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Grlaves Reise vom Tanganjikasee zum Kongo.
Dieser selbe Teil des Bodens, welcher zur Zeit der
Ebbe trocken liegt und hernach durch die Flut unter
Wasser gesetzt wird, dient auch der ganzen Bevölke
rung als Abort. Dies Geschäft verrichten Mann, Frau
und Kind am hellen Tage, ohne sich zu verbergen, und
zwar immer gerade an der Wasserlinie; denn die Ein
geborenen des Archipels waschen sich regelmäfsig nach
der Defäkation. Über den "so während der Ebbe in
folge des Kotes ungangbar gewordenen Boden fegt die
Flut hinweg und hinterläfst die Fläche bei ihrem Rück
zug völlig gereinigt. An Orten, welche an Lagunen
oder Flufsmündungen gebaut sind, wie z. B. in Palopo
im Königreiche Luhu und anderwärts, bemerkten wir,
wie die Häuser sich nach dem Flusse und den mit ihm
in Verbindung stehenden Kanälen förmlich hinzudrängen
schienen, um des Genusses der Flutwelle teilhaftig zu
werden. Es wird also durch die Einrichtung, die Häuser
auf Pfählen in das Wasser zu bauen, eine Art von
Kanalisation gewonnen.
Jene Eingeborenen, welche auf dem trockenen Lande
zu bauen genötigt sind, behalten den Pfahlbau bei;
durch den sich anhäufenden Unrat aber ergeben sich
viele Unbequemlichkeiten, von welchen die im Wasser
bauenden nichts wissen; die Abfälle müssen von Zeit zu
Zeit weggeschafft und verbrannt werden; ja wir haben
Grund, zu vermuten, dafs infolge des angehäuften Kotes
sich die Bewohner eines Dorfes zuweilen genötigt sehen,
an einem neuen Orte ihre Wohnungen aufzuschlagen.
Von Fäkalien indessen wird bei den auf trockenem
Lande errichteten Döi’fern der Boden völlig freigehalten,
insofern dieselben nicht vom Hausgetier stammen; die
Bewohner verfügen sich zu diesem Geschäfte nach dem
nächsten Bache, Flusse oder Tümpel.
Wir neigen dahin, zu glauben, dafs der Pfahlbau
ursprünglich an der Meeresküste seine Entstehung ge
nommen hat, wo der Gedanke, die Flut als Kanali
sationsmittel zu benutzen, nahe lag, und wo der flache
Sandstrand das Errichten von Pfahlbauten begünstigte.
Wurde dann von solchen ursprünglichen Küsten
bewohnern das Innere eines Landes besiedelt, so wurde
auch die Sitte des Pfahlbaues weiter gepflegt, und stiefs
man auf einen Landsee, so baute man innerhalb der
Hochwassermarke, oder soweit in den See hinein, als
seine Seichtheit es zuliefs.
Noch sei kurz bemerkt, dafs im Pfahlbau kein be
sonderer Vorteil für die Fischerei erblickt werden darf.
Die Pfahlbaubewohner üben dieses Gewerbe nicht anders
aus als alle anderen Fischer, indem sie den Fischen mit
Reusen, Netzen, seltener Angeln und nachts mittels
Fackeln nachstellen. Von den im Wasser stehenden
Häusern aus wird nie mit der Angel gefischt, falls dies
nicht gelegentlich von Kindern geschieht; denn in dem
seichten Wasser, worin die Häuser stehen, halten sich
keine Fische von verwendbarer Gröfse auf, und an der
Meeresküste wäre eine solche Fischerei während der
Flut als Nahrungserwerb jedenfalls soviel wie aus
sichtslos.
Wir sind weiter der Ansicht, dafs Beobachtungen,
welche an Pfahlbauten von heutzutage gemacht werden
können, ohne weiteres auf die vorgeschichtlichen Pfahl
dörfer europäischer Seen übertragbar sind.
Es ist für uns von Interesse gewesen, zu erkennen,
dafs Eberhard Graf Zeppelin-Ebersberg bei Betrachtung
der vorgeschichtlichen Pfahlbauten des Bodensees zu
Resultaten gelangte, welche den von uns im Innern von
Celebes erhaltenen sehr ähnlich sind J ).
U Bekannt sind auch die Pfahlbauten der Goajiraindianer
im Maracaibosee (Venezuela), welche bereits 1499 den spani
schen Entdeckern auffielen, von diesen mit den Pfahlrost
bauten Venedigs verglichen wurden und Anlafs zu dem
Namen „Venezuela“ (Kleinvenedig) gaben. A. Ernst hat sie
genau geschildert und abgebildet (Zeitschr. f. Ethnologie II,
333 u. Taf. X, 1870). „Ursache dieser Wasserbauten, schreibt
er, ist wahrscheinlich der Umstand, dafs über dem Wasser
die entsetzliche Plage der Mücken und sonstiger Insekten
weniger grofs ist.“ Red.
Glaves Reise vom Tanganjikasee zum Kongo.
Die Herrschaft des Kongostaates westlich vom Tanganji
Dem Amerikaner
E. J. Gl ave, einst
ein Begleiter Stan-
leys, gelang im
Jahre 1894/95
eine Durch
querung Afrikas
von Ost nach West.
Gleich nach der
Vollendung dersel
ben starb er an
der Westküste,
aber seine Tagebücher, Skizzen und Photographieen
wurden gerettet. Sie erscheinen bruchstückweise im
Century Magazine und behandeln namentlich den Einflufs
der Europäer, der Missionare und Kaufleute sowie der
Beamten im Kongostaate, so dafs sie ein gutes Bild von
der Umwälzung geben, die unter dem Einflüsse der
Weifsen sich in Innerafrika vollzieht. Im folgenden
geben wir auszugsweise jenen Abschnitt wieder, der sich
auf die Westküste des Tanganjikasees und das zwischen
diesem und dem Lualaba-Kongo liegende Land bezieht.
Am 19. September 1894 war Glave am Südostende
des Tanganjikasees in Kinjamkolo (Niamkolo) ange
langt, wo die Londoner Missionsgesellschaft eine Nieder
lassung errichtet hat. Sie ist vortrefflich für den Zweck
gelegen und ausgerüstet, und die Eingeborenen werden
von den Glaubensboten dort in allerlei nützlicher Arbeit
unterwiesen. An der Spitze der Station stand Rev.
Thomas, neben ihm wirkte noch ein Engländer, Purvis,
samt seiner Frau und ein schwarzes Ehepaar aus
Jamaika; doch bemerkt Glave in letzterer Beziehung,
dafs die schwarzen Missionare durchaus nicht den
gleichen Einflufs auf die Eingeborenen besäfsen, wie
die weifsen; letztere scheinen dem Neger höher zu
stehen und sind daher erfolgreicher. Die Autorität des
Weifsen wird instinktmäfsig anerkannt, während die
Achtung vor einem Manne ihresgleichen unendlich viel
geringer ist, es sei denn, dafs seine Intelligenz auch
durch grofse Körperkraft unterstützt werde. Von
besonderem Einflüsse aber sei in Afrika die Gegenwart
einer tüchtigen europäischen Frau, deren einfaches
Dasein schon die Neigung des Weifsen, in der Wildnis
selbst zu verwildern und brutal zu werden, hintanhalte,
denn selbst die mildesten Charaktere zeigten in der
afrikanischen Einsamkeit eine ausgesprochene Neigung
zu verwildern, was aber verzeihlich sei, da alle edleren
Gefühle: Dankbarkeit, Mitleid, Wohlthätigkeit bei den
Afrikanern selbst im allgemeinen nicht vorhanden seien
I oder anerkannt würden. „Ihr mögt einem Eingeborenen
Eig. 2. Das Sell ulhaus in Fwambo.