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Bücherschau,
Vertrauen zu dem Buche und zu der durch das Buch ver
tretenen Wissenschaft.
So stellt Verf. S. 10 und 33 den Nordosten Ostpreufsens
in Gegensatz zu der Gesamtheit des übrigen Beiches als
einen Bezirk, der wohl staatlich, aber nicht pflanzengeo
graphisch zu Deutschland gehöre; S. 25 meint er bis zur
Champagne gehen zu müssen , um das Gedeihen der Kiefer
auf Kalk zu belegen; S. 29 nennt er Acer monspessulanum
den Merkbaum der rheinischen Flora.
Thatsächlich steht Memel floristisch Thorn ebenso nahe,
wie dieses Berlin, und alle drei haben untereinander in der
Vegetation mehr Ähnlichkeit, als Thorn mit Danzig oder
Elbing, ausschliefslich der Frischen Nehrung, welche der
Kurischen gleicht. Die Kiefer ist im badischen Baulande
charakteristisch für dürre Kalkhügel. Acer monspessulanum j
wächst weder in Baden noch im Elsafs wild; soll das Rhein
gebiet durch eine Formation gekennzeichnet werden, wie
Ostholstein durch die Buche, und Brandenburg durch die
Kiefer, dann kommt nur Eichenniederwald in Frage.
Ernst H. L. Krause.
Gerhard Schott: Die Flaschenposten der Deutschen
Seewarte. Auf Grund des bis Ende 1896 eingegangenen
Materiales im Aufträge der Direktion bearbeitet. Mit
6 Karten und einer autograpbischen Tafel. Hamburg 1897.
Auf eine kurze historische Skizze über die Anwendung
und kartographische Darstellung der Flaschenposten (erste
nachweisbare Anwendung 1802; Urheber des Ausdruckes
wohl G. Neumayer 1868) folgt eine eingehende Besprechung
der im Archiv der Seewarte befindlichen Sammlung von
Flaschenpostzetteln, welche durch Tabellen, 6 Hauptkarten
und mehrere Nebenkärtchen illustriert wird. Der Stoff ordnet
sich nach 4 Hauptgruppen (den Oceanen), deren zwei noch
in Unterabteilungen von im ganzen 9 (Wind-)Gebieten zer
legt sind.
Das Ergebnis ist für die Wertschätzung der Flaschen
posten kein ungünstiges. I. Für die Richtung des fliefsenden
Wassers sind die Ergebnisse der Flaschenposten meist (von
den Monsungebieten abgesehen) ziemlich eindeutig verwend
bar. — Für den Weg der Stromflaschen ist die Richtung
der Meeresströmung und nicht die zeitweilige Wind
richtung mafsgebend (S. 19 u. 25). II. Die Ergebnisse für
die Geschwindigkeit der Strömungen sind von geringerer
Zuverlässigkeit und geringerem Wert.
Die wichtigsten Einzelergebnisse sind: 1. Die bisher
meistens angenommene, sogenannte Renneiströmung in der
Bay von Biscaya (unter der Westküste Frankreichs in NW-
Richtung nach Süd-Irland hin) bestätigt sich nicht; statt
dessen ist der Generalkurs hier fast durchweg 0 und OSO,
teilweise sogar direkt SO. 2. Die mittlere Lage der Trennungs
stelle des nordöstlichen Zweiges des Golfstromes von dem nach
SO zu den Kanarischen Inseln ziehenden Zweige liegt unter
den Längen der Azoren durchschnittlich auf mindestens
43 bis 44° nördl. Br. 3. In Westindien ist eine aufser-
ordentlich grofse Wasserdrängung nachgewiesen; diese die
Energiequelle für den Golfstrom. 4. Die grofse südhemi
sphärische Westwindtrift hat deutliche 0 NO-Richtung.
Dr. Karl Neukirch.
Dr. Hans Witte: Zur Geschichte des Deutschtums
im Elsafs und im Vogesengebiet. Mit einer Karte.
(Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, X,
Heft 4.) Stuttgart, Engelhorn, 1897.
Der gelehrte Verf., dem wir schon verschiedene tüchtige
Arbeiten über die Nationalitätsverhältnisse Lothringens ver
danken , wendet sich hier, gestützt auf reichen, von ihm
gröfstenteils zuerst erschlossenen Quellenstoff, nunmehr dem
Elsafs zu, dessen Ethnographie im geschichtlichen Aufbau so
gründlich behandelt wird, wie es bisher nicht geschehen ist,
wobei die eingehende Betrachtung der Ortsnamen eine
wichtige Rolle spielt. Nachdem Witte die ursprünglich
kelto romanischen Bevölkerungsverhältnisse des Oberrheinthals
gekennzeichnet hat, behandelt er die Germanisierung durch
die Alemannen nach dem Zusammenbruch des Römerreiches,
welche mit einer so radikalen Entschiedenheit in der Ebene
durchgeführt wurde, dafs — was bei Köln, Mainz, Speier u. s. w.
nicht der Fall — sogar der Name der Hauptstadt Argento
ratum dem rein deutschen „Strafsburg“ weichen mufste. I
„Das Land, in welches sich ungehindert der Alemannenstrom
ergofs, war nicht nur politisch herrenlos geworden, sondern
auch privatrechtlich. Weite Flächen lagen brach und
harrten des Bebauers. Und wenn nun der Alemanne als
neuer Herr von ihnen Besitz ergriff, so bedeutete dies im
wesentlichen die Neubesiedelung eines menschenleer gewor
denen Landes.“ Gering sind die Spuren vorgermanischer Be
wohner in der elsässischen Ebene, selten die kelto-romanisclien
Flur- und Ortsnamen inderseiben; dagegen treten sie sogleich
in den Vordergrund, wo die Gebii’gslandschaft beginnt.
Ausführlich behandelt Witte die im Elsafs so reich ver
tretenen altdeutschen Ortsnamen auf -heim und mit Recht
weist er sie, gegenüber Arnold, welcher auf deren frän
kischem Ursprung besteht, den kolonisierenden Alemannen
zu, und ebenso ausführlich werden die Orte auf -weiter be
sprochen, die ursprünglich jedoch nicht deutsch sind, sondern
die ersten Anfänge einer neuen romanischen Nomenklatur dai - -
stellen, die sich unter dem Einflüsse der Völkerwanderung
herausbildete. Über die elsässischen Ortsnamen hinaus wirft
der Verf. auch Blicke auf jene in den Nachbarländern, die
vielfach anregend und belehrend wirken. Als Ergebnis der
Untersuchung stellt sich heraus, dafs im Elsafs drei ethno
graphisch verschiedene Gebiete vorhanden sind, 1. das
wesentlich die Ebenen umfassende Gebiet der frühesten ale
mannischen Besiedelung; 2. dessen Zuwachs an ursprünglich
kelto-romanischem Gebiet, das von der germanischen Ebene
aus gewonnen wurde, und 3. das romanisch gebliebene Gebiet
im Gebirge. Die einzelnen Thäler, wo heute noch die fran
zösische Sprache gilt und die Spi’achgrenze — welche seit dem
Jahr 1000 sich kaum verschoben hat— werden behandelt und
ein Blick auf die zweihundertjährige Fremdherrschaft ge
worfen: „Die Fremdherrschaft hat keine Umwälzung, ja
nicht einmal erhebliche Veränderungen in der Abgrenzung
der beiden Nationalitäten hervorzurufen vermocht. Ihre Be
deutung liegt vielmehr auf dem geistigen Gebiete; wie schwere
Wunden sie dem einst so blühenden Geistesleben des Elsafs
geschlagen hat, das kann man noch heute mit Händen greifen.
Der Fluch der geistigen Unfruchtbarkeit, dem ein Stamm
verfallen mufs, dessen führende Kreise den Zusammenhang
mit der Nation, deren Blut auch in ihren Adern rollt, zer-
reifsen und verleugnen, um dafür in einem künstlich aner
zogenen fremden Wesen eine lebenslängliche Stümperrolle
zu spielen, ist noch nicht von unserm Lande genommen.“
Richard And ree.
E. Becker: Der Walchensee und die Jachenau. Eine
Studie mit einer Karte. Innsbruck, A. Edlingers Ver
lag, 1897.
Die Schilderung und Erforschung des Walchensees ist
hier nicht im Sinne der heutigen Limnologie zu verstehen,
wiewohl der Verfasser die Ergebnisse derselben, namentlich
Geistbecks, keineswegs vernachlässigt hat. Die Heranziehung
aller Litteratur über den See und seine alpine Nachbarschaft
in der sachkundigsten Weise und deren Zusammenarbeitung
zu einem Gesamtbilde zeichnen das Werkchen aus. Hervor
gegangen ist es aber aus der Liebe zu dieser landschaft
lichen Perle des bayerischen Hochgebirges, die dem Verf.
so recht ans Herz gewachsen ist. Und er will die dortigen
Schönheiten auch möglichst vielen anderen Menschen
gönnen, weshalb er touristische Winke beifügt. Das Buch
ist eine recht vollständige Monographie, welche die Ent
stehung, Temperatur, Farbe und Eisverhältnisse des Sees,
seine Schiffahrt und Winde, Fauna und Flora, seine Sagen
und Geschichte zur Darstellung bringt. Daran schliefst sich
die Volkskunde seiner Bewohner und ein Anhang über die
Jachenau. Können wir bis hierher nur loben, so bildet die
am Schlüsse angeheftete Karte, eine sehr urtümliche Feder
zeichnung, den wenig lobenswerten Abschlufs der Schrift.
C. N.
E. V. Hesse-Wartegg: China und Japan. Erlebnisse,
Studien, Beobachtungen auf einer Reise um die Welt.
Mit 44 Vollbildern, 132 in den Text gedruckten Abbil
dungen und einer Generalkarte von Ostasien. Leipzig,
J. J. Weber, 1897.
Der Verf. ist als ein gern gelesener Feuilletonist und ge
wandter Reiseschriftsteller bekannt, der auf zahlreichen
Fahrten einen grofsen Teil der an den Hauptwegen gelegenen
Alten und Neuen Welt kennen lernte und seine Erfahrungen
in sehr unterhaltender Weise zu Papier zu bringen weifs. Es
sind so recht Werke, die für das grölsere Publikum bestimmt
sind, während der Fachmann an ihnen vorübergehen kann.
Aber für die breite, wifsbegierige Menge ist „China und
Japan“ sehr zu empfehlen; verdienstvoll sind die Kapitel,
welche die neuen Umwälzungen in Ostasien zusammen
fassend schildern, die Konkurrenz, welche Europa von dort
droht, die Christenverfolgungen. Eine „wenig bekannte
Welt“, wie der Verf. meint, schildert er uns jedoch nicht
und die Bevorzugung der französischen und englischen Lit
teratur, gegenüber den nicht im Quellenverzeichnis genannten
j deutschen Standwerken von v. Siebold, Rein, Naumann, v. Richt-
j hofen, v. Brandt, Hirth — selbst Exner — u. s. w. läfst sich
j kaum rechtfertigen. Vortrefflich ist die Ausstattung des Werkes
| mit vorzüglich gedruckten Autotypien; nur dafs die chine-