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Full Text: Globus, 72.1897

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Dr. Hubert Jansen: Die Müggelberge, der Müggelsee u. d. Teufelssee b. Friedrichshagen i. d. Mark. 75 
man oft ein Feuer, das so hell leuchtet, dafs man es 
sogar schon in Müggelheim gesehen; ist man aber in 
seiner Nähe und spricht, so verschwindet es. Andere 
sagen auch, es sei kein Feuer, was einen solchen Schein 
verbreite, sondern eine glänzende Kanne von gelber 
Farbe. 
In Köpenick dagegen behauptet man, der Stein (den 
man hier den Prinzessinnenstein nennt), liege noch auf 
einem der Vorberge in der Nähe des Teufelssees, der 
hart am Fufse des Berges liegt und rings von dunkeln 
Fichten und Moorgrund umgeben ist. Das Wasser dieses 
Sees ist von dunkler, fast schwarzer Farbe, und obgleich 
er nur klein ist, hat man sich bis jetzt doch vergeblich be 
müht, ihn zu ergründen. Ferner ei’zählt man von oben er 
wähntem Stein, er liege an der Stelle eines prächtigen 
Schlosses, worin eine schöne Prinzessin gewohnt habe, die 
nun verwünscht und mit dem Schlots in den Berg versunken 
sei. Sie kommt jedoch noch zuweilen zum Vorschein; 
unter dem Steine nämlich geht ein Loch tief in den 
Berg hinein, daraus sieht man sie abends als altes 
Mütterchen am Stabe gebückt hervortreten. Andere 
haben sie auch, namentlich um Mittag, als schönes 
junges Weib am Teufelssee sitzen sehen, wie sie sich im 
Wasser beschaute und ihre langen Haare kämmte. Um 
die Abendstunde fährt sie mit vier goldfarbenen Pferden 
von den Müggelbergen bis an den Müggelsee hinab, um 
die Pferde zu tränken. Sieht man sie am Abend aus 
dem Berge hervorkommen, so erblickt man ein Kästchen, 
das schieres Gold enthält, in ihrer Hand; das soll der 
haben, der sie dreimal um die Kirche von Köpenick 
trägt und sich dabei nicht umsieht; denn so wird sie 
erlöst. 
Eine der manchen Sagen vom Teufelssee ist folgende. 
Ein Mann aus Köpenick war einst am Johannistage 
nach Müggelheim gefahren, hatte sich dort aber etwas 
verspätet, so dafs es finster war, als er den Heimweg 
antrat. Wie er nun an den Teufelssee kommt, stutzen 
seine Pferde plötzlich und wollen nicht vorwärts, so dafs 
ihm ganz unheimlich zu Mute wird und er sie nun mit 
aller Macht antreibt; da bäumten sie sich auf und liefen 
in gestrecktem Laufe davon. Aber in den Fichten liefs 
sich ein wunderbares Getöse hören, und allerlei seltsame 
Gestalten flogen zwischen den Bäumen dahin, so dafs er 
Gott dankte, als er endlich glücklich nach Hause kam. 
Auch Beckmann spricht a. a. 0. davon, wie man vor 
gebe, „dafs dort zu Zeiten ein Getöse von Jagdhörnern 
und Gebell von Hunden gehört werde“. 
Am Teufelssee bekommt man für 10 Pfennig ein Ge 
dicht, worin die oben erwähnte Sage von der verwun 
schenen Prinzessin so erzählt wird, dafs deren Schlofs 
in den Teufelssee selber hinabgefahren sei. Weil sie 
alle Freier grundsätzlich schnöde abwies, hat ihr eigener 
Vater — wenn ich die Sage nach der Erinnerung recht 
berichte — sie verflucht, dafs sie so lange im Teufelssee 
hausen solle, bis einst in einer Johannisnacht (vom 24. 
zum 25. Juni) ein reiner Jüngling sie erlösen werde: 
nachdem sie um Mitternacht erschienen, geschmückt mit 
den gelben Teichrosen des Sees, die sie an den Saum 
ihres schwarzen Kleides gesteckt hat, mufs er sie, rück 
lings gehend, furchtlos bis zur Köpenicker Kirche und 
dreimal um diese tragen ; dadurch wird der Zauber ge 
brochen, der versunkene Palast steigt wieder empor, 
und der Jüngling heiratet natürlich die Prinzessin. 
(Vergl. auch in Fritz Eichbergs „Mark Brandenburg 
in Sage und Lied“, Berlin 1884, das Gedicht auf Seite 
22 bis 24: „Die Prinzessin im Teufelssee“.) 
Wahrscheinlich sind diese verschiedenen Sagen nur 
Versionen einer und derselben Volksüberlieferung. Wie 
vorhin erwähnt, hat man auf den Müggelbergen früher 
— wie in vielen anderen Gegenden — des Nachts auch 
öfters den wilden Jäger jagen hören; hier wie ander 
wärts hielt ja das abergläubige Volk die Scharen herum 
streichender und Schreie ausstofsender Käuze, Eulen 
und Uhue oder Schuhue für das wilde gespenstische Heer. 
Sehr phantasiereich, aber mit der Verbrämung der 
steifen Gelehrsamkeit und Galanterie seiner Zeit, hat 
der ehemals berühmte Rektor Bödicker die Müggelberge 
zu einem Gratulationsgedichte auf die Geburt des Prinzen 
Friedrich August (eines Sohnes des Königs Friedrich I.) 
benutzt. Bödicker läfst sieben gelehrte Dichter sich 
auf der Spree einschiffen, die bei ihrer Ankunft auf dem 
Müggelsee von der Nymphe Mykale empfangen werden. 
Diese führt die Dichter in die „Grotten“ der Müggel 
berge und zeigt ihnen hier die Bildsäulen der Fürsten 
der alten Deutschen und des Hohenzollernschen Hauses 
sowie die Fufsgestelle für die Standbilder der Nach 
kommen dieses Hauses; nach ihrer Rückkehr besingen 
die Dichter die Geburt des Prinzen. 
Sprachgeschichtliches. 
Die natürlich nicht ernst zu nehmende Ableitung des 
Namens „Müggel“ (in „Müggelberge“, „Müggelsee“) 
von dem griechischen Namen „Mykale“ giebt mir hier 
Anlafs, mich auch mit der Etymologie des Wortes zu 
beschäftigen. Bergnamen bleiben oft Jahrtausende an 
den betreffenden Bergen haften und überdauern selbst 
die Namen der Völker, die an ihrem Fufse sich nieder 
lassen. Wahrscheinlich ist daher auch der Name 
„Müggel“ uralt, also älter als die Niederlassungen der 
slavischen Wenden zwischen Elbe und Oder. Er macht 
einen durchaus germanischen Eindruck und man kann 
daher wohl mit Sicherheit annehmen, dafs er aus jener 
urgermanischen Zeit stammt, die vor dem Eindringen 
der Wenden liegt, aus jener Zeit, als noch rein deutsche 
Stämme zwischen Elbe und Oder wohnten, die Lango 
barden, Semnonen u. s. w. 
Dem 184öer Schulprogramme des Potsdamer Gym 
nasiums ist eine Abhandlung von Dr. Jettmar beige 
geben: „Überreste slavischer Orts- und Volksnamen der 
Provinz Brandenburg, etymologisch und historisch be 
leuchtet“. Nachdem Dr. Jettmar dort, auf Seite 7 
(Zeile 24 bis 25), auf die Verwandtschaft der Laute 
g und h in den verschiedenen slavischen Sprachen hin 
gewiesen (wo die eine Sprache g hat, spricht die andere Ji, 
und umgekehrt), leitet er auf Seite 23 das Wort „Müg 
gel“ von einem slavischen Stamme moliyl oder mogil ab, 
der so viel wie „Grab“, „Grabhügel“ bedeutet — und 
vergleicht damit polnisches mogila „Grabhügel“, russisches 
mogüa „Grab“ u. s. w. Mit dem Namen „Müggel“ ver 
gleicht er ähnlich lautende Orts - und Flufsnamen in 
anderen Ländern, z. B. Mügeln (slavisch Mogelini) im 
Königreich Sachsen; Mogilew, Mohileff in Rulsland; 
Mohilno, Stadt im Znaimer Kreise in Mähren etc. (vergl. 
auchMögelin, Ort in der Mark Brandenburg, und Mogilno, 
alte Stadt im Grofsherzogtum Posen). Er fährt dann 
fort: „Alte Grabhügel, tumuli , teils inwendig gemauert, 
teils von Sand und Erde aufgeschüttet und mit grofsen 
Steinen umlegt, werden auf den Küsten des Schwarzen 
Meeres auf der Halbinsel Krim, jenseit und diesseit des 
Dnjepers, sehr häufig gefunden: sie heifsen bugory und 
kurgany, und sind die ältesten Denkmäler der Skythen 
und anderer nordasiatischen Völker. Ihnen ähnlich sind 
die „Mogylen“, die ältesten Grabdenkmäler der Slaven 
und Litauer; sie werden an der Wolga, am Wolchow, 
am Dnjeper, am Bug, an der Weichsel und an der Oder 
in sehr grofser Anzahl gefunden (siehe darüber die von 
Dr. Jettmar angeführte Litteratur). Von solchen Grab
	        
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