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Full Text: Globus, 72.1897

Aus allen Erdteilen. 
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unternommene Baliexpedition, die unser Interesse in Anspruch 
nimmt. Hier kommen auch ethnographische Dinge zur 
Sprache, namentlich die Geheimbünde und Anthropophagie. 
Dafs letztere innerhalb des deutschen Schutzgebietes noch in 
• so ausgesprochener Weise herrscht, wie Dr. Esser hier von 
den Bakundu berichtet, war wenig bekannt. Bei den Schmau 
sereien der Geheimbünde werden „Ochsen, Hunde und 
Menschen in irdenen Töpfen gekocht, um als Bagout verspeist 
zu werden“. „Fühlt ein Mitglied (der Geheimgesellschaft) 
seinen Tod nahen, so sind die übrigen in der angenehmen 
Lage, ihn abschlachten und auffressen zu müssen, damit er 
in seinen Bundesbrüdern gewissermafsen weiterleben kann.“ 
Wenig erfreulich ist auch, was wir über die Wirtschaft der 
Portugiesen in Angola erfahren. Dieses einst so mächtige, 
aber sehr herabgekommene Kolonialvolk scheint auch von 
der neuen Zeit keinen Gewinn ziehen zu wollen. Was Living 
stone vor 40 Jahren bei ihnen beklagte, die schlechte Ver 
waltung u. s. w. an der Westküste, besteht ungeschwächt 
fort; auch die Sklaverei blüht noch, und „niemand denkt in 
Angola daran, das zu leugnen“. Ergötzlich zu lesen und 
die Lächerlichkeit der Portugiesen beleuchtend ist die Ge 
schichte von der Wegnahme der deutschen Flagge auf Essers 
Zelt durch die Truppen des portugiesischen Kriegsschiffes 
Douro (S. 185). Mifslungen in dem Buche sind nur die Typen 
der Eingeborenen, vortrefflich dagegen die Landschaftsbilder. 
Bichard Andree. 
Dr. Meliemed Emin Effendi: Kultur und Humanität. 
Völkerpsychologische und politische Untersuchungen. 
Würzburg. Verlag und Druck der Stahelschen K. Hof- 
und Universitäts-Buch- und Kunsthandlung, 1897. 
Das vorliegende Buch handelt hauptsächlich von den 
Einschränkungen, welche die Humanität der westeuro 
päischen Völker im Verkehr mit fremden Völkern erfährt, 
von denen sie durch Gegensätze der Basse, Sprache und 
Beligion getrennt sind. Die Gedanken des Verf. sind zwar 
kaum neu, aber seine Ausführungen, wenn auch ziemlich 
skizzenhaft und überall einer gröfseren Vertiefung fähig, doch 
im allgemeinen ganz zutreffend. Allerdings halten wir die 
Beleuchtung, in die hier unsere Kultur gerückt ist, für eine 
einseitige, insofern über ihren Schattenseiten, wie sie sich 
besonders in der schlechten Behandlung tiefer stehender j 
Stämme durch die Europäer zeigen, ihre Lichtseiten, vermöge | 
deren sie sich über alle anderen Kulturen weit erhebt, ver 
gessen sind. Schwächer sind die ersten, allgemeinen Ab 
schnitte, die von den Begriffen der Kultur und Humanität 
handeln: hier vermifst man diejenige begriffliche Schärfe, die 
allein derartige allgemeine Erörterungen lesenswert macht. 
Der- auf dem Titel angegebene Name des Verf. ist nach 
einer Mitteilung des Verlegers lediglich ein vorgegebener. 
Ob der Verf., wie man nach seiner Neigung, seine Sätze an 
Beispielen aus dem Bereiche der Türkei zu erläutern, und 
angesichts seiner ganzen rationalistischen Denkweise, welche 
dem tieferen Gehalt unserer Kultur nicht gerecht wird, ver 
muten möchte, ein Orientale ist, vermögen wir nicht zu 
sagen. A. Vierkandt. 
Heinrich Renner: Durch Bosnien und die Herzego 
wina kreuz und quer. Mit 54 Vollbildern, 300 Abbil 
dungen im Text und 1 Generalkarte. 2. vermehrte Auflage. 
Berlin, Dietrich Reimer, 1897. 
Schon die erste vor Jahresfrist erschienene Auflage hat 
sich allgemeiner Anerkennung zu erfreuen gehabt und das 
schnelle Erscheinen dieser zweiten zeigt, wie das Interesse 
an dem österreichischen Okkupationsgebiete im Wachsen ist. 
Wer nicht nach Italien will, der findet hier ein fast ebenso 
lohnendes Ziel und auch die Bequemlichkeit für den Be 
sucher ist mächtig gestiegen, seit Österreich in verständnis 
voller und nicht genug zu lobender Art die grofse Kultur 
aufgabe löst. Renner ist nicht nur ein guter Beobachter, 
sondern auch ein vortrefflicher Erzähler, der nach vielen 
Bichtungen hin das landschaftlich, ethnographisch und 
archäologisch so anziehende Land durchwandert hat. Be 
sonders reich ist der Bilderschmuck, welcher uns Land 
schaften, moderne Städtebilder und Menschentypen vorführt. 
Für Deutsche ist eine Schilderung der Kolonie Windhorst 
nahe bei Gradiska von besonderem Belang. Sie entfaltet sich 
mächtig und zählte 1885 erst 800 Einwohner (meist katho 
lische Niederdeutsche), war aber 9 Jahre später schon auf 
1500 Köpfe angewachsen. Überall Fortschritt und Muster 
wirtschaft, an der die Slaven der Nachbarschaft lernen. So 
war es bei Hunderten von deutschen Kolonieen in magyarischen 
und slavischen Landen, die jetzt entnationalisierter Kultur 
dünger für uns feindliche Völker geworden sind — was wird 
aus dem Deutschtum Windhorsts werden ? H. 
Aus allen Erdteilen. 
Abdruck nur mit Quellenangabe gestattet. 
— Zur Technik des Bronzegusses in der Hall 
stattperiode. Dr. M. Much berichtet im XXL Bande der 
Mitteilungen der k. k. Centralkommission (1897) über Funde 
von Traunkirchen. Die merkwürdigsten Stücke darunter 
sind zwei kreisrunde geschlossene Wulstringe aus Bronze von 
620 und 650 Gramm Schwere. Das Ornament besteht auf 
der oberen Seite aus vier Reihen dreifacher konzentrischer 
Ringe (Würfelaugen mit einem Mittelpunkte, welche zwischen 
vier aus Linien gebildeten Bändern eingeordnet sind, wodurch 
die Oberfläche in vier Abschnitte geteilt wird). Die Unter- 
und Innenseite hat kein Ornament. Sie sind aber namentlich 
ihrer Herstellung wegen von hoher Bedeutung, da sie 
für eine hohe Vollendung des Bronzegufses um 500 v. Chr. 
Zeugnis giebt. Die Ringe scheinen nämlich massiv zu sein, 
sind es aber nicht, sondern sind über einen Kern aus Sand 
stein, möglicherweise auch aus sehr feinem sandigem hart 
gebranntem Thon gegossen. An einer Stelle ist der eine Ring 
verletzt und dort ist ein Einblick ins Innere möglich. Die 
Herstellung dürfte in der Weise vor sich gegangen sein, dafs 
zuerst ein Ring aus Sandstein oder gebranntem Tlion ange 
fertigt wurde, dieser wurde alsdann in der gewünschten 
Stärke mit einer Wachsschichte überzogen. Alsdann brachte 
man die beabsichtigten Verzierungen mittels Einpressen ge 
eigneter Stempel an; dann wurde die Vachsschichte mit 
einem Thonmantel umgeben, der alle Zeichnungen dei 
Wachsoberfläche in' sich so zu sagen als Negativ aufnahm. 
Der Kern wurde durch vier kleine Eisenstifte, deren 
Reste in nahezu gleicher Entfernung voneinander noch als 
Rostflecken erkennbar sind, im Thonmantel festgehalten und 
das Wachs vorsichtig ausgeschmolzen. Dadurch entstand ein 
Hohlraum mit dem darin frei schwebenden und nur durch die 
vier Eisenstifte gehaltenen Steinkern. Nun konnte der Gufs 
nach vollständiger Austrocknung der Form und nach deren 
vorausgegangener- Erwärmung anstandslos vor sich gehen, 
benötigte aber wegen der Dünne des Hohlraumes und der 
deshalb erforderlichen Leichtflüssigkeit des Metalles ein 
grofses Mals von Geschicklichkeit und Erfahrung. Aus 
diesem Grunde sind von manchen Forschern gegen die Her 
stellung dieser Ringe mittels Gufs Bedenken erhoben. 
Dr. Much weist nun nach, dafs die Ringe durch Treiben, 
eine Kunst, die in der Hallstattperiode zu hoher Vollendung 
gelangt war, auch nicht hergestellt sein können, weil Niet 
stellen nicht zu sehen sind und das Löten eine jener Zeit 
unbekannte Kunst war. Ebenso weist Dr. Much die Ansicht 
zurück, dafs die Ringe auf einem, dem galvanoplastischen 
Verfahren ähnlichen Wege hergestellt worden seien. — Da 
sie als Schmuck wegen ihres grofsen Umfanges und ihrer 
leichten Gebrechlichkeit wegen kaum geeignet waren, meint 
Dr. Much, dafs die Ringe als Weihegaben anzusehen seien, die 
für die Ausstattung des Grabes oder anderer Kultstätten 
dienten. — Zwei in der Gröfse etwas abweichende, im übrigen 
vollkommen gleichartige Ringe sind auch aus einem Hügel 
grab bei Lengenfeld in der Oberpfalz bekannt geworden. 
— Am 22. November d. J. starb zu Stuttgart der auch 
! in weiteren Kreisen bekannte Geologe und Reisende Dr. 
i Oskar Fraas in fast vollendetem 74. Lebensjahre. Geboren 
! am 17. Januar 1824 zu Lorch am Fufse des Hohenstaufen, 
studierte er auf dem Stift zu Tübingen Theologie, hörte aber 
| auch auf der Universität unter Quenstedt Geologie und 
I Paläontologie. Diese naturwissenschaftlichen Studien setzte 
er 1847 noch ein Jahr lang in Paris fort, wo er auch in 
nähere Beziehung zu d’Orbigny und Elie de Beaumont trat. 
Im Jahre 1850 wurde F. Pfarrer in Laufen bei Balingen, 
von wo er seine geologischen Forschungen im Jura fortsetzte, 
dabei eifrig unterstützt von seiner Gattin. Durch seine 
geologischen Arbeiten in der wissenschaftlichen Welt bekannt 
geworden, wurde der Pfarrer von Laufen zum Konservator 
des Königl. Naturalienkabinets in Stuttgart berufen und 1856 
übersiedelte die „geologische Pfarrfamilie“ dorthin, wo er bis 
vor kurzem als Leiter dieser Anstalt thätig war. Schon 1859 
wurde der Verstorbene Mitglied der Kommission zur Her-
	        
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