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Full Text: Anthropos, 16/17.1921/22

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Dr. P. M. Küsters, O. S. B, 
kann uns vielleicht helfen. Die Funde aus dem Paläolithikum haben uns eine 
Reihe von Gräbern gezeigt, wo der Tote an der Feuerstelle, jedenfalls an 
einem Feuer niedergelegt worden ist. Hier ist die Leiche mitunter schon in 
hockender Stellung beigesetzt worden. 
Die Erklärung hiefiir kann man in der Unkenntnis dös Todes sehen. 
Die junge Menschheit mußte den Tod erst kennen lernen. Sie wußte nicht, 
woher die Teilnahmslosigkeit, die Untätigkeit des Toten stammt. Sie bemerkte 
die Leichenkälte, wollte helfen und rückte so die Leiche in die Nähe des 
Feuers. Auch der Kranke selber sucht ja die Wärme auf, und alle, die an 
Krankheit an dem Wohnplatz verstarben, werden so an der Feuerstelle ver 
schieden sein. Die Beobachtungen aus dem Tierreich, das Verhalten der Kinder 
Leichen gegenüber machen diese Annahme wahrscheinlich. Es ist oft gesehen 
worden, wie Muttertiere mit den toten Jungen spielen, sie auf alle Weise zu 
einer Lebensäußerung zu veranlassen suchen und erst nach langen, fruchtlosen 
Versuchen die Leiche aufgeben. Lag also der Schwerkranke an einer Feuer 
stelle, so war es das Gegebene, ihn dort zu belassen. Nicht lange hat aber 
die Menschheit unter freiem Himmel gewohnt, sie suchte sich auf eine, wenn 
auch noch so primitive Art zu schützen. Dann lag es nahe, auch dem Toten 
diesen Schutz angedeihen zu lassen, ihn in den natürlichen Höhlen, in denen 
man selber wohnte oder in den Höhlen der wilden Tiere zu bergen. Fand 
man keine passende Höhle, so mußte diese eben gemacht werden. Die Pyg 
mäen des Urwaldes sind genötigt, sie jetzt mit ihren Händen zu graben, doch 
ist zu erwägen, daß wir sie jetzt nicht auf ihren ursprünglichen Wohnsitzen 
sehen, sondern daß sie Flüchtlinge sind, die ihrer Heimat Sitten in .fremdes 
Land mitgenommen haben. Bei den Buschmännern und Hottentotten finden 
wir noch die Bestattung der Leiche in der Höhle des Stachelschweines oder 
des Ameisenbärs, und diese Höhlen haben vielleicht das Urbild des Grabes 
abgegeben. Es - ist also schon auf dieser Stufe das Grab gebunden an die 
Wohnweise der Völker. Alle, die eines natürlichen Todes starben, werden 
meist iü dem Kreise ihrer Angehörigen verschieden sein und mußten hier 
oder von hier aus begraben werden. Anders liegt es bei denen, die auf der 
Jagd, im Krieg oder durch einen Unglücksfall fern der Heimat verstorben waren. 
Für sie lag es nahe, einfach ausgesetzt zu werden, man ließ die Leichen am 
Orte des Totes liegen, wie man es gewohnUwar, mit den anderen Toten zu 
tun. Die Aussetzung würde denwiach eine frühe Parallele zum Hüttengrab 
oder zum Begraben am Wohnorte darstellen, eine Begräbnisart allerdings, die 
nicht die Regel, sondern die Ausnahme bedeutet. Das Grab an der Wohn 
stätte aber war die Regel, darum konnte und mußte es sich zum Hüttengrab 
fortbilden, sobald die Hütte in den Kulturbesitz der Menschheit übergegangen 
war. Da nun aber das Erdgrab nach der historischen- Folge älter zu sein 
scheint, wird das Hüttengrab eben ein Erdgrab in der Hütte dargestellt haben. 
Von hrer aus gabeln sich nun die Begräbnisarten. Vom eigentlichen Hüttengrab 
ist wahrscheinlich die Aussetzung abzuleiten, wenn sie als eine, allgemeine 
Volkssitte auftritt. Wie wir sahen, ist die Motivierung der Aussetzung bei den 
Buschmänner, Hottentotten und den Südstämmen immer die Furcht vor Ver 
unreinigung. Es ist ein Motiv, das auf üble Erfahrungen zurückgeht. Diese
	        
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