Aus allen Erdteilen.
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reich klingen, aber nach einigen Jahren im Winde verweht
sind, um anderen Platz zu machen. In Bezug auf prak
tische Erfahrung über die Herstellung der Steingeräte durch
die Menschen der Urzeit kommt unter den gegenwärtig
lebenden Forschern kaum einer Evans gleich und mir ist
nur der verstorbene Freiburger Professor (Nephrit-) Fischer
bekannt, der wohl eine ähnliche Fertigkeit in der Herstellung
von Steingeräten besafs. Evans hat Späne und Messer und
Pfeilspitzen geschlagen, er hat Steine gesägt und Knochen
und Steine gebohrt. Zusätze über die gebogenen Flintmesser
(wie sie Morgan und Flinders Petrie aus Ägypten schildern
und abbilden), sowie völlige Anerkennung der in der ersten
Auflage nicht ohne Zweifel betrachteten Höhlenfunde Frank
reichs, dem sich jetzt verwandte in anderen Ländern zuge
sellen, vervollständigen diese neue Auflage.
London. Dr. F. Carlsen.
Dr. W. Halbfafs: Der Arendsee in der Altmark.
Teil II. Mit 2 Tafeln und 2 Tabellen. Halle a. S. 1897.
Der fleifsigste unter den deutschen Limnologen, Dr. Halb-
fafs in Neuhaldensleben, liefert uns hier die Fortsetzung
seines vom Verein für Erdkunde in Halle veröffentlichten
„Arendsee“, die von den topographischen, geologischen und
Tiefenverhältnissen des Sees handelt. In dem vorliegenden
Teile bespricht er die Wärme, Durchsichtigkeit und Farbe
des Sees mit der bei ihm gewohnten Gründlichkeit. Der
wichtigste Nachweis, den er bei dem nur bis etwa 50 m tiefen
See zu führen vermochte, ist die Feststellung der sog.
Sprungschicht in den Wärme Verhältnissen, d. h. einer
Zone, innerhalb deinen in wenigen Meter senkrechten Niveau
unterschieds die Temperatur des Wassers mit zunehmender
Tiefe bedeutend sinkt, während oberhalb und unterhalb
dieser Schicht die Temperatur des Wassers mit der Tiefe
nur langsam und stetig abnimmt. Diese Zone ist je nach
der Jahreszeit verschieden; sie zeigte sich im Mai zuerst,
wo in 14 m Tiefe die Temperatur 8°, in 15 m dagegen 6,2° be
trug; sie lag am 1. Juni zwischen 9 bis 10 m, am 2. Juni
zwischen 7 bis 8 m und 9 bis 10 m, hielt sich dann durch
schnittlich in diesem Monate in der gleichen Tiefe, um all
mählich in gröfsere Tiefen (im November 23 bis 26 m) hinab
zusteigen.
Einil Schmidt (Leipzig): Ceylon. Mit 39 Bildern und 1
Karte. Berlin, Schall u. Grund, 1897.
Zu den vielen Büchern der deutschen Litteratur, die sich
mit Ceylons Tropenschönheit beschäftigen, gesellt sich ein
neues und trotzdem wird es vielen und selbst denen will
kommen sein, die Ceylon zum Teil kennen gelernt haben,
d. h. den südwestlichen Teil der Küste und den daran
stofsenden Teil des Hochlandes, den jeder von dem an einer
grofsen Weltverkehrsstrafse gelegenen Hafen Colombo ver
mittelst der ins Innere führenden Bahnen so leicht erreichen
kann. Der Verfasser macht uns aber auch mit dem Lande
jenseits der Berge bekannt, in dem oft monatelang kein
Tropfen Eegen fällt, und zeigt uns, dafs nicht die ganze
Insel ein Paradies landschaftlicher Schönheit und Fülle ist,
sondern dafs in dem östlichen Teil Natur und Mensch
einen harten Kampf ums Dasein führen müssen. Von Colombo
aus führt uns Schmidt in die Berge hinein bis zum
vorläufigen Endpunkte der Bahn bei Nuwara Eliya und
macht uns in geradezu meisterhaften packenden
Schilderungen mit allem bekannt, was uns auf diesem
Wege begegnet. Das charakteristische Gepräge der einzelnen
Landschaftsbilder, der Gegensatz zwischen der Vegetation
auf der Höhe und am Fufse der Berge, der eigenartige Cha
rakter der Graspatena, topographische, geologische, botanische
Bemerkungen, kurz alles wissenswerte zieht der gelehrte
Verfasser in den Kreis seiner Betrachtung. Hier widmet er
dem Verkehrswesen seine Aufmerksamkeit, dort schildert er
die Verwendung der Weifsblechbehälter, in denen das amerika
nische Petroleum in grofsen Mengen nach Ceylon eingeführt
wird, die nämlich eine ausgedehnte Klempnerindustrie ins
Leben gerufen haben, welche altgewohnte, aus einheimischem
Material gefertigte Gebrauchsgegenstände bald ganz ver
drängen wird. Über den Ostrand des Gebirges führt uns der
I Verfasser dann hinab in das östliche Unterland, zu den so
genannten „wilden“ Weddas von Nilgala und We-
watte, denen hauptsächlich sein Besuch galt, und deren
Benehmen er gegenüber den bereits „civilisierten“ Küsten-
weddas an der Küste bei Batikaloa, die er auch kennen
lernte, rühmend hervorhebt. Zu Schiffe kehrte der Reisende
dann um die Südspitze der Insel herumfahrend wieder nach
Colombo zurück, wo er in den Hospitälern und Gefängnissen
zahlreiches Material zu seinen anthropologischen Unter
suchungen findet. Dann führt ihn sein Weg zur alten Königs
stadt Kandy, die er in den lebhaftesten Farben schildert.
| Ein Abstecher bringt ihn nach Kadugannawa, wo sich eine
Niederlassung der Rodias, d. h. der Unreinen, befindet, wie
die niederste Kaste der Singhalesen genannt wird. Auch dem
berühmten botanischen Garten von Peradenia wird natürlich
ein Besuch abgestattet. Dann folgt ein Kapitel „Aus Ceylons
Geschichte“, das besonders auch dadurch wertvoll ist, weil der
Verfasser genau die Quellen angiebt, aus denen er geschöpft
hat, und dafs er diese Quellen, die ihm die an Ceylon litteratur
sehr reiche Bibliothek in Colombo bot, ausgiebig benutzt hat,
davon zeugen auch die beiden letzten Kapitel über die Be
völkerung und ihre Religion, die in gedrängter Form eine
reiche Fülle des Wissenswertesten darbietet. 39 gute Bilder,
Landschaften und Volksbilder, zieren das Buch, das auch den
grofsen Vorzug hat, sehr handlich und billig zu sein, was
gegenüber deu bis jetzt zahlreich erschienenen teuren und
dickleibigen Folianten in der Reisebeschreibung sehr ins Ge
wicht fällt. Mögen daher recht viele Gebildete zu Emil
Schmidts Ceylon greifen, wir glauben sicher darin zu sein,
dafs niemand das Buch unbefriedigt aus der Hand legen
wird. Grabowsky.
Aus allen Erdteilen.
Abdruck nur mit Quellenangabe gestattet.
— Zwei ganz verschiedene Typen will Paul d’EDjoy
während seines Aufenthaltes in Cochinchina (1889 bis 1893)
unter den Annamiten festgestellt haben; vom Volke selbst
werden sie als die Muo’i-son, d. h. Mennige-Lippen (les lèvres
de minium), und die Muoi'-chi, d. h. Bleilippen (les lèvres de
plomb) unterschieden. — Die ersteren sollen hauptsächlich
unter den vornehmen Familien zu finden sein, während die
Leute mit Bleilippen den unteren Ständen angehören. Man
versicherte d’Enjoy, dafs diese Dualität nicht nur bei den
Annamiten, sondern bei allen mongolischen Völkern zu
finden sei. (L’Anthropologie 1897, p. 439.)
— LeutnantPeary.der unermüdliche Nordpolarreisende,
ist von seiner diesjährigen Grönlandfahrt nach Philadelphia
zurückgekehrt. Als Beute hat er den 7 0 Tonnen schweren Meteor
stein heimgebracht, der schon im August 1818 von John Rofs
am Kap York (Melvillebai) entdeckt worden war. Die dortigen
Eskimos hatten sich Messer aus dem Eisen gemacht, das sie
mit Steinen kalt bearbeiteten. Rofs brachte auch solche
Messer mit zurück, aus deren Nickelgehalt (3 bis 4 Proz.)
man schlofs, dafs es sich um Meteoreisen handle. Im Jahre
1883 sammelte Nordenskiöld dann wieder Nachrichten über
den am Savilikberge liegenden Meteoriten ein, vermochte ihn
aber nicht zu erreichen. (Nordenskiöld, Grönland, deutsche
Ausgabe 1886, S. 96, 287.)
. Leutnant Peary hat bereits den Plan für seine nächst
jährige Polarreise bekannt gegeben (Science 1897, Vol. VI,
S. 521). Er will Ende Juli aufbrechen und „in der ark
tischen Region bleiben, bis er den Nordpol erreicht
oder bei dem Versuche sein Leben einbüfst“. Sein
Ausgangspunkt soll der Sherard Osborne Fjord sein, welcher
in Nordgrönland unter 50° westl. Länge einschneidet. Mit
den sogen. „Arktischen Hochländern“, dem nördlichsten
Eskimostamme am Smithsunde, der augenblicklich noch 230
Köpfe zählt, hat er ein Übereinkommen getroffen, dafs sie
Hundefutter (Bären-, Walrofs-, Seehunds-, Renntierfleisch) für
ihn aufstapeln und eine Anzahl Eskimos ihn zum Sherard
Osborne Fjord mit ihren Hundeschlitten begleiten soll. Die
amerikanische geographische Gesellschaft hat 150 000 Dollars
für die neue Expedition bewilligt.
— Auch die Wasuahili an der Küste Deutsch-
Ostafrikas haben jetzt ein Kaiserlied, welches etwa
bei ihnen das „Heil Dir im Siegerkranz“ vertritt. Herr
Zache in Dar-es-Salam hat in der „Zeitschrift für afrika
nische und oceanische Sprachen“ (1897, Heft 2) Beiträge zur
Suahililitteratur geliefert und unter diesen befindet sich auch
| das Kaiserlied,' das einen gewissen Mwa lliinu Mbaraka in
I Dar-es-Salam zum Verfasser hat. Er ist ein angesehener
Privatlehrer in jener ostafrikanischen Hauptstadt, welcher