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Full Text: Globus, 72.1897

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Glaves Reise vom Tanganjikasee zum Kongo. 
Fig. 4. Eingangsthor zu der belgischen Station Moliro 
am Tanganjikasee. 
sind sie begierig nach Zeug, das einen guten Einfuhr 
artikel abgiebt, ebenso wie Perlen zum Schmuck. Mit 
Zeug kaufen sich die Heiden ihre Weiber. 
Über den Wasserstand am Südende des Tan 
ganjikasees bemerkt Glave, dafs zur Zeit, als Stanley 
dasselbe besuchte, das Wasser bis dicht an den Fufs 
der felsigen Uferberge heranreichte; jetzt fand er aber 
zwischen der Wasserkante und den Felsen eine Fläche 
von einer halben englischen Meile Ausdehnung. Gute 
Beobachter versicherten ihm, dafs, obgleich der See im 
allgemeinen allmählich sänke, an einzelnen Stellen das 
Wasser doch ins Land vordringe, was er einer örtlichen 
Seukung zuschreibt. 
Vom Fieber hart mitgenommen, lag Glave alsdann 
längere Zeit in der Mission Kinjamkolo, wo ihm gute 
Pflege zu teil wurde. Erst am 14. Oktober war er zur 
Weiterreise fähig, und an diesem Tage fuhr er mit dem 
Missionsschiffe „Morning Star“ auf dem Tanganjikasee 
nach Sumbu, welches am Südwestende des Sees an 
der Cameronbai liegt, etwas südlich von der Grenze des 
britischen Schutzgebietes und des Kongostaates. Dabei 
umschwammen grofse, über meterlange Fische das Boot 
und bissen in die Ruder; einige wurden geschossen, 
konnten aber, da sie sanken, nicht erlangt werden. Am 
16. Oktober um 10 Uhr morgens landete „Morning 
Star“ in Sumbu, wo das Fieber den Reisenden abermals 
niederwarf, der am 19. Oktober dann nördlich weiter 
nach Moliro fuhr, der südlichsten Station des Kongo 
staates am Westufer des Tanganjika. Die Küste, an 
der man dicht hinfuhr, war steil und felsig, mit dünnem 
Buschwerk bis an das Ufer bewachsen und hier und da 
mit guten sandigen Landestellen versehen. Am Abend 
war Moliro erreicht, wo der Stationsvorsteher Demol 
den fieberkranken Reisenden gastlich aufnahm. 
Die verpalissadierte Station Moliro (Fig. 4) ist von 
der Antisklavereigesellschaft errichtet auf einem all 
mählich zum Taganjika abfallenden Hügel, von dem 
sich nach Südwest hin Gruppen niedriger, dünn 
bewaldeter Berge ausdehnen, während nach Norden hin 
das reiche Land sich eben und wellig zeigt. Der See 
bildet hier eine malerische Bucht. 
Das Leben des -Stationsvorstehers Demol (Fig. 3) 
schildert Glave sehr anschaulich. Der Mann sprach 
kein Englisch und Glave nur sehr wenig Französisch, 
so dafs die Verständigung zwischen beiden schwierig 
war. Er hatte grofse Pflanzungen von Maniok, siifsen 
Kartoffeln, Erdnüssen, Mtama, Kaffernkorn und Mais 
angelegt, so dafs er trotz der drohenden Heuschrecken 
gefahr die Leute seiner Station für das nächste Jahr 
gut durchzubringen hoffte. Männer und Weiber zogen 
früh in die Pflanzungen; um 10 Uhr kehrten die 
Weiber zurück, damit sie für ihre Männer das Essen 
bereiten konnten. Von 12 bis 3 Uhr ist dann auch für 
die Männer Mittagspause und von 3 bis 6 Uhr findet 
die Schlufsarbeit statt. Die Hütten der Arbeiter sind 
in Strafsen gebaut und, wenige Sansibariten aus 
genommen, sind alle befreite Sklaven. Gut gekleidet 
und genährt haben sie sieben Jahre auf den Pflanzungen 
zu arbeiten, dann können sie frei hingehen, wohin sie 
wollen. Die Soldaten tragen blaue Kattunkittel und 
ein rotes Fez und sind mit Chassepots bewaffnet. 
Prügelstrafe, selbst gegen Weiber, findet regelmäfsig 
statt. Viele Soldaten sind weggelaufen, was wohl 
an der allzu strengen Behandlung durch die Belgier 
liegen mag. 
Nachdem abermals das Fieber Glave zurückgehalten 
hatte, verliefs er in einem einheimischen Kanoe am 
2. November Moliro, um am Westufer des Tanganjika 
(Fig. 5) weiter nach Norden zu fahren. Die Besatzung 
bestand aus 20 einheimischen Ruderern, für den 
Reisenden war in der Mitte des Schiffes ein kleines 
Verdeck errichtet, auch besafs das Fahrzeug ein Segel 
(Fig. 6). Bei widrigem Nordwind und hoher See 
konnten an manchem Tage nur sechs Stunden zurück 
gelegt werden, denn oft mufste, um nicht Schiffbruch 
zu leiden, angelegt werden. Freilich, den Negern, die 
nichts als ein paar Maniokwurzeln zu verlieren hatten 
und die gute Schwimmer sind, wäre ein Kentern des 
Bootes gleichgültig gewesen. „Take no black man’s 
advice, unless he has property to lose“, ruft Glave bei 
dieser Gelegenheit aus. 
Am 11. November war die belgische Station St. Louis 
am Westufer des Tanganjika erreicht. Sie liegt ungefähr 
unter 7° südl. Br. und 30° östl. L. v. Gr. Hier be 
fehligte Kapitän Joubert, der in einem luftigen, grofsen 
und gemütlich eingerichteten Lehmhause mit seinem 
Fig. 5. Westufer des Tanganjikasees bei Moliro. 
Blick nach Norden.
	        
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