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Dr. Hubert Jansen: Die Müggelberge, der Müggelsee u. d. Teufelssee b. Friedrichshagen i. d. Mark. 75
man oft ein Feuer, das so hell leuchtet, dafs man es
sogar schon in Müggelheim gesehen; ist man aber in
seiner Nähe und spricht, so verschwindet es. Andere
sagen auch, es sei kein Feuer, was einen solchen Schein
verbreite, sondern eine glänzende Kanne von gelber
Farbe.
In Köpenick dagegen behauptet man, der Stein (den
man hier den Prinzessinnenstein nennt), liege noch auf
einem der Vorberge in der Nähe des Teufelssees, der
hart am Fufse des Berges liegt und rings von dunkeln
Fichten und Moorgrund umgeben ist. Das Wasser dieses
Sees ist von dunkler, fast schwarzer Farbe, und obgleich
er nur klein ist, hat man sich bis jetzt doch vergeblich be
müht, ihn zu ergründen. Ferner ei’zählt man von oben er
wähntem Stein, er liege an der Stelle eines prächtigen
Schlosses, worin eine schöne Prinzessin gewohnt habe, die
nun verwünscht und mit dem Schlots in den Berg versunken
sei. Sie kommt jedoch noch zuweilen zum Vorschein;
unter dem Steine nämlich geht ein Loch tief in den
Berg hinein, daraus sieht man sie abends als altes
Mütterchen am Stabe gebückt hervortreten. Andere
haben sie auch, namentlich um Mittag, als schönes
junges Weib am Teufelssee sitzen sehen, wie sie sich im
Wasser beschaute und ihre langen Haare kämmte. Um
die Abendstunde fährt sie mit vier goldfarbenen Pferden
von den Müggelbergen bis an den Müggelsee hinab, um
die Pferde zu tränken. Sieht man sie am Abend aus
dem Berge hervorkommen, so erblickt man ein Kästchen,
das schieres Gold enthält, in ihrer Hand; das soll der
haben, der sie dreimal um die Kirche von Köpenick
trägt und sich dabei nicht umsieht; denn so wird sie
erlöst.
Eine der manchen Sagen vom Teufelssee ist folgende.
Ein Mann aus Köpenick war einst am Johannistage
nach Müggelheim gefahren, hatte sich dort aber etwas
verspätet, so dafs es finster war, als er den Heimweg
antrat. Wie er nun an den Teufelssee kommt, stutzen
seine Pferde plötzlich und wollen nicht vorwärts, so dafs
ihm ganz unheimlich zu Mute wird und er sie nun mit
aller Macht antreibt; da bäumten sie sich auf und liefen
in gestrecktem Laufe davon. Aber in den Fichten liefs
sich ein wunderbares Getöse hören, und allerlei seltsame
Gestalten flogen zwischen den Bäumen dahin, so dafs er
Gott dankte, als er endlich glücklich nach Hause kam.
Auch Beckmann spricht a. a. 0. davon, wie man vor
gebe, „dafs dort zu Zeiten ein Getöse von Jagdhörnern
und Gebell von Hunden gehört werde“.
Am Teufelssee bekommt man für 10 Pfennig ein Ge
dicht, worin die oben erwähnte Sage von der verwun
schenen Prinzessin so erzählt wird, dafs deren Schlofs
in den Teufelssee selber hinabgefahren sei. Weil sie
alle Freier grundsätzlich schnöde abwies, hat ihr eigener
Vater — wenn ich die Sage nach der Erinnerung recht
berichte — sie verflucht, dafs sie so lange im Teufelssee
hausen solle, bis einst in einer Johannisnacht (vom 24.
zum 25. Juni) ein reiner Jüngling sie erlösen werde:
nachdem sie um Mitternacht erschienen, geschmückt mit
den gelben Teichrosen des Sees, die sie an den Saum
ihres schwarzen Kleides gesteckt hat, mufs er sie, rück
lings gehend, furchtlos bis zur Köpenicker Kirche und
dreimal um diese tragen ; dadurch wird der Zauber ge
brochen, der versunkene Palast steigt wieder empor,
und der Jüngling heiratet natürlich die Prinzessin.
(Vergl. auch in Fritz Eichbergs „Mark Brandenburg
in Sage und Lied“, Berlin 1884, das Gedicht auf Seite
22 bis 24: „Die Prinzessin im Teufelssee“.)
Wahrscheinlich sind diese verschiedenen Sagen nur
Versionen einer und derselben Volksüberlieferung. Wie
vorhin erwähnt, hat man auf den Müggelbergen früher
— wie in vielen anderen Gegenden — des Nachts auch
öfters den wilden Jäger jagen hören; hier wie ander
wärts hielt ja das abergläubige Volk die Scharen herum
streichender und Schreie ausstofsender Käuze, Eulen
und Uhue oder Schuhue für das wilde gespenstische Heer.
Sehr phantasiereich, aber mit der Verbrämung der
steifen Gelehrsamkeit und Galanterie seiner Zeit, hat
der ehemals berühmte Rektor Bödicker die Müggelberge
zu einem Gratulationsgedichte auf die Geburt des Prinzen
Friedrich August (eines Sohnes des Königs Friedrich I.)
benutzt. Bödicker läfst sieben gelehrte Dichter sich
auf der Spree einschiffen, die bei ihrer Ankunft auf dem
Müggelsee von der Nymphe Mykale empfangen werden.
Diese führt die Dichter in die „Grotten“ der Müggel
berge und zeigt ihnen hier die Bildsäulen der Fürsten
der alten Deutschen und des Hohenzollernschen Hauses
sowie die Fufsgestelle für die Standbilder der Nach
kommen dieses Hauses; nach ihrer Rückkehr besingen
die Dichter die Geburt des Prinzen.
Sprachgeschichtliches.
Die natürlich nicht ernst zu nehmende Ableitung des
Namens „Müggel“ (in „Müggelberge“, „Müggelsee“)
von dem griechischen Namen „Mykale“ giebt mir hier
Anlafs, mich auch mit der Etymologie des Wortes zu
beschäftigen. Bergnamen bleiben oft Jahrtausende an
den betreffenden Bergen haften und überdauern selbst
die Namen der Völker, die an ihrem Fufse sich nieder
lassen. Wahrscheinlich ist daher auch der Name
„Müggel“ uralt, also älter als die Niederlassungen der
slavischen Wenden zwischen Elbe und Oder. Er macht
einen durchaus germanischen Eindruck und man kann
daher wohl mit Sicherheit annehmen, dafs er aus jener
urgermanischen Zeit stammt, die vor dem Eindringen
der Wenden liegt, aus jener Zeit, als noch rein deutsche
Stämme zwischen Elbe und Oder wohnten, die Lango
barden, Semnonen u. s. w.
Dem 184öer Schulprogramme des Potsdamer Gym
nasiums ist eine Abhandlung von Dr. Jettmar beige
geben: „Überreste slavischer Orts- und Volksnamen der
Provinz Brandenburg, etymologisch und historisch be
leuchtet“. Nachdem Dr. Jettmar dort, auf Seite 7
(Zeile 24 bis 25), auf die Verwandtschaft der Laute
g und h in den verschiedenen slavischen Sprachen hin
gewiesen (wo die eine Sprache g hat, spricht die andere Ji,
und umgekehrt), leitet er auf Seite 23 das Wort „Müg
gel“ von einem slavischen Stamme moliyl oder mogil ab,
der so viel wie „Grab“, „Grabhügel“ bedeutet — und
vergleicht damit polnisches mogila „Grabhügel“, russisches
mogüa „Grab“ u. s. w. Mit dem Namen „Müggel“ ver
gleicht er ähnlich lautende Orts - und Flufsnamen in
anderen Ländern, z. B. Mügeln (slavisch Mogelini) im
Königreich Sachsen; Mogilew, Mohileff in Rulsland;
Mohilno, Stadt im Znaimer Kreise in Mähren etc. (vergl.
auchMögelin, Ort in der Mark Brandenburg, und Mogilno,
alte Stadt im Grofsherzogtum Posen). Er fährt dann
fort: „Alte Grabhügel, tumuli , teils inwendig gemauert,
teils von Sand und Erde aufgeschüttet und mit grofsen
Steinen umlegt, werden auf den Küsten des Schwarzen
Meeres auf der Halbinsel Krim, jenseit und diesseit des
Dnjepers, sehr häufig gefunden: sie heifsen bugory und
kurgany, und sind die ältesten Denkmäler der Skythen
und anderer nordasiatischen Völker. Ihnen ähnlich sind
die „Mogylen“, die ältesten Grabdenkmäler der Slaven
und Litauer; sie werden an der Wolga, am Wolchow,
am Dnjeper, am Bug, an der Weichsel und an der Oder
in sehr grofser Anzahl gefunden (siehe darüber die von
Dr. Jettmar angeführte Litteratur). Von solchen Grab