Skip to main content
Page Banner

Full Text: Globus, 47.1885

96 
Aus allen Erdiheilen. 
wandten des Ermordeten haben das Recht, die Annahme des 
K u n s zu verweigern, sie fordern dann den Mörder zum 
Zweikampf heraus. Der geforderte Mörder erscheint im Aul 
des Ermordeten von Kopf bis zu Fuß bewaffnet, auf seinem 
besten Roß; in einiger Entfernung von ihm nehmen die 
Verwandten des Ermordeten Stellung: es beginnt ein tolles 
Wettrennen. Wenn der Mörder seinen Verfolgern entkom 
men kann, so ist er gerettet und von jeglicher Strafe frei; er 
darf jedoch nur bis zum Sonnenuntergang verfolgt tverden, 
sobald die Sonne unter den Horizont sinkt, hört die Verfol 
gung auf. Wird der Mörder eingeholt, so wird er wohl in 
den meisten Fällen niedergemacht. — Bemerkenswcrth ist, 
daß kaum ein Mord uncntdeckt bleibt. Uebrigcns mordet 
der Kirgise nur selten um zu rauben; gewöhnlich ist der 
Mord das Ende eines Streits, oder das Resultat einer 
Rache, oder ein Todtschlag im Affekt. (Oestliche Rund 
schau 1884, Nr. 44.) 
A n st r a l i e n. 
— Die Zahl der Ureinwohner des Australkonti 
nents beträgt nach dem Census von 1881 zusammen 31700 
Seelen (17 235 männliche, 14465 weibliche); davon lebten in 
Victoria 780 (460 männliche, 320 weibliche), in Neusiidwales 
1643 (938 männliche, 705 weibliche; doch wurden hier nur 
die „civilisirten" Aboriginer gezählt), in Queensland 20585 
(10 719 männliche, 9866 weibliche), wogegen nach anderen 
Schätzungen in dieser Kolonie 70000 Eingeborene leben 
sollen; in Südaustralien 6346 (3478 männliche, 2868 weib 
liche), endlich in Westaustralien, wo aber nur die im Dienste 
der Ansiedler stehenden in Anrechnung kamen, 2346 (1640 
männliche, 706 weibliche). In Neuseeland begegnete die 
Censusaufnahme bei den Maori großen Schwierigkeiten; sie 
bezeigten fast durchweg eine große Abneigung gegen eine Zäh 
lung ihrer Familienmitglieder und verweigerten häufig jede 
Auskunft, so daß die erlangte Zahl von 44 097 Seelen (24 368 
männliche, 19 729 weibliche) mit Vorsicht aufzunehmen ist. 
Gegen den Census von 1878 ergiebt sich eine Zunahme von 
502 Seelen; da aber die mit den Angelegenheiten der Einge 
borenen in Neuseeland betrauten Beamten trotzdem dabei 
beharren, daß die Rasse von Jahr zu Jahr abnimmt, so 
hätte man eine genauere Erhebung vorzunehmen. Wie aus 
den obigen Ziffern ersichtlich, ist die Zahl der männlichen 
Ureinwohner in ganz Australien und Neuseeland uni 7409 
Köpfe größer als die der weiblichen. 
— Der Dampfer Whampoa beförderte im Oktober 1884 
eine ans sieben Personen bestehende Expedition nach dem 
Cambridge-Golf an der Nordküste von Westaustralien 
in 14° 45' südl. Br. und 128° 7' östl. von Gr. Sie steht 
unter Leitung des Mr. Stockdale, zweiter im Kom 
mando ist Mr. Rickardson. Die Gesellschaft wird an der 
Westküste des Golfs landen und von da aus in südwest 
licher Richtung auf die Leopold Ranges in ungefähr 17° 10' 
südl. Br. und 125° 30' östl. von Gr. und dann nach dem 
Gleuelgflusse reisen, tvelcher in 15° 58' südl. Br. und 125° 10' 
östl. von Gr. mündet. Die Reise wird also ein Gebiet be 
rühren, welches auf den Karten noch leer gelassen wird. Mr. 
Stockdale, welcher am Ordflusse in 17° 30' südl. Br. und 
128° 45' Weideland besitzt, hofft in diesem von ihm zu er 
forschenden Gebiete gute Weidedistrikte aufzufinden. 
— Zu Anfang Oktober 1884 wurden die Deutschen Nolte- 
nius, Scholler, Hauschildt und Lander, welche vom Port 
Darwin aus, an der Nordküste von Australien, auf einer 
Forschungsreise am Daly River, begriffen waren, von dor 
tigen Eingeborenen in scheußlicher Weise ermordet. 
Es ist dem in Port Darwin stationirten Polizeiinspektor 
Foelsche mit seinen Leuten gelungen, die Mörder cinzufangen, 
und sie gehen ihrer verdienten Strafe, gehängt zu werden, 
entgegen. 
— Die Zuckerindustrie in Queensland hebt sich 
trotz der Arbeiterfrage, und Mauritius, welches bisher 
Australien mit Zucker versorgte, findet von Queensland eine 
immer stärkere Konkurrenz. Int Jahre 1884 dürften nach 
Abzug des Bedarfs dieser Kolonie gegen 40000 Tonnen 
Zucker für Export nach den anderen australischen Kolonien 
übrig bleiben. 
Vermischtes. 
— Der Tertiärmensch, von ,Th en a y bei Blois 
kommt zu Ehren, die anthropologische Sektion der 8ooiété 
française hat gelegentlich der vorjährigen Versammlung in 
Rouen die Stelle besucht, wo Abbé Bourgeoise seine 
bearbeiteten Feuersteine gefunden und unter Leitung der 
Herren d'Ault - Dusmenil und F. Daleau Nach- 
grabnugen angestellt hat. Die Schichten sind offenbar in 
Süßwasser abgesetzt, werden aber von einem versteinerungs 
reichen marinen Mergel überlagert. In der Tiefe von fast 
5 Metern, unter Schichten mit Knochen von Acerotherium, 
fanden sich Feuersteine, welche nicht nur die Spuren von 
Bearbeitung, sondern auch von Feuereinwirkung zeigten. 
Die Schichten sind entschieden als miocän zu betrachten, so 
mit noch erheblich älter als die Pliocänschichten der argen 
tinischen Pampas, in denen A me g h in o Menschenspuren 
gefunden hat. Damals kannte also der Mensch schon das 
Feuer, und somit muß sein erster Ursprung mindestens in 
die Eocünzeit zurückverlcgt werden. Ko. 
— Friedrich von Hellwald's „Naturgeschichte 
des Menschen" (Stuttgart, W. Spenrann) ist jetzt mit 
der 55. Lieferung zum Abschlüsse gekommen, und damit ein 
von großem Fleiße und ungewöhnlicher Belesenheit zeugendes 
Buch, zugleich das ausführlichste ethnographische Werk in 
deutscher Sprache. Der Standpunkt des Verfassers ist zu 
bekannt, um daraus näher einzugehen; man kann, tvie es ja 
schon oft geschehen, über denselben mit ihm rechten. Aber 
auch jeuc, welche Hellwald's Grnndanschauungen nicht theilen, 
müssen ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er vor 
allem nach Wahrheit strebt und keine Mühe scheut, der 
selben nachzuforschen. Die „Naturgeschichte des Menschen" 
legt von diesem Streben wiederum beredtes Zeugniß ab und 
räumt auf mit einer Menge falscher Begriffe, herkömmlicher 
aber wissenschaftlich unhaltbar gewordener Vorstellungen, 
reinigt unsere ethnographischen Anschauungen von zahllosen 
Irrthümern, und wenn sicherlich Hellwald's Buch von solchen 
auch nicht völlig frei sein dürfte, so tritt doch überall das 
sichtbare Bemühen zu Tage, selbst in geringfügigen Details 
Fehler zu vermeiden. Einen ganz besonderen Reiz verleihen 
dem Werke die vielen Hundert Bilder Keller-Lcuzinger's, die 
nur Echtes in künstlerisch schöner und technisch vorzüglicher 
Ausführung bieten. Keller - Leuzinger hat eigens für diesen 
Zweck in den Museen von Berlin, Hamburg, Leyden, Lon 
don, Paris rc. Studien gemacht, und so wird von vielen 
Völkern und Stämmen hier zum e r st e n Male ein 
reiches, authentisches Material veröffentlicht. 
Inhalt: Brügge. I. (Mit sechs Abbildungen.) — I. S. Kubary: Aus dem samoanischen Familienleben. II. 
(Schluß.) — Artesische Brunnen in Colorado. — Nekrologe. I. — SpiridionGopeevie: Streiszüge in Portugal. 
IV. — Kürzere Mittheilungen: Die Ansiedelung am-Port Darwin. — Rassenbecken. — Aus allen Erdtheilen: Europa. — 
Asien. — Australien. — Vermischtes. (Schluß der Redaktion: 13. Januar 1885.) 
Redakteur: Dr. N. Kiepert in Verlin, S. W. Lindenstraße 11, III Tr. 
Druck und Verlag von Friedrich View eg und Sohn in Vraunschwcig.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.