Das Feuerland und seine Bewohner.
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und veranstaltete eine Elefantenjagd. Auf dem Rückwege
nach der Küste war man kaum wieder in das Massailand
eingetreten, als auch die Dysenterie bei ihm zum Ausbruch
kam; ganz erschöpft und beinahe sterbend langte er am
Naiwascha-See an; es war unmöglich, die Reise fortzusetzen;
Ruhe war aber auch das einzige, was er sich auf kurze
Zeit bieten konnte; die Vorräthe mit Ausnahme von Thee
waren ganz erschöpft, selbst Salz war nicht mehr vorhan
den. Auch die Vorräthe der Leute waren aufgezehrt, so
daß die höchste Noth bald zur Fortsetzung der Reise zwang.
Schon in Ngongo-a-Bagas befand sich Thomson besser,
wiewohl er immer noch sich tragen lassen mußte; doch es
hieß vorwärts, vorwärts, denn'das Gespenst der Hungersnoth
begleitete die Karawane noch immer; die Leute waren ganz wie
verwandelt; sie hielten aus und strengten sich aufs Aeußerste
an. Unverdrossen setzten sie den Weg vom Morgen bis
zum Abend fort, häufig mit weniger als der halben Ration.
So überschritt die Expedition die unfruchtbare Ebene von
Kikumbulin und verrichtete Kraftstücke im Marfchiren, wie
solche wohl nie vorher von einer so starken Karawane
geleistet worden sind. Am 26. Mai lagerte man wieder
am Fuße des Ndara und am 2. Juni hatte man die Wild-
niß hinter sich und begrüßte die Freunde in den Missions
niederlassungen zu Rabai.
Dies ist in allgemeinen Zügen die Geschichte der Reise
Thomson's, wie er sie vor Kurzem in einem größeren Werke
erzählt hat; natürlich konnten wir nur auf die Hauptsachen
eingehen, werden jedoch in einem zweiten Artikel einige
Einzelheiten folgen lassen. Eine deutsche Uebersetzung
unter dem Titel: „Durch Massai-Land. Forschungs
reise in Ostafrika zu den Schneebergcn und wilden Stämmen
zwischen dem Kilima-Ndscharo und Viktoria-Njansa in den
Jahren 1883 und 1884. Von Joseph Thomson."
ist soeben bei F. A. Brockhaus in Leipzig erschienen.
Durch zwei Karten und eine Anzahl Illustrationen erläu
tert, liefert dasselbe einen schönen Beitrag zur Litteratur
der Reisen und Entdeckungen. Ueber die Ausstattung ein
Wort beizufügen, scheint mit Rücksicht auf den Namen des
Verlegers überflüssig, jedoch möchten wir besonders darauf
aufmerksam machen, daß die Uebersetzung W. von Freden's
sich leicht und fließend liest.
Das Feuerland un
Ch. N. Die argentinische Regierung hat jetzt auf die
im letzten Congreß erhobenen Reklamationen hin die Ober
hoheit der Republik über das Feuer land durch die Ein
setzung einer Unterpräfektur dokumeutirt. Einem Be
richte des Superintendenten der englischen Missionsstation
Ooshooia, F. Bridge, der dieses Territorium seit 15
Jahren bewohnt, entnehmen wir folgende Daten:
Im Fenerlande herrscht eine große Verschiedenheit be
treffs Klima, Pflanzenwnchses, animalischen Lebens und
der Bevölkerung. Der westliche Theil hat ein bemerkens-
werth mildes, feuchtes und stürmisches Klima. Der Boden
ist felsig und bergig, daher werthlos, und nirgends findet
man einen trockenen Ort. In einigen Strichen regnet es
fortwährend, doch trifft man an geschützten Plätzen dieses
Distriktes sehr üppigen Pflanzenwuchs an. Die Fuchsia
gedeiht prachtvoll, ebenso die herrliche luxifolia. Hier ist
auch der Wald ausschließlich zusammengesetzt aus der
immergrünen Buche, der Wintersrinde, der Feuerland-
cypresse, dem Leñaduragebüsche, Berberitzen, Stechpalmen und
Johannisbeeren. Gras kommt nur sparsam an den Ufern
vor. Die einzigen Landthiere sind Mäuse, eine große Art
Ctenomys und vielleicht Füchse. Schalthiere vom feinsten
Geschmacke kommen im Ueberflusse vor. In diesem Landes
theile ist der Himmel beinahe immer bewölkt, die Sonne
kommt selten zum Vorschein und Frost ist sozusagen un
bekannt. Von der Bevölkerung weiß man sehr wenig.
Es mögen verschiedene Stämme existiren, aber in dem süd
östlichen Theile dieses Distriktes herrscht der Alacnloof-
stamm vor. Wir haben etwa 1000 Wörter von seiner
Sprache aufgezeichnet, die höchst schwierig auszusprechen
.sind. Wie weit dieser Stamm verbreitet ist (Fitzroy nennt
ihn Alakoolip), wissen wir nicht. Unserer Schätzung
nach beläuft sich die Zahl dieser Indianer auf ungefähr
1000 Seelen. Ihre Sprache ist von derjenigen der Wna-
nnd Paghanftämme gänzlich verschieden. Die Alaculoofs
besitzen Kanoes aus Holz, die sie größer und stärker als
andere Indianer machen, um die Jagd auf Seehunde nach
d seine Bewohner.
entfernteren Klippen auszudehnen. Sie sind eine kräftige
und entschlossene Rasse und bedienen sich der Bogen und
Speere.
Der zweite Distrikt ist weder so feucht als die westliche,
noch so trocken als die östliche Küste. Hier besteht die
Krume des platten Landes hauptsächlich ans Lehm oder
Sand und ist gut mit Gras bewachsen. Die Abhänge
der Berge sind dicht bewaldet; der Untergrund ist felsig.
Die Wälder bestehen vorzugsweise aus der blattwechselnden
Buche und das schöne Immergrün, die Wintersrinde und
die Levadura fehlen ganz. Die Philesia und Fuchsia sind
unbekannt, ebenso die Cypressen. Die immergrüne Buche
tritt seltener auf. Man trifft das Guanaco, den Fuchs,
sowie verschiedene Arten von Mäusen an, und die Einge
borenen sind Kanoeindianer, die Uahgans genannt
werden.
Diesen Stamm kennen wir sehr genau, da wir mit
ihm seit 1858 gelebt haben. In jenem Jahre wurden
mehrere Familien zum Unterricht von der Bnttoninsel in
Ccntralfenerland nach der Keppelinsel in der Falklands
gruppe gebracht, wo die südamerikanische Missionsgcscll-
schast ihre erste Station einrichtete. In wenig Jahren
wurde jene schwierige Sprache erlernt, genau geschrieben
und ihre Struktur in einer Grammatik niedergelegt. Diese
Arbeiten existiren einstweilen aber bloß in Mannskriptform.
Neuerdings haben wir drei Bücher des Neuen Testaments
übersetzt, wovon zwei unter der Presse sind. Das Pahgan
besitzt wenigstens 30 000 Wörter und einen sehr regel
mäßigen und interessanten Redebau. Es ist verbindend
und biegsam, reich an einer Anzahl von Tönen und hat
durchaus nichts Hartes. Die meisten Silben bestehen aus
einem Vokal oder einem Konsonanten und einem Vokal.
Die Nahgans sind, ihrem Aussehen und ihrer Lebens
weise nach, den Alaculoofs sehr ähnlich; als Waffen haben
sie Speere, Schleudern und Keulen und ihre Nahrung, wie
die ihrer westlichen Nachbarn, besteht hauptsächlich aus
Schalthieren und Fischen; aber sie wird häufig durch Vögel,
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