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Full Text: Globus, 72.1897

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Aus allen Erdteilen. 
sogar stärker mit dieser Mifsbildung vertreten sein. Sitzen 
die überzähligen Brüste längs der Nabellinie des Körpers, 
entsprechend dem Verlaufe der oberen und tieferen Arteria 
epiquatrica, wie bei den Säugetieren, so darf man das 
Auftreten in derartiger Anordnung wohl für Atavismus 
halten. Alle die Stellen, an denen abirrende, accessorische 
Mammae aufgefunden wurden, haben das Gemeinsame, dafs sie 
reich an Haaren und Talgdrüsen sind. Bereits im Altertum 
wurde die Polymastie in den Standbildern der Diana von 
Ephesus, der Astarte sinnbildlich als das Symbol der Frucht 
barkeit an der segenspendenden Göttin dargestellt. Nach 
Hartung^ führte die Mutter des römischen Kaisers Severus 
wegen Überzahl der Brustdrüsen den Namen Julia mam- 
maca. 
— Die Jesup-Expedition des amerikanischen Natur 
geschichtlichen Museums in Newyork, welche im Mai zur 
Erforschung der pacifischen Küsten des nördlichen Nord 
amerika aufbrach, ist Ende September von ihrer ersten Reise 
zurückgekehrt. Sie bestand, wie früher erwähnt, aus 
Dr. Pranz Boas, Dr. L. Farrand und H. J. Smith und wird 
in den folgenden Jahren fortgesetzt werden. Diesmal wurden 
mit Erfolg die vorgeschichtlichen Überbleibsel von Britisch- 
Columbia und das Studium der Bella-Kula und der Kwakiutl- 
Indianer betrieben. Bei diesen war — auf einem wiederholt 
von ihm bebauten Felde — namentlich Boas thätig, während 
Smith an verschiedenen Orten (Kamloops, Spence’s Bridge 
und bei Lython) Ausgrabungen unternahm, welche auf die 
gleiche alte Kultur an diesen verschiedenen Orten hinwiesen. 
Bei Port Hammond untersuchte er lV 2 m hohe alte Muschel 
haufen mit Skeletten. Boas gelang es, die Mythologie der 
Bella-Kula näher zu erforschen, die bei ihnen in ein förm 
liches System gebracht ist. Sie haben verschiedene Götter 
mit ganz bestimmten Functionen und glauben, dafs es fünf 
Welten giebt; im obersten Himmel thront die höchste Göttin 
Qamaits. Im unteren Himmel hausen verschiedene Götter, 
unter denen die Sonne am mächtigsten ist. Weiteres über 
diese neue Mythologie berichtet schon Science (8. Okt. 1897). 
Auch über die dekorative Kunst dieser Indianer konnte Boas 
neue Gesichtspunkte gewinnen, das Studium der Kwakiutl- 
sprache wurde weiter betrieben und genügender Stoff für die 
Feststellung von zwei Dialekten gesammelt. Die physische 
Anthropologie zieht reichen Gewinn aus einhundert Gips 
masken, die von Lebenden genommen wurden; jede einzelne 
Maske ist von vier photographischen Aufnahmen des be 
treffenden Individuums begleitet. Das Studium der Ethno 
logie bei den Tschilkotin war Dr. Farrand überlassen, der 
auch die sociale Organisation der Heiltsuk studierte und bei 
ihnen vier Sippen mit den Totems Adler, Wolf, Rabe, Wal 
fisch fand. Sie besitzen Adel, Gemeine und Sklaven. 
— Die allbekannten und vielgefürchteten Nebel der 
Neufundlandbänke behandelt ein soeben erschienener 
Aufsatz von Dr. Gerhard Schott (Annalen der Hydrogra 
phie etc. 1897, S. 390), der in erster Linie durch die neue 
kartographische Darstellung des Phänomens Interesse erregt. 
Man sieht nun zum ei'stenmale in übersichtlicher Weise, 
wie denn eigentlich die geographische Verbreitung des Nebels 
auf der Dampferroute zwischen Newyork und dem Ostrande 
der grofsen Neufundlandbank ist, zugleich auch, wie die 
jahreszeitliche Verteilung ist; denn es ist für jeden einzelnen 
Monat eine eigene Karte entworfen. 
Das Charakteristische ist, dafs, wenn überhaupt Nebel 
erwartet werden kann, die gröfste Wahrscheinlichkeit dafür 
unter den Längen zwischen 47 und 52° westl. v. Gr. besteht, 
also an der östlichen Kante der Bank, da, wo der Labrador 
strom kaltes Wasser nach Süden herabführt, welches den 
Wasserdampf der durch hereinbrechende südliche warme 
Winde gebrachten Luft zur Verdichtung bringt. An der 
Westseite der Bank, wohin die Labradorströmung nicht 
gelangt, ist die Nebelhäufigkeit durchweg geringer. Sehr 
stark nimmt der Nebel dann wieder mit der Annäherung 
an das amerikanische Festland zu; besonders unter der Süd 
küste Neuschottlands, bei der Sableinsel u. s. w., herrscht 
sehr häufig unsichtiges Wetter. 
Wer auf einer Reise nach Newyork möglichst dem Nebel 
entgehen will, mufs die Wintermonate wählen, also eine 
Zeit, in der es bei dem vielfach sehr schwer stürmischen 
Wetter im übrigen gar kein Vergnügen ist, den Nordatlan 
tischen Ocean zu befahren; im Februar ist das Minimum 
der Nebelhäufigkeit. Ende April, Anfang Mai beginnt die 
Nebelsaison der Neufundlandbänke, zugleich mit dem Ein 
treten einer anderen Gefahr für die dort verlaufenden 
Dampferrouten, nämlich der Eisberge. Während aber die 
Südgrenze der letzteren schon im Juli meistens wieder so 
weit nach Norden zurückgewichen ist, dafs die jetzt be 
folgten Reisewege frei von ihnen hleiben, dauert der Nebel 
reichtum bis Ende August, um dann schnell abzunehmen. 
Vergleicht man die amerikanische Seite des Oceans mit 
der europäischen, so ist nach Dr. Schott die Nebelgefahr 
für den Dampferkurs zwischen Kap Lizard und Newyork 
auf unserer europäischen Seite absolut und relativ viel 
geringer, als auf der amerikanischen Hälfte. 
— Neu-Guinea. Der Ramustrom in Kaiser - Wilhelm 
land, welcher im verflossenen Jahre auf eine Strecke von 
250 km durch Dr. Lauterbach befahren wurde und der an 
seiner Mündung mit dem Ottilienstrom identisch sein dürfte, 
ist abermals das Ziel einer von der Neu-Guinea-Gesellschaft 
ausgerüsteten Expedition geworden, welche unter Führung 
des Herrn E. Tappenbeck im Oktober Deutschland verlassen 
hat. Der Strom soll in einem kleinen Dampfer genau 
erforscht und seine Mündung festgestellt werden; da er in 
seinem Mittelläufe am Bismarckgebirge hinfliefst, soll auch 
dieses besucht und zu diesem Zwecke eine Station angelegt 
werden. Es sind Anzeichen vorhanden, dafs das Bismarck 
gebirge goldhaltig ist. 
— Die von der Princeton - Universität im Februar 1896 
ausgesendete Patagonische Expedition ist im August d. J. 
nach den Vereinigten Staaten zurückgekehrt. Sie bestand 
aus den Herren Hatcher und Peterson, welche am 
29. April Puerto Gallegos im südlichen Patagonien erreichten, 
von wo aus sie Küstenreisen, einmal nach Punta Arenas an 
der Magellansstrafse und dann nördlich bis Puerto Deseado 
(48° südl. Br.) unternahmen. In geographischer Beziehung 
war eine fünfmonatliche Reise zu dem Quellgebiete des 
Santa Cruz-Flusses (der unter 50° südl. Br. mündet) von 
Erfolg, da sie, in die Cordilleren vordringend, ein bisher 
unbekanntes Gebiet betraten. Die Ebene im Osten der Cor 
dilleren war mit zahlreichen vulkanischen Kegeln bedeckt, 
von denen grofse Lavaströme ausgingen. Die Ergebnisse der 
Expedition, der es gelang, einen vollständigen Durchschnitt 
des Landes von den Cordilleren bis zur Küste aufzunehmen, 
waren namentlich geologischer und paläontologischer Art. 
Nicht weniger als acht Tonnen Fossilien, darunter 1000 
Schädel, wurden heimgebracht. 
— Für Anlage artesischer Brunnen bietet Jowa 
sehr günstige Bedingungen. Die paläozoischen Schichten 
haben eine leichte Neigung nach Süden und ebenso findet 
sich eine Senkung im nördlichen Teile des Staates von den 
östlichen und westlichen Grenzen nach einer Mittellinie zu. 
Grofse Mengen unterirdischen Wassers Anden sich überall im 
Staate und an vielen hundert Stellen hat man bereits mit 
Erfolg die Erschliefsung desselben, meistens durch artesische 
Brunnen, in Angriff genommen. (Science, 3. Sept. 1897, p. 357.) 
— Die Expedition zur Sammlung von Volks 
liedern, die alljährlich von der Kaiserlich Russischen 
Geographischen Gesellschaft in Petersburg veranstaltet wird, 
bestand in diesem Jahre (1897) aus dem Komponisten 
J. W. Nekrassow und dem Sekretär der Gesellschaft, 
F. M. Istomin. Sie hat die Gouvernements Simbirsk, Pensa 
und Saratow besucht und im ganzen 92 Lieder zusammen 
gebracht. Nur sehr wenige davon sind Varianten schon 
bisher aufgezeichneter Lieder. Die meisten sind bisher ganz 
unbekannt und bieten nach den Aufserungen russischer 
Blätter im allgemeinen ein hohes Interesse sowohl in ethno 
graphischer, als auch besonders in musikalischer Beziehung. 
(St. Petersb. Wjedom. 1897 vom 6. (18.) Oktober.) P. 
— Britisch-Neu-Guinea. Der Jahresbericht des 
Gouverneurs Sir William Macgregor für 1895/96 zeigt 
wiederum Fortschritte der unter seiner thatkräftigen Leitung 
stehenden Kolonie. Zwei Flüsse, der Kumusi und der Mam- 
bare, wurden auf ihre Schiffbarkeit in einer Dampf 
schaluppe untersucht und der Musaffufs weiter erforscht. 
Am letzteren fand ein feindseliger Zusammenstofs mit 
Kannibalen statt, die von der Trafalgar- und Collingwoodbai 
dorthin vorgedrungen waren. Mit Erfolg wurde auch ein 
Zug gegen die Tugeri unternommen, welche die Grenze 
gegen Niederländisch-Neu-Guinea beunruhigen. Die Haupt 
ausfuhrartikel waren Gold für 94 700 Mk., Sandelholz für 
80 700 Mk., Kopra für 55 000 Mk. Kautschuk kommt mehr 
und mehr in den Handel; Schwämme werden bei den Inseln 
der Konffiktgruppe geßscht, weniger günstig lautet der 
Bericht über die Perlßsclierei. Die Ausfuhren betrugen 
388 020 Mk., die Einfuhren 690 420 Mk. (Scottish Geogr. 
Mag., Oktober 1897.) 
Verantwortl. Redakteur: Dr. R. Andree, Braunschweig, Fallersleberthor-Promenade 13.— Druck: Friedr. Vieweg u. Sohn, Braunschweig.
	        
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