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Full Text: Globus, 47.1885

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Aus allen Erdtheilen. 
ist. Die Muscheln liegen in zu tiefem Wasser, und letzteres 
ist so morastig, daß die Taucher darin nicht arbeiten können. 
Den einzigen Erwerbszweig bilden zur Zeit die Gold 
felder, meistens von Chinesen besucht. Sie sind nicht ergiebig 
genug, um Europäer anzuziehen, abgesehen davon, das letztere 
in einem tropischen Klima Arbeiten im Freien nicht lange 
aushalten. Das Alluvium enthält sehr wenig Gold, und die 
goldhaltigen Quarzriffe, zu deren Bearbeitung aber Geld 
mittel gehören, würden wohl einen besseren Nutzen abwerfen, 
wenn nicht die Transportkosten in der Verbindung mit Port 
Darwin zu bedeutend wären. Diesem Uebelstande wird, wie 
es scheint, nach Verlauf einiger Jahre, wenn dann noch Gold 
felder existiren, abgeholfen sein. Das südaustralische Parla 
ment hat nämlich den Ban einer 240 km langen Bahn von 
Port Darwin südlich nach Pine Creek, also bis in die Gegend 
der Goldfelder, deren Kosten auf 959 300 Pfd. St. veran 
schlagt sind, genehmigt, und nähern sich die Vorarbeiten be 
reits der Vollendung. Es ist dies ein kühner Entschluß von 
einer Kolonie wie Südaustralien, welche erst 315000 Bewohner 
zählt und, bei zur Zeit ziemlich zerrütteten finanziellen Ver 
hältnissen, mit einer öffentlichen Schuld von bereits 
15 511000 Pfd. St., also 50 Pfd. St. pro Kopf der Bevöl 
kerung, belastet ist. Kühn um so mehr, als an eine Ver 
zinsung des Baukapitals wohl auf lange Zeit hinaus nicht 
zu denken ist. 
Im centralen Northern Territory sind sehr ausgedehnte 
Areale von mehr oder weniger zweifelhaftem Werthe zu Vieh 
weiden in Pacht genommen. Die Erfolge muß man ab 
warten. Für Schafe ist diese Gegend wenig geeignet, mehr 
aber für Pferde und Rindvieh. H. Gr. 
Rass en decken. 
Nicht mehr einseitig auf Schädeluntersnchungen er 
strecken sich die anthropologischen Messungen. Auch das Becken 
in seiner Bedeutung für die Rassenunterschiede wird neuer 
dings von den Anthropologen mehr gewürdigt, doch liegt hier 
ungleich weniger Material zur Verarbeitung vor, als bei 
den Schädeln. Einen fleißigen Beitrag zur Kenntniß der 
Rassenbecken hat jetzt Dr. Paul Schröter in seiner In 
auguraldissertation „Anthropologische Untersuchungen 
am Becken lebender Menschen" (Dorpat 1884) geliefert 
und zwar ist auch hier, wie bereits in vielen anthropolo 
gischen Untersuchungen, die Anregung von Prof. L. S tied a 
ausgegangen. Dr. Schröter hat im ganzen bei 271 Per 
sonen beiderlei Geschlechts und zwar bei 114 Polen, 102 Ju 
den und 55 Russen seine Messungen angestellt und die ganze 
vorhandene Litteratur zum Vergleiche herangezogen, so daß 
er zu einigen allgemeinen Schlüssen wohl berechtigt ist und 
auch in der wichtigen Frage der Beckenneigung zu einer be 
stimmten Ansicht gelangen und zeigen konnte, daß verschiedenen 
Rassen auch verschiedene Neigungsverhältnisse des Beckens 
zukommen. 
Schröter hat gefunden, daß das Becken der Estin und Deut 
schen ein stärker entwickeltes ist, als das der Polin und Jüdin, 
daß das Becken der letzteren überhaupt das in allen Maßen 
kleinste ist; und so ist es ähnlich bei den Männern, wo Russen 
und Polen größere Maße als die Juden in Bezug auf das 
Becken zeigen (z. B- Beckenumfang der Juden 78,6, der Po 
len 81,2, der Russen 83,6). 
Was die Neigung der anthropologischen Beckenebene be 
trifft, so findet man von den untersuchten oder verglichenen 
Völkern, daß die stärkste Beckenneigung bei den Deutschen, 
eine geringere bei den polnischen Frauen, eine noch geringere 
bei den Jüdinnen und die geringste bei den Estinnen vor 
handen ist. Und so auch bei den untersuchten Männern, 
wo auch noch die Russen den Juden vorgehen. 
Die Beckenneigung ist übrigens nicht bei allen Rassen 
derart, daß sie bei Frauen eine stärkere als bei den Män 
nern derselben Rasse ist; bei den Polen und Juden ist näm 
lich die Beckenneigung der Frauen eine geringere als die der 
Männer. Eine konstante Größe ist die Beckenneigung bei 
einem und demselben Individuum auch nicht: eine Verände 
rung der Stellung des Jndividiums ruft eine Veränderung 
in der Größe der Beckenneigung hervor. 
Aus all e n 
E n r o p a. 
— In der Versammlung des Historischen Vereins von 
Oberbayern am 1. December 1884 sprach Herr Johann 
Freßl über die Verbreitung des bayerischen Stam 
mes. Nach der „Allgemeinen Zeitung" (3. Dec. 1884) be 
klagte er, daß die Deutschen sich wenig um ihre Urgeschichte 
und die Richtigstellung verbreiteter falscher Angaben über 
ihre Herkunft kümmerten. Was speciell Bayern betreffe, so 
könne man in einer akademischen Festrede, die vor sieben 
Jahren gehalten wurde, lesen, daß es doch wunderbar sei, daß 
das heutige Bayern Königreich Bayern genannt werde, wäh 
rend doch der fränkische und schwäbische Volksstamm im 
jetzigen Bayern den überwiegenden Theil des Volkes bilden. 
Von der richtigen Ansicht ausgehend, daß derlei Bestimmun 
gen nur an der Hand der Sprachgeschichte und des Sprach 
gebietes gegeben werden können, legte Redner eine von ihm 
entworfene Karte des Sprachgebietes des baiua- 
rischeu Stammes vor. Die bayerische Sprache hat drei 
Mundarten: die altbayerische, die oberpfülzische und die 
wäldlerische. Zieht man nach eingehenden sprachlichen Unter 
suchungen- an Ort und Stelle die Grenze des baiuarischen 
Sprachgebietes, so beginnt diese im Südwesten bei Telfs in 
E r d t h e i l c u. 
Tirol, zieht sich nordwärts dem Lech entlang an den Peissen- 
berg, folgt der Ammer bis Diessen und erstreckt sich west 
lich bis Landsbcrg. Bruck bildet eine scharfe Grenzscheide, 
Rain gehört hierher, und von dieser Stadt an zieht sich in 
gerader Linie nordwärts bis Erlangen das Sprachgebiet, 
von wo ans die Grenze in nordöstlicher Richtung etwa bis 
Bayreuth geht, die von hier ans der Abgrenzung des jetzigen 
Königreichs im Osten und Süden, entspricht. Innerhalb 
dieses Rahmens ist der altbayerische Dialekt im Süden ver 
breitet, während im Nordwesten der oberpfälzische und im 
Nordosten der wäldlerische sich ausgebreitet hat. Vergleicht 
man aber die Bevölkerungszahl im eben angegebenen Gebiete 
mit der des übrigen Theiles vom jetzigen Bayern, so crgiebt 
sich ein Verhältniß von 3:2, und die ganz richtige Bezeich 
nung des heutigen Landes Königreich Bayern anstatt „König 
reich Franken" ist schon durch die Ueberzahl des baiuarischen 
Volksstammes gegenüber den beiden anderen Stämmen klar 
erwiesen. 
— Die sechste uns zugehende Lieferung von Cha- 
vanne's Physikalisch-statistischem Handatlas von 
Oesterreich-Ungarn (Wien, E. Hölzel) enthält eine Karte 
der Verbreitung nutzbarer Mineralien von F. Tonla, eine 
solche der Zu- und Abnahme der Bevölkerung in dem Zeit-
	        
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