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Full Text: Globus, 72.1897

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Aus allen Erdteilen. 
könig Mehemed Ali über die Ansiedelung jüdischer Acker 
bauer in Palästina verhandelte, scheinen neuerdings sich zu 
verwirklichen. Freilich lauten die Nachrichten wider 
sprechend über den Erfolg; indessen ist erst zu kurze Zeit 
vei’flossen, um ein endgültiges Urteil abgeben zu können. 
Schon 1870 begann die israelitische Allianz bei Jaffa auf 
einem von der türkischen Begierung geschenkten Grund 
stücke mit der Anlage einer jüdischen Ackerbauschule, die 
den Namen Mikveh Israel führt. Über ihre Erfolge urteilte 
der bekannte Baurat Schick in Jerusalem ungünstig, da die 
eingestellten jüdischen Jünglinge sich in der Stadt lieber 
anderer Beschäftigung ergaben und die Feldarbeit von Ein 
geborenen verrichten liefsen. Ein neuer Bericht des Konsuls 
der Vereinigten Staaten in Jerusalem und eine Schrift von 
W, Bambus (Bei’lin 1897) urteilen übereinstimmend und 
augenscheinlich nach derselben Quelle, aber keineswegs 
ungünstig. Bis jetzt siixd 22 jüdische Dörfer mit einem 
Areal von 370 qkm gegründet, hauptsächlich in Galiläa, wo 
Sichron Jakob mit 1000 Einwohnern das gröfste Dorf mit 
Synagoge, Schule, Arzt und Apotheke ist und wo Gewerbe 
und Weinbau, auch Bienenzucht getrieben wird. Auch 
Bischol l’Zion treibt hauptsächlich Obst- und Weinbau; in 
Gadrah hat man sich auf Cognacbrennerei geworfen. Alle 
diese neuen Kolonieen werden jetzt noch durch grofse Zu 
schüsse von auswärts untex-stützt; bei einzelnen hat es den 
Anschein, als ob sie demnächst auf eigenen Füfsen stehen 
können. 
— Die Islas Desventuradas San Ambrosio und San 
Felix, welche zu Chile geboren, sind im Oktober 1896 von 
Dr. Johow besucht worden, welcher im deutschen wissen 
schaftlichen Verein zu Santiago in Chile am 28. Juli darüber 
einen Vortrag hielt. Die unter gleicher Breite mit dem 
Hafen Caldera und in derselben Entfex-nung vom Kontinent 
wie Juan Fex-nandez gelegene Inselgruppe ist vulkanischen 
Ui'sprungs und stellt, wie die von dem Mitgliede der Expe 
dition Herrn Chaigneau ausgeführten Lotungen ergaben, die 
über Wasser befindlichen höchsten Gipfel einer im übrigen 
unterseeisch verlaufenden Bergkette dar, welcher auch die 
Inseln der Juan Fernandez - Gruppe als südlichste Gipfel 
angehören. Aus dem Vex-gleiche der Floren und Faunen 
beider Archipele, welche trotz der grofsen klimatischen Ver 
schiedenheiten schlagende Verwandtschaft aufweisen, ergiebt 
sich mit zwingender Notwendigkeit die Hypothese, dafs die 
zwei Inselgruppen in der Vorzeit mit einander in Land 
verbindung gestanden haben und dafs ihre Isolierung die 
Folge einer stattgehabten Senkung jener Bergkette ist. 
— Der Streit um die Entstehung der Korallen 
inseln scheint seinem Ende nahe zu sein und im Sinne der 
Darwinschen Ei’klärung entschieden zu werden. Er stellte 
nach seiner berühmten Beise um die Erde die Theoiüe auf, 
dafs die Korallen sich zunächst an seichten Stellen ansiedeln; 
während dann der Boden sich unter ihnen senkt, werden die 
neuen Generationen gezwungen, um im warmen und klai'en 
Wasser zu bleiben, auf den oberen Bändern des Korallen- 
i’iffes weiter zu bauen. Durch weitere Senkung entstanden 
dann die verschiedenen Arten von Kox-alleninseln, die wir als 
Saumriffe, Barriereriffe und Atolle unterscheiden. Darwins 
Theorie hat in neuerer Zeit verschiedene Gegner gefunden, 
welche an die Stelle der Senkung andere Erklärungen setzten, 
so Dana, Semper, Bein u. a. 
Um durch Bohr versuche der Sache auf den Grund zu 
gehen, wurde im verflossenen Jahre die Sollassche Expedition 
nach der Südseeinsel Funafuti ausgesendet, die aber ohne 
ausschlaggebendes Ergebnis blieb. Infolgedessen wurde unter 
der Leitung der australischen geographischen Gesellschaft am 
3. Juni von Sydney aus abermals eine Bohx-expedition, geführt 
von Prof. David, nach dem Korallenatoll Fuxxafuti (Ellice- 
Gruppe) gesendet, welcher erfahrene Ingenieure und Bohr 
meister und ein ganz vorzüglicher Bohrapparat mitgegeben 
wurde, der für eine Tiefe von 1000 Fufs ausreichte. Nach 
einem Telegramm aus Melbourne vom 3. Oktober ist die 
Expedition völlig von Erfolg begleitet gewesen und hat die 
Darwinsche Theorie der Bildung der Korallen 
inseln bestätigt gefunden. Der Diamantbohrer ging 
557 Fufs (170 m) im Korallenfels nieder, ohne eine Grundlage 
aus anderem Gestein zu ex-reichen. 
— Wie Le Mouvement géographique meldet, hat seit 
Dr. Pogge (1876) und Dr. Max Buchner (1878) im Juni 1896 
der belgische Leutnant Michaux, Kommandant von Lu 
sambo am Sankuru, als erster Eux-opäer wieder das Lunda- 
reich betreten. Paul de Maiünel war wohl den Sankuru 
aufwärts bis Mutumbo-Mukulu vox-gedrungen, hatte sich aber 
dann südöstlich gegen Katanga gewendet. Michaux dagegen 
überschx-itt bei Mutumbo-Mukulu (7° 57' südl. Br. und 23° 51' 
östl. L. v. Gr.) den Sankuru nach Westen und erreichte nach 
kurzem Marsche Mussumba, die gegenwärtige Besidenz 
des Lundafürsten, unter 8° südl. Bx\ und 23° 30' östl. L. v. Gx\ 
Dieses Mussumba befindet sich um etwa einexx halben Grad 
weiter nordöstlich, als die zwei verschiedenen Mussumbas”zu 
Pogges und Büchners Zeiten. Der gegenwärtige Matiamvo 
blieb also der Sitte seiner Vorfahren treu, beim Thx-on- 
wechsel die Besidenz in eine entfex-ntere Gegend zu vex-legen. 
Das heutige Mussumba liegt am linken Ufer des Luele 
[wahrscheinlich des Buschimax der Habenichtschen Karte 
(1892)] und zählt etwa 30 000 Einwohner (nach natürlich 
nur ganz oberflächlicher Schätzung). Die sehr niedrigen 
Hütten sind kx-eisrund mit hohem Kegeldach. Die Stadt 
wird von einer Palissadenmauer umgeben, durch welche nur 
ein einziger Zugang führt; um die Befestigung läuft ein 
Gx-aben von 10 m Breite und 8 m Tiefe. 
Michaux wurde zuerst der Eintx-itt in die Stadt verwehrt. 
Denn der Fürst war sehr mifstrauisch geworden, da sein 
Onkel, der Matiamvo Pogges und Büchners, und sein Bruder 
im Kampfe gegen die Kioko durch Verrat gefallen waren. 
Doch Michaux verstand es, sich den Anschein einer sehr 
fx-iedfertigen Expedition zu geben, und er wurde zur Audienz 
zugelassen. Diese verlief in der üblichen prunkvollen Weise; 
sie sclilofs mit der Anex-kennung der Schutzherrschaft des 
Kongostaates über das Lundareich, fx-eilich unter der Be 
dingung, dafs die Belgier den Matiamvo in seinen kriege- 
x-ischen Unternehmungen gegen die Kioko unterstützen 
würden, einer Bedingung, welche nicht direkt erfüllbar 
ex-scheint, da die Kioko innerhalb der portugiesischen Inter 
essensphäre sich befinden. B. F. 
— Kabelverhixxdung Islands. Von Kopenhagexi nach 
Bejkjavik, der Hauptstadt Islands, fährt der Dampfer 12 Tage. 
Schmerzlich empfindet das isländische Kulturvölkchen, wel 
ches freilich nur 70 000 Köpfe zählt, eine Telegraphenver 
bindung mit Europa; doch im laufenden Sommer hat das 
isländische Pax-lament das Anerbieten der grofsen nordischen 
Telegraphengesellschaft angenommen, ein Kabel von Schott 
land über die Färöer nach Island zu legen. Dafür ex-hält 
auf 20 Jahre hinaus die Gesellschaft eine Unterstiitzungs- 
summe von 35 000 Kronen jähx-lich. Schon vor 40 Jahren war 
Kapitän Mc Clintock ausgesendet worden, um die nordischen 
Meex-e mit Bücksicht auf die Legung eines Kabels über die 
Färöer, Islaxxd und Grönland nach Labrador zu untersucheix; 
er bex-ichtete günstig über das gepante Unternehmen, doch 
kam es nicht zur Ausführung. Von Schottland nach den 
Färöer beträgt die Entfex-nung 400 km, die gröfste Tiefe 
460 m; von den Färöer nach Ingoldshöldi in Island 450 km, 
nach Bernfjox-d 390 km. Dieses soll der beste Landeplatz 
sein und die durchschnittliche Tiefe dorthin betx-ägt 550 m; 
eine Stelle ist 1200 m tief. Der Boden besteht aus Sand, 
Schlamm, Muschelschalen, und nur an zwei Stellen fand man 
neu vulkanisches Gestein. Von Bernfjox-d soll der Telegraph 
weiter nördlich an der eisigen Hochebene des Vatna Jökul 
vorüber dux-ch Nordisland gelegt werden. 
— Untersuchungen über die Sturmfluten der 
Nordsee stellte Eich. Hennig (Diss. Bex-lin 1897) an. Ver 
anlassung zu der Arbeit gab ihm ein Satz in einem Artikel: 
Es gieht bestimmte Tage, an denen Sturmfluten gern wieder 
kehren und man benennt dann die Fluten nach dem Tage. 
Selbstverständlich war es dem Verfasser von vornherein klar, 
dafs nicht einzelne Tage, wie der Volksglaube meint, sich 
charakteristisch abheben wüi-den, sondern nur allenfalls mehr 
tägige Epochen. Hennig beschränkte sich auf die fluten 
reiche Zeit des Jahres, d. h. beti-aclxtete ausschliefsliclx die 
156 Tage vom 1. Oktober bis 5. März. Auf welche Art und 
Weise man nun aber das statistisch angeführte Material be 
trachtet , stets weist das Endresultat auf eine Sonderstellung 
der gleichen Epoche hin. Wir werden zu dem Schlüsse ge 
zwungen , dafs der alte friesische Volksglaube von der be 
sonderen Gefährlichkeit gewisser Tage des Jahres Berech 
tigung haben mufs. Es liegt nun der Gedanke nahe, dafs 
die Vorliebe der Sturmfluten für bestimmte Tage und Epochen 
darauf zurückzuführen ist, dafs zu den betreffenden Zeiten 
die Luftdi-uckverteilung besonders geneigt ist, eine für Sturm 
fluten an der Nordsee geeignete Gestalt anzunehmen. Die 
nähere Betrachtung ergiebt, dafs eine Sturmflut an den 
Küsten der Nox-dsee nur dann dx-ohen kann, wenn bei der 
Annäherung einer tiefen Cyklone bereits über dem centralen 
und südöstlichen Europa relativ niedriger Druck herrscht, 
während eine Anticyklone im Westen lagert. E. B. 
Verantwortl. Redakteur : Dr. R. Andree, Bi-aunschweig, Fallersleberthor-Promenade 13.— Di-uck: Friedr. Vieweg u. Sohn, Bx-aunschweig.
	        
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