Haussa jauni (yauni). Er ist der 
gröfste Fisch in jener Gegend und sehr wohlschmeckend. 
Als die Fulbe überKabi herrschten, durfte kein Eingeborener 
diesen Fisch essen, sondern nur die herrschenden Fulbe. 
8 ) Das heifst er rief um Hülfe. Hülferufen geschieht durch 
Ausstofsen eines langen Schi-eies und durch wiederholtes 
schnelles Schlagen auf den Mund, so dafs der Schrei unter 
brochen wird. 
9 ) Büffel vi-gjeve, Plur. i-gjeve. Es ist nicht ganz sicher, 
ob das Wort den Büffel bezeichnet.
	        
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