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Kleine Nachrichten.
indessen durch ein ziemlich ausführliches Sach- und Orts¬
register einigermaßen ausgeglichen. Bei einer Neuauflage
wäre es aber vielleicht empfehlenswert, noch einen Anhang
hinzuzufügen, der eine Anzahl besonders wichtiger und inter¬
essanter Ausflüge kurz einzeln schildert.
Jahrbuch für die Gewässerkunde Norddeutsch¬
lands. Herausgegeben von der Königl. Preußischen
Landesanstalt für Gewässerkunde. Abflußjahr 1904 und
Abflußjahr 1905. Berlin, E. S. Mittler & Sohn, 1909. Je
30 M-
Den im Jahre 1906 herausgegebenen Berichten für die
Abflußjahre 1902 und 1903 hat jetzt die Preußische Landes¬
anstalt für Gewässerkunde die Berichte für die Jahre 1904
und 1905 folgen lassen. Wir haben über die beiden ersten
Bände bereits in Bd. 94, Nr. 17 des Globus berichtet und können
uns daher bei dem Referat über die vorliegenden Bände,
welche naturgemäß nach demselben Schema bearbeitet wurden,
kürzer fassen. In die Berichtsjahre fällt der namentlich in
den östlichen Gebieten Preußens so überaus dürre Sommer
1904, der z. B. im Elbgebiete über vier Monate hinaus einen
Wasserstand verursachte, welcher den mittleren Niederwasser¬
stand im 25 jährigen Zeitraum 1876 bis 1900 ununterbrochen
unterschritt. In den westlichen Landesteilen machte sich die
Trockenheit nicht in demselben Maße geltend, weil sie erheblich
später in der Jahreszeit einsetzte als im Osten. Auch im Abflu߬
jahr 1905 — der 1. November des Vorjahres gilt bekanntlich als
Beginn eines solchen — war die Trockenheit des Vorjahres
im Osten noch recht fühlbar, zum Teil aus dem Grunde,
weil der milde Winter wenig Schnee brachte und infolge¬
dessen der Wasservorrat im Erühsommer nicht vorhanden
war. Im Elbe-, noch mehr im Weser- und Rheingebiete
zeigten sich dagegen ziemlich normale Verhältnisse. Die
Tabellen zeigen im einzelnen den Zusammenhang zwischen
Niederschlägen und Wasserstand sehr deutlich; im allgemeinen
Teil wird wie in den Vorjahren eine sehr instruktive Über¬
sicht über die Witterungs- und Abflußverhältnisse der be¬
treffenden Jahre gegeben. Es liegt in der Natur der Dinge,
daß der eigentlich praktische Nutzen dieses mühsamen Ta¬
bellenwerkes erst nach einer Anzahl von Jahren sich er¬
geben wird, wenn das Zahlenmaterial sich über einen größe¬
ren Zeitraum gleichmäßig erstreckt haben wird. Auf die
Gleichmäßigkeit der Beobachtungen und ihrer Methoden
muß hier natürlich der Hauptnachdruck gelegt werden. Sehr
erfreulich sind einige Bemerkungen, die im Geschäftsbericht
für 1907 gemacht werden, sie betreffen nämlich die Messung der
Verdunstungsmenge auf offenen Wasserflächen. Es soll durch
vergleichende Beobachtungen an vollständig gleich gebauten
Verdunstungsgefäßen auf dem Lande und auf dem Wasser
(Grimnitzsee in der Mark) festgestellt werden, ob bestimmte
Beziehungen zwischen der Verdunstung am Ufer und auf
dem See vorhanden sind. Sind dieselben abgeschlossen —
auf das Resultat derselben kann man sehr gespannt sein —,
so werden sich die umständlichen und kostspieligen Beob¬
achtungen auf dem Wasser wahrscheinlich durch Beobach¬
tungen auf dem Lande ersetzen lassen (??)■ Neue Unter¬
suchungen über die Einwirkung der Bodenbeschaffenheit auf
die Abflußverhältnisse sind im oberen Werragebiet im Gange,
ferner haben sich die Vorstände der Geologischen Landes¬
anstalt, der Versuchs- und Prüfungsanstalt für Wasserversor¬
gung und Abwässerbeseitigung mit demjenigen der Landes¬
anstalt für Gewässerkunde dahin geeinigt, im Gebiet der
Niers im Westen und in dem der Passarge im Osten gemein¬
schaftliche Grundwasserstandsbeobachtungen anzustellen, ein
im Zeitalter der Wasserwirtschaft sehr zeitgemäßes Unter¬
nehmen, dem man den besten Erfolg mit ganzem Herzen
wünschen kann. H.
Prof. Lic. Dr. Hugo (xressmann, Palästinas Erdgeruch
in der israelitischen Religion. 93 S. Berlin, Karl
Curtius, 1909. 1,80 Jii.
Viele Besucher Palästinas sehen sich enttäuscht, denn
„Land und Leute sind spröde und herb“. Ausdauer und ein¬
gehende Beobachtung aber führen zum richtigen Verständnis
nicht nur des gegenwärtigen Lebens, sondern auch der
im Alten Testament geschilderten Zustände. Der Verfasser
spricht von Volksglauben und Zauber, von Höhen- und
Gräberkult, von Blutriten und uraltem Bauopfer. Er zeigt
in anschaulicher Darstellung die heute noch zutagetretenden
Parallelen auf und rückt die Belegstellen des Alten Testaments
ins helle Licht der Gegenwart. Die altisraelitische Religion,
mit der Natur aufs engste verbunden, trägt den Erdgeruch
ihrer Heimat an sich. Die klimatischen, vulkanischen und
vegetativen Erscheinungen haben ihre Spuren hinterlassen.
Der glutheiße Schirokko, Erdbeben, Gewitter und Gießbach
galten als göttliche Manifestationen, Vulkane und heilige
Bäume als Wohnsitze Jahves. So war Jahve einst ein Sonnen-
und Vegetationsgott zugleich, in den Erscheinungen der Natur
und an altheiligen Kultstätten sich offenbarend. — Palästina¬
reisenden und Studierenden sei das Buch bestens empfohlen.
Dr. Wilhelm Hein, Mehri- und Hadrami-Texte, ge¬
sammelt im Jahre 1902 in Gischin. Bearbeitet und
herausgegeben von David Heinrich Müller. (Südara¬
bische Expedition, Bd. 9.) Wien, Alfred Holder, 1909.
Dieses Werk ist ein Ehrendenkmal für den leider so früh
verstorbenen Wiener Ethnographen und Sprachforscher Wil¬
helm Hein, eine Frucht seiner zweimonatigen Gefangenschaft
beim Sultan von Gischin in Südarabien, wo er unter den
denkbar ungünstigsten Verhältnissen, unterstützt von seiner
treuen Gattin und Mithelferin, die vorliegenden Texte aus
dem Munde von Eingeborenen zusammenschrieb. Man weiß,
daß dieses nicht das einzige Ergebnis der kurzen Expedition
war, denn die naturwissenschaftlichen Fächer, die Ethno¬
graphie und sogar die Statistik wurden namhaft dadurch
berührt. Wer erkennen will, welch selbstloser Charakter der
nur der Wissenschaft lebende, von tückischer Krankheit 1903
dahingeraffte Gelehrte war, der möge die Einleitung zu dem
nachgelassenen Werke oder die hier mitgeteilte Biographie
seines Freundes Robert Sieger lesen und er wird sagen: Hut
ab vor diesem Manne! Obwohl er so gut wie Gefangener des
Sultans von Gischin war, in einem elenden Zimmer mit der
Gattin hausen mußte und nur dürftig ernährt wurde, hat er
es verstanden, die vorliegenden, namentlich in sprachlicher
Beziehung wertvollen Texte zu sammeln. Es sind gegen
50 Erzählungen im Mehri und Hadrami mit deutscher Über¬
setzung, eine große Anzahl Lieder, Rätsel und Sprüche.
Freilich liegen sie unserem Verständnis oft fern und müssen
genau analysiert werden, ehe man den Sinn begreift, dann
aber erkennt man, wie wertvoll sie auch für die Erkenntnis
des so dürftig bis dahin bekannten südarabischen Volkes sind.
Für die Sagenforschung ist auch ein reiches Feld gegeben;
so finden wir die Shylockgeschichte wieder, wo es wörtlich
heißt: „Entweder du bezahlst 16 Drachmen oder du wiegst
ab ein Pfund von deinem Fleisch. Wenn du nimmst mehr
über das Pfund, hast du deinen Kopf verwirkt, ich schlage
ihn ab, und wenn du weniger nimmst als ein Pfund, hast
du deinen Kopf verwirkt, ich schlage ihn ab; dir gebührt
ein Pfund gerade aus.“ Auch einzelne Tierfabeln sind vor¬
handen. Unter den Liedern überwiegen die Spottlieder,
Obszönes fehlt nicht, das Ruderlied ist ein Beitrag zu dem
Kapitel „Rhythmus und Arbeit“ ; besondere Lieder sind den
verschiedenen Winden gewidmet. Was die sehr einfachen
Rätsel betrifft, so möge folgendes als Durchschnittsprobe
gelten: „Rate von einer Sache, sie steht auf der Erde und
die Ziegen essen sie“ (das Gras Maray).
Kleine Nachrichten.
Abdruck nur mit Quellenangabe gestattet.
— In den Frühjahrs- und Sommermonaten dieses Jahres
sind mehrere wissenschaftliche Expeditionen in West¬
grönland tätig gewesen. Im Südwesten, vornehmlich im
Holstensborg-Distrikt, fühi’te Prof. Dr. Otto Nordenskjöld,
begleitet von dern Zoologen H. Skoog, geographische und
glazial-geologische Arbeiten aus und drang auch zweimal
auf dem Inlandeise vor. Es zeigte sich, daß die Form des
Binnenlandes von der des Küstenrandes erheblich abweicht,
aber die starke Gesteinsverwitterung dicht am Rande des
Inlandeises führte zu dem Schluß, daß dieses seit langen
Perioden nicht weiter gereicht haben kann als jetzt. Spätere
Untersuchungen Nordenskjölds galten der Gegend am Godt-
haabfjoi-d und dem äußersten Süden Grönlands, der Um¬
gebung von Ivigtut. — Im Aufträge der dänischen Gesell¬
schaft, die die Kohlen- und Graphitlager an der Nordküste
der Nugsuakhalbinsel (am Umanakfjord) ausbeuten will,
ging der Züricher Geologe Dr. A. Heim mit dem Kopen¬
hagen er Paläontologen J. P. J. Ravn im Juni nach West¬
grönland (vorläufiger Bericht in „Pet. Mitt.“, Heft 10). Von
Godhavn aus besuchte er Disko, überschritt den Waigatsund
nach der Südseite der Halbinsel Nugsuak und bestieg dort
den Berg Kingitoarsuk, dessen Höhe auf 2150 m bestimmt