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Full Text: Globus, 47.1885

Ult besonderer Herürksrchtrgung der Anthropologie und Ethnologie. 
Begründet von Karl Andrer. 
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von 
Dr. Richard Kiepert. 
Braunschweig 
Jährlich 2 Bände a 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 
zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen. 
1885 . 
Brügge. 
(Nach dem Französischen des Bi. Camille Lemonnier.) 
II. 
(Sämmtliche Abbildungen nach Photographien.) 
Der Reiz, welchen die Kanäle von Brügge auf den 
Besucher der Stadt ausüben, wird besonders dadurch erhöht, 
daß dieselben alle Augenblicke umbiegen, eine Ecke machen, 
im Zickzack lausen, jetzt sich dem Blicke entziehen, indem sie 
eine Zeitlang unter den Häusern fortlaufen und dann 
plötzlich wieder auftauchen. Das ganze Netz ihrer kleinen 
Verzweigungen, welche sich durch das Innere der Stadt 
hinziehen, ist fast ebenso engmaschig, wie das Geäder im 
menschlichen Körper. Zuweilen fehlen die Uferstraßen, wie 
bei dem reizenden Rosenkranzkanal (Canal du Rosaire), 
wo die Häuser senkrecht aus dem Wasser aufsteigen; da 
erblickt man kleine Treppen, deren Stufen von schwarzem 
Schlamme bedeckt sind, wurmstichige Galerien hart über 
dem Wasserspiegel, überhängende kleine Logen, schiefe 
Giebel, die sich nur wie durch ein Wunder noch im Gleich 
gewichte erhalten, Terrassen, die von halbzerfallenen und 
mit Ephcu überwachsenen Mauern gestützt werden, ein 
Durcheinander kleiner, schrägstehender, krummer, baufälliger 
Faxaden, welche von oben bis unten von Schimmel und 
Flechten in großen Flecken bedeckt sind. Das Wasser selbst 
giebt hier die Straße ab, auf welcher kleine Nachen und 
Flöße verkehren, die plötzlich unter einer Brücke hervor 
kommen, zwischen den Schlammbänken, die hier und da 
aus dem Wasser auftauchen, hin und her laviren, vor dieser 
und jener Thüre halten, von einem Ufer zum anderen 
ihren Stellwagendienst verrichten und zuletzt unter einer 
Globus XLVII. Nr. 7. 
tiefen Brückenwölbung wieder verschwinden. Stellenweise 
rücken die gegenüberliegenden Häuserreihen so nahe an ein 
ander, daß sie den Wänden einer trichterförmigen Grube 
gleichen. Ueberall aber folgt ein Kanal auf den anderen; 
alle verzweigen sich, vereinigen sich wieder, senden Ausläufer 
in die Häuserquadrate hinein, bilden Inseln und Aestuaricn 
und sind von einer bunten Aufeinanderfolge von Hütten, 
Palästen, Thürmchen, Balkönen und Terrassen eingefaßt. 
Aber der Verkehr, der einst in diese Häuser und Kanäle 
Leben brachte, hat längst andere Bahnen eingeschlagen; der 
Zwischenhandel, welcher das ganze.Land dem allmächtigen 
Brügge tributpflichtig und feine Docks zum alleinigen 
Waarenlager Flanderns machte, ist verschwunden. Kaum 
eine Spur hat sich erhalten von seiner Börse mit ihren 
Maklern, den ersten, welche die Geschichte des Handels 
kennt, und die zuerst die Neuerung des Versicherungs 
geschäftes einführten, geschweige denn von jenen Syndikaten, 
welche die deutschen Städte Venedig, Genua, Mailand, 
Florenz und London dort unterhielten. „Zur Zeit der 
Blüthe von Brügge — schreibt Karl Braun - Wiesbaden 
in einer Studie über die Häuser der Hansa in vlämischen 
Landen („National-Zeitung" vom 10. Januar 1885) — 
schickte hierher Preußen seinen Bernstein; Italien seine 
Seide; Brabant seine Gewebe; Portugal, Spanien, Griechen 
land und Frankreich seine Weine; Deutschland die Erzeug 
nisse, welche sein Gewerbefleiß aus Horn und Elfenbein, 
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