8 Bruno Stehle : Das
beim Mangkn - Nagoro nachsuchen und verschaffte ihm Zutritt zu dem einige Tage später stattfindenden großen Feste , wel - ches der Kaiser zur Feier der Beschueidung seiner Söhne veranstalten sollte .
Ins Hotel zurückgekehrt , beeilte sich der Reisende das lächerliche und bei der entsetzlichen Hitze geradezu unerträg - liche Kostüm mit einem weißen zn vertauschen und sich aufs Gerathewohl in die Straßen von Solo zu stürzen .
Das Kaufmanusviertel ähnelt denen von Samarang und Batavia ; wenn aber letztere Stadt den Eindruck eines riesi - gen Parkes macht , so erscheint Soerakarta geradezu inmitten eines wirklichen Waldes verloren ; die Straßen sind in einen wahren Hochwald von Palmen , Brotbäumen und Varingen gehauen und die Häuser verschwinden hinter den mächtigen Laubgebüschen .
Wunderbar ist die Physiognomie der Straßen ; während die eine wie eine Wüste daliegt , wimmelt die andere vom stärksten Leben , Kanslente beiderlei Geschlechts nehmen , nn - ter dem Schutze von Tnchlappen und Sonnenschirmen , das Trottoir ein und bieten den Vorübergehenden Kleider , Kupfer - geräthe , Gemüse , Früchte , Getränke und Speisen an . Und doch wie wunderbar ! in dieser wimmelnden und krabbelnden Bevölkerung hört man kein anderes Geräusch als das dumpse Murmeln ruhiger Mengen ; kein Lachen bei den Kindern , keine Unterhaltung bei den Erwachsenen ; alle spre - chen leise , eiu schweigsames Volk . Obgleich in der ver - schwenderischsten Natur lebend , sind die Leute doch arm : sie haben keine Bedürfnisse , sagt man ; hätten sie welche , sie würden sie nicht befriedigen können . Männer und Weiber tragen den Sarong , ein Stück Stoff in schreienden Far - ben und wunderbaren in der Schweiz gedruckten Zeich - nungen , welches tit losen Falten wie ein Weiberrock slat - tert ; die Männer schließen ihren Oberleib in ein enges Wamms und die Weiber in dnukleu Stoff , der sie verunziert . Die Kinder wälzen sich nackt im Staube umher .
In der Avenue des Kratous , d . h . der kaiserlichen Rest - denz , verkehren die officielle Welt und die Würdenträger des Palastes ; in grellere Farben und feineres Tuch gehüllt als die gewöhnlichen Sterblichen , den Kopf in eine Mütze von weißer , blauer oder schwarzer Glanzseide gepackt , die wie eine Kuchenform aussieht , den Kriß im reichen Gürtel , so
^saß im 13 . Jahrhundert .
ren diese Herrschasten langsam nnd würdevoll einher , den Diener mit gelbem , grünem oder braunem Sonnenschirm , je nach der Würde , hinter sich ; für Prinzen von Geblüt ist der Schirm von Gold . Letztere haben übrigens , ebenso wie die hohen Würdenträger , außerdem noch ein Gefolge von Lanzenträgern und zwei Pagen oder jungen Mädchen , von denen die eine den kupfernen Spncknapf , die andere die gol - dene Betelbüchfe trägt .
Diese Leute , und besonders die Frauen , sind häßlich . Doch muß man unterscheiden : dort , wie so vielfach , existirt eine unterworfene und eine unterwerfende Race , die eine durch die Knechtschaft verunstaltet , die andere durch das Wohllebeu verfeinert ; die Ackerbaner uud Arbeiter haben einen andern Typus als die herrschende Klasse und sind viel - leicht ein Gemisch von Malaien und Papuas , welche man mit dem Namen Kalanks bezeichnet und die noch in reiner Nace auf gewissen Theilen der Insel existiren sollen .
Allmälig wurde es Nacht , und da Charnay nicht allein umherstreisen konnte , ohne sich in der vollständig nnbekann - ten Stadt zu verirren , so ließ er anspannen und den Knt - scher nach seinem Gefallen in die Alleen und Vorstädte hin - ausfahren .
Die Straßen sind belebt wie am hellen Tage ; jeder Waarentisch hat seine Laterne ; in den entfernteren Theilen muß jeder Mensch von Polizeiwegen eine solche haben , da die Stadt nicht erleuchtet ist ; die Armen tragen nur ein an einem Ende angezündetes Stück trockenes Holz , welches sie beim Gehen schwingen , so daß sie in den dunklen Alleen wie große feurige Fliegen erscheinen , welche wunderbare Kreise beschreiben .
In den Vorstädten deckt tiefes , geheimnißvolles Schwei - gen den ungeheuren Wald ; man könnte sich in der Wüste glauben ; der Mond scheint voll hernieder , aber sein weißes Licht dringt kaum durch die Schatten der Bäume ; es erhellt nur die Wipfel , wirft funkelnde Perlen auf die leuchtenden Blätter des Brotbaumes , häugt sich in Lichtstreifen an die langen Palmen der Kokosbänme und bricht sich in Feuer - garbeu auf den hin - und herwankenden Bambngebüfchen . Ein zauberhafter Anblick , ein bewältigender nud unVergleich - licher Eindruck !
Das Elsaß im 13 . Jahrhundert .
Von Dr . Bruno Stehle .
In unserer mittelalterlichen Quelleusammlung , den „ Mo - numentis Germaniae " , ist einerseits ein großer Schatz für die Geschichte der Geographie enthalten , andererseits spiegeln diese Nachrichten die Anschauungs - und Denkweise jener Zeiten über geographisch - naturwissenschaftliche Objekte wie - der . Die Baseler und Colmarer Geschichtsbücher von 1266 bis 1305 gewähren uns eine solche Fülle geographischer Notizen , daß aus ihnen nicht schwer ein Bild von dem Lande und den Bewohnern des Elsasses im 13 . Jahrhundert zu gewinnen ist , und ich habe deshalb die für die Geschichte dieses Landes so wichtigen Annalen nach den angegebenen Gesichtspunkten untersucht uud die zerstreuten Nachrichten in einer zusammenhängenden Darstellung bearbeitet . Nicht zum ersten Mal mache ich auf das Eigenartige dieser
schichtsbücher aufmerksam . Jasse hat in den „ Monumen - tis Germaniae " , Pabst in der Vorrede seiner trefflichen Ueberfetzung , Lorenz in „ Deutschlands Geschichtsquellen " darauf hingewiesen , daß der betreffende Verfasser ein schar - ser Beobachter kleiner wie kleinster Umstände , ein Freund der Naturbetrachtung sei ; ein Mann , der in der kritischen Auswahl von Bedeutendem und Unbedeutendem eben nicht sehr genau verfahre , aber alles in ausgezeichnetem Maße besitze , was die Dominikaner Erudition nannten , und worin sie ihren Zeitgenossen Albertus Magnus verehrten ; und Pabst fügt hinzu , daß die Echtheit uud Zuverlässigkeit der gebotenen Nachrichten fast überall , wo es möglich sei , durch einen Vergleich mit den Urkunden bestätigt werde . Trotz - dem sind die Schätze in dem kleinen Büchlein noch nicht