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Amazonas und Cordilleren.
sich befand, der Abfluß eines Sees fei: der sehr schwache
Strom war gleichmäßig, das Barometer unveränderlich,
und diese Vermuthung wurde schon am 12. März bestätigt,
wo man um 5 Uhr Nachmittags im See Wyfc ankani.
Wiener hielt sich für vollkommen berechtigt, seiner Ent
deckung einen Namen beizulegen, da diese Gegend noch nie
durch Europäer oder Indier betreten worden war. Eine
allgemeine Bemerkung der Reisenden über die Namen möge
hier eingefügt sein: der Name, den man erfährt, wird sich
nach der Sprache des Führers richten, der denselben nennt;
jedenfalls aber werden sich dieselben Namen wiederholen,
da sie meistens der Beschaffenheit der Oertlichkeit oder zu
fällig mit derselben verbundenen Ereignissen ihre Entstehung
verdanken. Hat z. B. ein Indianer einen Puma am Flusse
trinken sehen, so heißt die Stelle Puma Playa (Löwenstrand)
oder Puma Pacu (Löwenwasser). Aus dem Vorkommen
Wvse-See am oberen Samiria. (Nach einer Photographie.)
und der Verbreitung derartiger Namen irgend welche Schlüsse
zu ziehen, würde sehr gewagt sein.
"Nirgends Hütten von Eingeborenen, keine abgebrochenen
Zweige, keine Spur eines Jägers war zu sehen; die Thiere
des Waldes fliehen noch nicht vor den Menschen, zahlreiche
Affenfamilien betrachten die Reisenden mit einer Ruhe, als
ob sie von der Verwandtschaft mit ihnen überzeugt wären.
Ja, sagt Wiener, dieses äquatoriale Amerika, welches
schon seit vier Jahrhunderten entdeckt ist, ist ein sonderbares
Land; man findet da noch Wasserläufe von 400 Km Länge,
die selbst den Eingeborenen des unmittelbar daran grenzen
den Landstriches unbekannt sind; übrigens ist der Samiria
nicht der einzige noch unbekannte Fluß.
Am 10. März gegen Mittag hatte das Wasser des
Samiria keine merkbare Bewegung mehr, die Rhizophoren
engten das Fahrwasser immer mehr ein; um 2 Uhr war
man buchstäblich unter den Bäumen gefangen. Da man
drei Tage lang in süd-südöstlicher Richtung gefahren war,