328
Die Maierei in Abessinien .
Abb . 4 . Abessinische Buckelrinder vor dem Pflug .
( Aus der Sammlung von Lady Meux . )
der dargestellten Persönlichkeit denkt . Noch mehr als der Künstler Altägyptens übertreibt der abessinische Maler der Wirkung zuliebe die Größe der Augen , und selben Zweck dient die starke Schwärzung der brauen und Lider . Keller führt das auf ägyptischen Einfluß zurück . Bei Sterbenden läßt man die geschwärzten Lider fort ( Abb . 1 ) .
Die Behandlung der Landschaft ist , wie erwähnt , sehr dürftig und primitiv , dagegen sprechen bessere Leistungen aus den Tierdarstellungen . Die Taube ( Abb . 3 ) ist stets , das Pferd zumeist weiß ; die Binderfiguren ( Abb . 4 ) stellen die in Abessinien gehaltene Art dar : das meist dunkle Buckelrind oder Sangarind . Ebenfalls äthiopisch ist der Hund . Abb . 2 zeigt , wie Maria einen Hund aus einem Pantoffel tränkt ; das Tier ist ein Slughi mit umgeklappten Ohren , ein Windhund .
Muß sich der abessinische Künstler , wie es hei der Herstellung profaner Bilder der Fall ist , von der tinischen Tradition entfernen , so zeigt sich große Un - beholfenheit , besonders der Mangel jeder Perspektive . Als Beispiel kann das in Abb . 5 wiedergegebene Gemälde dienen , das ein moderner Maler , Abba Elias , gemalt hat . Es stellt aus der Schlacht von Adua den Moment dar , wie die Abessinier den Italienern ihre Gebirgskanonen wegnehmen . Die Gewehre und Kanonen sind ohne spektive gezeichnet , die Gesichter der Feinde erscheinen überall im Profil mit Ausnahme der abessinischen
ner , die sich von den Italienern hatten anwerben lassen , und die annähernd en face gemalt sind . Die Gefallenen sind blutüberströmt , die Toten im Gesicht ganz blaß gehalten . liches fehlt fast ganz . ( Ganz dieselbe Technik trägt das von Rohlfs , Meine Mission nach sinien , S . 56 , wiedergegebene Gemälde des Sieges der Abessinier über die Ägypter bei Gudda - Guddi , 1875 . ) Als Motive bevorzugt die nische Profanmalerei aufregende Szenen : ten , Räuberszenen , Ertrinken usw .
Zum Schluß behandelt Keller den schen Maler und seine Technik . Die Schule des Malers ist das Kloster . Die Klöster arbeiten nicht auf Bestellung , und die Maler zeigen vaten Liebhabern gegenüber große haltung aus Furcht vor Reklamationen des Kaisers , die zu erfolgen pflegen , wenn eine deutende Arbeit einem Privatmann , anstatt der Kirche oder dem kaiserlichen Hof , angeboten
Abb . 2 . Die heilige Jungfrau , einen Hund tränkend .
( Aus der Sammlung von Lady Meux . )
wird . Übrigens stattet der Kaiser sowenig wie ein anderer Abessinier seine Behausung mit Gemälden aus ; er steckt sie in seine Magazine . Es hält dem auch deshalb schwer , eine gute Malerei zu erwerben , weil mit dem sinischen Künstler schwer umzugehen ist . Der Künstler — sagt Keller , und man muß dabei denken , daß es wärts ähnlich sein soll — hält sich für eine vom Himmel besonders begnadete Persönlichkeit , und seine Aufgeblasenheit streift zuweilen an das Komische . Als Beispiel mag das in Abb . 6 gegebene Gemälde gelten . Der Maler sitzt auf seinem Gestell in der Kirche . Er hat das Paradies gemalt und daneben auch drei Teufel , die in einer Schale braten . Darüber ärgert sich der Teufel und wirft das Gestell um , so daß der Künstler zu Boden fallen muß . Er schwebt schon in der Luft und kann sich
Abb . 3 .
Die heilige Jungfrau befreit in Gestalt einer Taube einen Gefangenen .