Schöpfungs- und Abstammungsmythen der Tibeter.
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bza sha mig la sras gsum dah rmu bza sras geig, srin bza la
dessen Gemahlin gNyan bza sha mig 3 Söhne, rMu bza einen Sohn, Srin bza
sras gnyis te drug byuh. aDi dag las mched pa rus
zwei Söhne, zusammen sechs Söhne hatten. Von diesen haben sich die
chen bco brgyad abras la dkar nag khra gsum sogs dan
18 großen Geschlechter ausgebreitet, die drei aBras dkar nag khra usw. Auch
bod miu gduh drug byuhthsul shen tu man zhih.
sind noch viele andere Entstehungsweisen der sechs tibetischen Geschlechter
vorhanden. (Hier wird also ausdrücklich betont, daß es verschiedene Über
lieferungen von der Entstehung der sechs großen tibetischen Geschlechter
gibt. Im folgenden wird dann weiter die Genealogie mitgeteilt. Aus dem
Werk : Phyogs adir chu mo lug tu brjod pai glu dbyans kyi zla bai phyogs sha
mai rgyal ba dan poi thses la sman Ijohs sai Ite ba dga rdan pho brah me thog
mhon par bkra bai Idih khah du spyar bai yi ge pa ni nag dbah dge legs so,
p. 686-71 ft.)
2. Nach dem Bon-Sutra „Das weiße Näga-Hunderttausend”.
„Der erste Ursprung des Vergänglichen ist dieser: Der Himmel, welcher
die Leere hat, die Helle, welche das Licht hat, und die Finsternis, welche
die Schädigung (zer- oder gzer Idan besser als Schmerz, Krankheit) hat, aus
der Vereinigung dieser drei ist es entstanden 61 .
Der Himmel, welcher die Leere hat, ist dadurch, daß er Himmel ist,
zum Sinnbild geeignet; weil er die Leere hat, ist er von den Sinnen unerfaß-
lich ; die Helle, welche das Licht hat, öffnet durch die Helle alle Tore und
zeigt durch das Licht alle Truggestalten ; die Finsternis, welche die Schädi
gung hat, bringt durch die Finsternis Verdummung hervor, durch die
Schädigung verschiedenen Schaden.
Nachdem also auf dreifache Weise eines das andere erzeugt hatte, ent
standen die undenkbaren gNyan. Die gNyan wohnen im Himmel, im Licht
und in der Schädigung ; da sie die verschiedenen Truggestalten in den zehn
Weltgegenden verbreitend, alles gänzlich bedrängen (besser : für alle schreck
lich sind), werden sie gNyan genannt. Im allgemeinen sind die gNyan durch
den Gedanken nicht zu erfassen ; der Oberste der gNyan ist gNyan bar ba
dun mgo gyui thor thsugs can, eine durch den Gedanken nicht zu fassende
Truggestalt.
Die Erdherrn wohnen auf der Erde und üben Herrschaft aus über die
letzter drei Söhne, von denen Nub pa dann sechs Nachkommen hat, die so oft erwähnten
sechs Stammgeschlechter der Tibeter. Jeden einzelnen Namen der verschiedenen Listen
zu identifizieren ist nicht gut möglich, da ausdrücklich betont wird, es bestehen ver
schiedene Überlieferungen. In allen Listen stimmen aber der Name des Urmenschen,
Ye smon rgyal po, oder Yid smon rgyal po und im großen und ganzen die sechs Stamm
geschlechter überein.
61 Hier tritt der iranische Einfluß in der Bon-Lehre zutage. Der Himmel, das
Lichte, Gute und Finstere, Schädliche entsprechen dem iranischen Ahura Mazda, dem
alten Himmelsgott in seiner ganzen Herrlichkeit, Sponta Manyu und Anra Manyu.